Verbannt
Die Szenerie wirkte ruhig und harmlos.
Ich schreckte überrascht auf, als ein Ast von einem Baum zu meiner Rechten plötzlich unter dem Gewicht des dichten Schnees nachgab und zu Boden sauste, womit er meine Vorstellung einer friedlichen Winterwelt nachhaltig zerstörte.
„Wir müssen los.“ Clint klang entschlossen. „Komm, der Hummer steht im Carport auf der anderen Seite der Hütte.“
Ein Hummer? Guter Gott. Seine körperliche Beeinträchtigung bekam ihm in finanzieller Hinsicht wirklich gut; diese panzerähnlichen Monster kosteten ein Vermögen. Ich hatte jedoch keine Zeit, das zu kommentieren, weil ich genug damit zu tun hatte, mich durch den beinahe bis zu meinen Knien reichenden Schnee zu kämpfen und dabei nicht den Anschluss an Clint zu verlieren, der mit seinen viel größeren Schritten entschlossen um die Hütte herummarschierte.
Das schwindende Mondlicht wurde von einer dichten Wolken-Schicht gedämpft, sodass ich Schwierigkeiten hatte, das im schneebedeckten Carport stehende Auto zu sehen. Erst als wir direkt davor standen, erkannte ich es und war erstaunt. Es handelte sich nicht um einen dieser neuen pseudomilitärischen Geländewagen, auf die die obere Mittelklasse so stand. Dieses Ding hier war in einem matten Grüngrau lackiert und sah aus wie eine Mischung aus Jeep, Truck und Panzer. Clint öffnete eine der hinteren Türen und stellte die Tüte mit unserem Proviant hinein. Dann ging er auf die Beifahrerseite und öffnete mir die Tür. Ich glitt auf den kalten Sitz und starrte durch die Dunkelheit auf das seltsame Fahrzeug. Clint setzte sich auf den Fahrersitz, drehte den Schlüssel in der Zündung, und sofort sprang der Motor an.
„Wie hast du den Wagen noch genannt?“, fragte ich, als er den Rückwärtsgang einlegte und wir problemlos durch den frischen Schnee glitten.
„Das ist ein Hummer“, sagte er. Er wechselte in den ersten Gang und lenkte nach links zu einem kleinen Durchlass zwischen den Bäumen. „Genauer gesagt, ein Hum-V. Und nein, es ist nicht eine dieser Weichei-Kopien, die die Händler Leuten mit zu viel Geld andrehen. Das hier ist ein authentisches Militärfahrzeug.“
Wir fuhren in den Wald, und er schaltete in den zweiten Gang.
„Es ist auf jeden Fall, äh, anders“, sagte ich und schnallte mich an.
Er lachte. „Es ist nicht hübsch, aber ich komme beinahe überall hin, wo auch ein Panzer hinkommen würde. Und es bringt uns durch diesen Schneesturm.“
Clint fuhr weiter, und ich schwieg, ließ ihn sich ganz darauf konzentrieren, uns in der Mitte des schneebedeckten Weges zu halten.
Nachdem wir beinahe eine halbe Stunde gefahren waren, schien der Schnee ein wenig nachzulassen. Durch die Baumwipfel erhaschte ich einen Blick auf den Himmel. Die Morgendämmerung setzte langsam ein, die scheinbar endlose graue Wolkendecke hellte etwas auf.
„Gibt es hier draußen wirklich eine Straße?“ Die letzten paar Meilen über hatten die Bäume so eng gestanden, dass ihre Äste den Wagen streiften. Clint hatte das Tempo merklich verringern müssen, um nicht vom Weg abzukommen.
„Es gibt etwas, das du eine richtige Straße nennen würdest, aber sie ist ungefähr dreißig Meilen von der Hütte entfernt. Wir werden noch bald genug auf sie stoßen.“ Beim Anblick meines geschockten Gesichtsausdrucks lächelte er. „Das hier ist ein Weg, den ich in den letzten fünf Jahren durch den Wald geschlagen habe.“
„Du lebst dreißig Meilen von einer echten Straße entfernt?“ Und ich hatte gedacht, Partholon sei ländlich. Verglichen mit dieser Wildnis war Eponas Tempel eine brodelnde Metropole.
„Ich mag es, nahe dem Herzen des Waldes zu wohnen“, sagte er kryptisch.
Sein Ton implizierte, dass er nicht über das Warum sprechen wollte. Wie um das zu beweisen, wechselte er auch schon das Thema.
„Der Zentaur, der auf die Lichtung kam, ist dein Ehemann?“ Seine Worte klangen abgehackt.
„Ja. Er heißt ClanFintan.“
„Er und ich sind ...“ Seine Stimme erstarb.
„Spiegelbilder“, ergänzte ich den Satz.
Er gab einen Laut von sich, der missgünstige Anerkennung ausdrückte. Dann war er still. Ich entschied, ihn über die tausend Fragen nachdenken zu lassen, die jetzt sicher durch sein nur allzu menschliches Gehirn schössen.
„Er ist ein halbes Pferd“, merkte er schließlich an.
„Ja“.
„Wie, zum Teufel, kannst du dann mit ihm verheiratet sein?“
„Ganz einfach – es gab eine entsprechende Zeremonie, in der wir unsere Eheversprechen ausgetauscht
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