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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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vertrauensselig gegolten haben?«
    »Pit glaubt das aus den Biographien der identifizierten Frauen herausgelesen zu haben«, sagte Nick.
    »Du bist eine junge Frau und hast den letzten Bus verpasst und, zu Fuß auf dem Weg nach Hause, steigst du in den Wagen, der neben dir hält, weil eine Frau am Steuer sitzt?«
    »Tätest du das?«
    »Vermutlich eher, als in das Auto eines Mannes steigen.«
    »Siehst du«, sagte Nick.
    »Die Frau könnte ein Lockvogel für einen Kerl sein«, sagte Vera. Sie nahm schon Annis Ausdrucksweise an.
    »Ja«, sagte Nick, »das ist ein interessanter Gedanke.«
    Er hatte auf einmal einen trockenen Mund, und es fiel ihm auf, dass sie gar nichts tranken. Ein seltener Zustand. Auf seinem Küchenschrank stand noch eine halb volle Flasche Salice. Er nahm die Flasche und hielt sie Vera hin.
    Sie nickte. Jef fiel ihr ein und die Hühnersuppe, die Anni für ihn gekocht hatte. Seitdem hatte sie keinen Salice mehr getrunken.
    »Ich mag deinen Jef sehr gern«, sagte Nick. .
    Vera sah ihn überrascht an. Konnte er Gedanken lesen?
    »Wie kommt du jetzt auf Jef?«, fragte sie.
    Nick hob die Schultern. Er füllte die Gläser und gab eines Vera. »Darf ich dein Trauzeuge sein?«, fragte er. Die reinste Selbstverleugnung. Er hob sein Glas.
    Vera lächelte und hob das ihre. »Die drei Männer in meinem Leben«, sagte sie, »du und Gustav und Jef.«
    »Sicher nicht in dieser Reihenfolge.«
    Sie waren beide erleichtert, ein neues Thema gefunden zu haben. Selbst so ein diffiziles wie dieses.
    Nick sammelte die Fotos ein, die noch auf dem Tisch lagen. Die toten Frauen kamen längst in seinen Träumen vor.
    »Wir werden es nicht lösen«, sagte Vera und warf einen letzten Blick auf die siebte Tote.
    Jef Diem träumte von ertrunkenen Frauen. Ihre Körper lagen auf dem Wasser, als könnten sie nicht untergehen. Doch sie waren schon längst tot. Ihre grünen Haare umschlangen die Gewänder, die sie trugen. Ihre Augen standen weit offen.
    Ihre Gesichter waren weiß. In den Händen hielten sie Zweige, als hätten sie versucht, sich am Ufer festzuhalten.
    Noch im Schlaf tastete er nach Vera, doch als er anfing, wach zu werden, fiel ihm ein, dass sie heute nicht neben ihm lag.
    Er stand auf, um nicht wieder einzuschlafen und diesen schrecklichen Traum fortzusetzen, und ging zum Klavier.
    Es hatte ihn immer erleichtert, Klavier zu spielen, wenn der Druck der Gefühle zu groß geworden war.
    Doch um sechs Uhr morgens zwischen dünnen Wänden konnte er nur einen Whisky trinken.
    Er dachte an Marie Diem und an Margos kleine Tochter.
    Jef ging zum Fenster und sah in den dunklen Morgen.
    Gegenüber wurden Fenster hell, und eines beleuchtete die Geranien auf einem Balkon. Sie standen noch in voller Blüte.
    Ein Bild erschien vor seinen Augen. Ophelia. Das Bild eines präraffaelitischen Malers. Er hatte es in London gesehen, damals, als er der zweite Pianist in einem Club in Soho gewesen war. Wie oft war er in die Tate Galerie gegangen und hatte sich nicht lösen können von Ophelia.
    John Everett Millais. Er erinnerte sich wieder.
    So sahen sie aus, die Frauen, von denen er eben geträumt hatte. Nur eine war ganz klein gewesen.
    Eine unsägliche Anstrengung, die er da auf sich nahm.
    War es nicht doch ein Beispiel seiner Willenskraft, einfach nur vorüberzugehen und nicht am abgestellten Fahrrad des Briefträgers stehen zu bleiben und in den Ledertaschen zu wühlen, während im Haus nebenan die Post verteilt wurde?
    Philip Perak hielt seine Daumen fest zwischen den Fäusten.
    Die Knöchel waren weiß und sahen aus wie Hühnerknochen. Er hatte aufgehört, die Tage zu zählen, seit denen Gloria schon schwieg, doch länger ertrug er es kaum.
    Er blieb stehen und drehte sich nach dem Fahrrad um. Wie lange brauchte ein Briefträger in einem einzelnen Haus?
    Die alte Hexe kam vorbei und blickte ihn an, als sei er der Leibhaftige. Es musste zehn Uhr sein. Perak sah auf sein nacktes Handgelenk. Die Patek Philippe lag noch oben auf seinem Nachttisch. Er hatte es eilig gehabt, aus dem Haus zu kommen und der Post entgegenzugehen.
    Endlich kam der Briefträger aus der Tür und nickte ihm zu. Würde er nicken, wenn er nichts für ihn hätte?
    Natürlich. Er hatte immer was. Briefe von den Banken, von der Steuerkanzlei, dem Finanzamt. Spröde Mitteilungen.
    Er lief dem Fahrrad hinterher wie ein Hündchen.
    Wie würdelos der Mensch wurde, wenn er liebte.
    Wenn er besessen war, dachte Perak. Er besaß durchaus Intelligenz und

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