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Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers

Titel: Vera Lichte 01 - Tod eines Klavierspielers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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war. Das Holz des Splitters war älter als hundert Jahre.
    Dem Schmelzabschliff ihrer Zähne zufolge war die Frau zwischen fünfundzwanzig und dreißig Jahre alt gewesen.
    Pit und Nick hatten sie für jünger gehalten.
    Noch immer vermisste sie keiner.
    Es wurde darüber nachgedacht, an die Öffentlichkeit zu gehen. Ein Foto vom Gesicht zu zeigen. Die wenigen Kleidungsstücke, die ihr gelassen worden waren.
    Die Tätowierungen sollten noch geheim bleiben. Aus Sorge, dass Scharen von Nachahmern ihre Anliegen in tote Körper zu schnitzen gedachten.
    Der individuelle Wahnsinn schien den Menschen näher zu sein als je zuvor. Vielleicht war in anderen Zeiten eher der kollektive gepflegt worden. Psychopathen hatten im Dienst des Staates zu Mördern werden dürfen.
    Heute war jeder Irre auf sich allein gestellt.
    Pit wirkte resignierter denn je. An den selten gewordenen Abenden, an denen er sich an Nicks Küchentisch setzte, sprach er kaum ein Wort. Weniger, weil sein Wissen der Geheimhaltung unterlag. Es gab nichts zu sagen.
    Er fand weder den Mörder der toten Frauen noch den des Holländer Michel. Pit dachte darüber nach, Privatdetektiv zu werden, um endlich Menschen in flagranti zu erwischen.
    Er wollte nicht länger zu Leichen geführt werden.
    Der Oktober kam und war gar nicht golden.
    Auch Nick blies Trübsal.
    Er hatte es aufgegeben, vor Leos Haus zu stehen, nachdem sie mit einem kleinen Koffer aus der Tür getreten war und ihn nur kühl begrüßte. Ablehnend eigentlich schon.
    Vielleicht hätte er sie in seinen alten Golf gezerrt und Leo nach Hause gefahren, sie in die Küche gesperrt und ihr Kakao gekocht, hätte er gewusst, was ihr geschah.
    So blieb er derjenige der beiden Liebhaber, der das Spiel verloren hatte. Er tat sich Leid.
    Er wäre völlig verzweifelt gewesen, hätte es Vera nicht gegeben. Vera, die vieler Leute Halt war.
    Vielleicht wusste sie, Jefs Halt zu sein. Ahnte, dass sie es bei Nick war. Doch nicht im Traum wäre sie darauf gekommen, dass Perak sich in einsamen Nächten an ihr festhielt.
    Doch auch Vera schlief schlecht in diesen ersten Tagen des Oktobers. Sorgte sich um Leo, die einsilbig gewesen war, als Vera sie endlich in der Redaktion erreichte.
    Kriegte ihren Nachbarn nicht aus dem Kopf, der ihr im Treppenhaus begegnet war und sie angesehen hatte, als wolle er ihr die Kleider vom Leibe reißen.
    Wünschte, dass Jef seinen neuen Weg ebnete. Wünschte es wieder nicht. Sie stand gern neben dem Steinway, blinzelte Jef zu und sang. Solange der Chef in seinem Büro hinter der Bar blieb. Das tat er in letzter Zeit beinah täglich.
    Jorge war wie vom Erdboden verschluckt.
    Nicht, dass sie ihn vermisst hätte.
    Doch es lag was in der Luft. Nichts Gutes.
    Undine lag in ihrer Kühlschublade.
    »Und seit Jahrhunderten bin ich geboren.
    Und sterben werd ich nie.«
    Keiner, der wusste, wer sie war.
    Eine der schlaflosen Nächte, an denen Vera zu dem Stapel Bücher auf ihrem Nachttisch schaute und das oberste nahm.
    Der kleine Gedichtband mit Gustavs Exlibris.
    Else Lasker-Schüler.
    Las Die Kuppel. Den Siebenten Tag. Theben. Las den alten Tibetteppich noch einmal.
    Dann endlich kam die Müdigkeit. Die Augen fielen ihr schon zu, als sie anfing, Mein blaues Klavier zu lesen.
    Um drei Uhr morgens las sie die ersten vier Zeilen des Gedichtes und schlief dann ein.
    Als hätte etwas sie schützen wollen vor der nächsten Strophe. Oder einfach den Lauf aufhalten.
    Das Buch blieb aufgeschlagen auf ihrem Bett liegen.
    Später würde es herunterfallen und sich dabei schließen.
    Jorges Leiche hatte den gleichen Schnitt in der Kehle, wie er am. Hals des Holländer Michel gefunden worden war.
    Doch anders als der lag Jorge nicht prominent und leicht zu finden vor dem Kaispeicher herum.
    Er war auch längst nicht mehr so frisch, wie es der Holländer Michel gewesen war, als Pit sich damals zum ersten Mal über ihn gebeugt hatte. Jorge lag schon zwei Wochen.
    Er lag irgendwo in der weiten Pampa des Freihafens, dort, wo das Gras schnell wuchs und sich keiner kümmerte.
    Vielleicht wäre er noch lange nicht gefunden worden, hätten die beiden Polizisten, die im Streifenwagen durchs Gelände fuhren, nicht den Schwarm Möwen bemerkt.
    Pit hatte es satt. So endlos satt. Er wandte sich ab und ging in die Pampa hinein und ließ sein Frühstück in ihr.
    Keine Fotos von diesem jungen Mann, die zu veröffentlichen gewesen wären. Doch sie fanden auch so heraus, wer er war. Brauchten ihm nur in die Tasche zu greifen.
    Man

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