Venus und ihr Krieger
werden.
Pila begab sich zu einer der letzten Sitzungen bei dem Bildhauer in Pompeji, dessen Kunstwerk seiner Vollendung entgegenging. Claudius, der beobachtete, dass Pila allein das Anwesen verließ, folgte ihr. Außer Sichtweite möglicher Beobachter gesellte er sich an ihre Seite.
»Ständig scheinst du vor mir zu flüchten«, klagte Claudius, als er sie außer Atem erreichte. »Wohin eilst du?«
Pila lachte und packte übermütig seine Hand.
»Zur Werkstatt des Bildhauers. Valerius hat ein Standbild in Auftrag gegeben. Ich stehe ihm Modell.«
»Du stehst Modell? Da bin ich aber neugierig.«
»Heißt das, du willst mit nach Pompeji kommen?«
»Natürlich. Jeder Augenblick ohne dich ist ein verlorener Augenblick in meinem Leben. Außerdem muss ich einfach in deiner Nähe sein. Du besitzt mein Herz, vergiss das nicht.«
»Wie könnte ich das vergessen.« Sie blieb stehen. »Oh Claudius, ich ahnte ja gar nicht, wie wunderbar es ist, verliebt zu sein. Es ist, als würde der Himmel auf die Erde fallen, als würden göttliche Wesen über mir schweben und mich führen.«
Er zog sie an sich. »Da sind plötzlich unsichtbare Bande zwischen uns und sie sind fest, stärker als jede Kette, deren Glieder brechen können, stärker als jedes Seil, dessen Fasern reißen können.« Er küsste sie überschwänglich.
»Wenn uns jemand sieht«, gab Pila zu bedenken.
Claudius seufzte. »Ich möchte es in alle Welt hinausschreien, dass ich verliebt bin.«
»Trotzdem muss es unser Geheimnis bleiben. Es wäre das Ende unserer Liebe, wenn jemand sie entdeckte.«
Unterdessen gelangten sie zum Atelier des Bildhauers. Züchtig hielt Pila plötzlich Abstand zu Claudius und trottete wie seine Sklavin hinter ihm her. Claudius trat in die Werkstatt und begrüßte den Meister.
»Valerius ist leider abwesend, so soll ich das Kunstwerk begutachten und ihm Bericht erstatten«, sagte Claudius und stolzierte wie ein Patrizier herum. Pila biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut herauszulachen. Der Künstler verbeugte sich vor Claudius und bat ihn, die Statue zu betrachten.
Claudius unterdrückte einen Ausruf des Erstaunens, als er das fast fertige Standbild erblickte. Eine hoch gewachsene schlanke weibliche Gestalt lehnte sich an einen stilisierten Baumstamm, der von Efeulaub umrankt wurde. Der Körper der Figur strahlte eine sinnliche Erotik aus, die ihresgleichen suchte. Ihr dünnes, faltenreiches Gewand war über die linke Schulter gerutscht und entblößte eine der wohl geformten Brüste. Unter dem Gewand zeichneten sich die sanft geschwungenen Linien der Hüften und der Oberschenkel ab. Mit der anderen Hand raffte die Gestalt das Gewand unterhalb des Bauches und lenkte den Blick des Betrachters auf das Dreieck ihres Schoßes. Das Gewand gab ein schlankes Bein frei, der Fuß wurde von schäumenden Wellen umspült. Das Gesicht der Statue zeigte zweifelsfrei Pilas Züge, ihre wachen Augen, den Mund mit den geschwungenen Lippen, den sie leicht öffnete wie vor einem Kuss, ihre ebenmäßigen Wangen und die zierliche Nase. Das Haar wurde von einem schmalen Diadem gehalten, in langen Wellen fiel es über den Rücken, als sei Venus eben dem Meer entstiegen. Man glaubte, die Tropfen auf den Haarsträhnen abperlen zu sehen.
Claudius umrundete die Figur. Von hinten betrachtet bot sie einen ebenso faszinierenden Anblick. Das rutschende Gewand gab den schönen Rücken in einer leichten Drehung frei, unter den Falten des Stoffes, der nass am Körper anzuliegen schien, formte sich die ebenmäßige Linie des Gesäßes.
Claudius blickte den Bildhauer bewundernd an. »Das ist wirklich überwältigend«, bekannte er.
Der Künstler lächelte geschmeichelt. »Ich freue mich, dass es dir gefällt, edler Herr. Aber ich hatte dazu auch ein ebenbürtiges Modell. Es ist diese Sklavin. Ihre Schönheit ist wirklich außerordentlich. Ich kann verstehen, dass der Senator sie verewigen lassen will.« Dann ergriff er Hammer und Meißel. Pila hatte sich entkleidet und ein langes Tuch um ihren Körper drapiert, wie es die Statue trug. Sie stieg auf ein kleines Holzpodest und lehnte sich gegen einen Pfosten.
Als Claudius diese göttliche Gestalt in Fleisch und Blut stehen sah, schwanden ihm fast die Sinne. Das konnte keine Sklavin sein, sie war Venus persönlich, mit einer atemberaubenden Sinnlichkeit, göttlich erhaben einerseits, lebensnah und anziehend andererseits. Pila wandte leicht den Kopf. Ihre blauen Augen blickten ihn an, während ihre Lippen sich
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