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Verbannt

Verbannt

Titel: Verbannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Cast
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mehr in Oklahoma befanden. Nach allem, was ich in den letzten sechs Monaten erlebt hatte, kam mir dieser Gedanke auch überhaupt nicht abwegig vor. Gerade als ich anfing, mich in diese Vorstellung hineinzusteigern, erreichten wir die Ausläufer einer kleinen Stadt, deren Ortsschild zu sehr von Schnee bedeckt war, als dass ich es hätte lesen können. Auf der rechten Straßenseite verkündete ein großes Neonschild in grellen, blinkenden Buchstaben, dass wir gerade am „Concrete World Factory Outlet“ vorbeifuhren. Ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als mein Blick auf schneebedeckte Betongänse fiel. Vermutlich gab es hier auch für jede Saison die passenden Kostüme für diese Gartenfiguren zu kaufen. Ja, wir waren ganz sicher in Oklahoma.
    Auf der linken Seite des zweispurigen „Highways“ war Billy Bob’s B-B-Q (wirklich, ich denke mir das nicht aus). Direkt daneben befand sich das örtliche Bestattungsinstitut, wobei das B-B-Q in besserer Verfassung zu sein schien. Ich atmete erneut erleichtert aus. So etwas konnte es nirgendwo anders als in Oklahoma geben.
    Wir brauchten nicht lange, um das kleine Städtchen zu durchfahren (das von einem entzückenden Trailerpark begrenzt wurde, dessen abblätterndes Schild verkündete: Camelot Villa – Plätze frei). Ich wollte gerade einen Witz darüber machen, als ich mich daran erinnerte, dass ich eine arbeitslose Englischlehrerin ohne einen Penny war. Also sollte ich vielleicht lieber anfangen, mir die Adressen der Trailerparks zu notieren. Dieser Gedanke deprimierte mich so, dass ich den Mund hielt.
    Wir schwiegen, während wir unaufhörlich Richtung Norden fuhren. Clint war vollkommen auf die Straße konzentriert, und meine Aufmerksamkeit wurde von der wechselnden Landschaft draußen gefesselt. Weiß bedecktes Land zog vorbei, dichte Wälder wurden von sanften Weidelandhügeln abgelöst. Diesen Teil von Oklahoma kannte ich besser, weil es hier viele Quarter-Horse-Ranches gab, auf die ich meinen Vater begleitet habe, wenn er Stuten zum Decken abgeliefert hat.
    Auf der Straße herrschte kaum Verkehr. Die Einwohner von Oklahoma neigen dazu, bei Schnee panisch zu werden. Kein Wunder, dass sie sich versteckt hielten. Dieser Schneesturm war ganz sicher ungewöhnlich für den Landstrich. Je mehr ich darüber nachdachte, desto weniger konnte ich mich daran erinnern, jemals so viel Schnee gesehen zu haben.
    „Wie lange lebst du schon in Oklahoma?“, fragte ich Clint.
    Er teilte seine Aufmerksamkeit gleichmäßig zwischen der Straße und mir auf. „Durch meine Arbeit war ich oft unterwegs für Schulungen und so, aber ansonsten mein ganzes Leben lang.“
    „Und das wäre genau wie lange?“
    „Fünfundvierzig Jahre.“
    Hm – zehn Jahre älter als ich. Ich lächelte süffisant. Nachdem man die dreißig überschritten hatte, war es immer nett, mal die Jüngere zu sein.
    „Und wie lange hast du hier gelebt?“, wollte er nun wissen.
    „Außer meinem Studium am College in Illinois und meinem sechsmonatigen Ausflug in eine andere Welt ...“, ich grinste ihn an, „... mein ganzes Leben lang.“
    Er schaute mich unter fragend hochgezogenen Augenbrauen an.
    „Das sind fünfundzwanzig Jahre“, sagte ich verschmitzt.
    Er runzelte die Stirn, war aber offensichtlich zu sehr Gentleman, um mich auf die mangelnde Stimmigkeit meiner Rechnung aufmerksam zu machen. Ich lächelte und korrigierte mich. „Hab ich fünfundzwanzig gesagt? Ich meinte natürlich fünfunddreißig.“ Er erwiderte mein Lächeln. „Ich habe nicht gefragt, um dein Alter zu erfahren“, fuhr ich fort. „Mich hat nur interessiert, ob du dich daran erinnern kannst, dass es hier jemals so einen Schneesturm gegeben hat.“ Ich deutete auf die dicken Flocken, die immer noch stetig vom Himmel fielen.
    „Nein. Nie.“
    „Ich auch nicht.“ Ich betrachtete die vorbeiziehende Landschaft. „Das ist nicht normal, Clint.“
    „Nein, das ist es nicht, aber das Land wusste, was kommt.“
    „Das hast du schon einmal gesagt. Was genau meinst du damit?“
    „Ich habe es in den Bäumen gespürt. Anfangs war es wie jedes Jahr. Sie sammeln ihre Energie und speichern sie für den Herbst und Winter. Es hat nicht lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass es dieses Mal einen entscheidenden Unterschied gab.“ Er kämpfte darum, die richtigen Worte zu finden. „Es war, als hätte der Wald sich in sich selbst zurückgezogen und die Energie geschluckt und gehortet. Die Tiere zogen weg. Sogar

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