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Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition)

Titel: Verbannt zwischen Schatten und Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Gembri
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Jetzt hatte er die SMS gelesen,
jetzt den Aussichtsturm verlassen, und nun war er bestimmt schon in seinem Auto
und auf dem Weg hierher. Wie viele Minuten also noch, fünf? Mehr? „Ich wohne
am Stadtrand“, hatte er damals im Kino zu mir gesagt. „Dort in der Nähe
gibt es einen Ort, an dem man tatsächlich die Sterne sehen kann.“ In der
Nähe. Wie nahe war das genau? – Und was, wenn Rasmus gerade irgendwo unterwegs
war? Oder wenn sein Wagen gar nicht ansprang? Zuzutrauen wäre es dieser
Schrottkarre ja!
    Meine
Atmung beschleunigte sich, und ich merkte, dass das Schwindelgefühl zunahm. Als
mich die Benommenheit von vorhin wieder zu überwältigen drohte, lehnte ich die
Stirn gegen meine Knie und zwang mich, tief und regelmäßig Luft zu holen. Die
Kälte verstärkte zwar meine Halsschmerzen, aber zugleich sorgte sie dafür, dass
sich die Nebel in meinem Kopf allmählich lichteten. Rasmus war schnell und
stark und praktischerweise auch noch unsterblich – es würde eine Kleinigkeit
für ihn sein, mich heil hier rauszubringen. An diesem Gedanken hielt ich mich
fest, wiederholte ihn immer wieder und versuchte damit die Frage zu verdrängen,
wer wohl zuerst bei mir sein würde: Rasmus oder die Entführer …
    Das
Schaben am Höhleneingang war kaum lauter als meine Atemzüge, doch ich riss
sofort den Kopf hoch und starrte der Gestalt entgegen, die fast die ganze
Öffnung ausfüllte. Sie sah aus, als wäre sie mitten in einer schnellen Bewegung
eingefroren, und auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, der ziemlich deutlich
besagte: Was zum Teufel …?
    „Rasmus“,
keuchte ich und brach dadurch den Bann. Mit zwei langen Schritten hatte er mich
erreicht, dann ging er vor mir in die Hocke.
    „Bist
du okay?“, fragte er leise, und ich schaffte nicht mehr, als wortlos zu nicken.
Rasmus half mir auf die Füße; dabei warf er einen schnellen Blick zurück zum
Höhleneingang. „Schön, du hast gewonnen“, bemerkte er, und es hörte sich
beinahe entschuldigend an. „Ich sehe es ein: Das hier ist tatsächlich ein ungeeigneter Ort für ein Date.“
    Mir
entwischte ein hysterisches kleines Kichern, und damit schien sich die Angst,
die mir zuvor die Kehle zugeschnürt hatte, ein wenig zu lösen. „Ich verstehe
das nicht“, stammelte ich vor mich hin, während Rasmus sanft hinter mich griff
und nach meinen Handgelenken tastete. „Ich meine, klar, meine Eltern haben ein
paar wertvolle Antiquitäten, aber die hätten die Typen doch einfach nehmen
können. Unser Haus sieht doch nicht so aus, als würden sich Kidnapping und
Erpressung lohnen, oder? Warum sollte jemand so etwas tun?“
    „Ich
weiß es nicht“, antwortete Rasmus ruhig, „aber ich krieg es raus. Und
zuallererst mach ich dich von diesen Dingern los.“
    „Du
hast keinen Schlüssel.“
    „Das
ist wahr.“ Er öffnete meine Tasche und zog einen Packen Zettel hervor.
    „M…
meine Notizen“, stotterte ich, „was machst du da?“
    „Du
bist so ein Mädchen, das eher eine Büroklammer bei sich hat als eine
Haarklammer“, meinte Rasmus, nachdem er sich aufgerichtet hatte, und er
lächelte fast. „Okay, jetzt bitte stillhalten.“
    Er
kam ganz dicht heran und legte wieder die Arme um mich, sodass ich seine
Körperwärme auf meiner eisigen Haut spüren konnte. Ich senkte den Kopf und sah,
wie sich seine Brust hob und senkte, während er konzentriert an den
Handschellen herumwerkte. Dann spannten sich seine Muskeln kurz an, und gleich
darauf verschwand der Druck um meine Gelenke. Aufatmend rieb ich über meine
geschundene Haut und bewegte probeweise die Hände hin und her.
    Rasmus
ließ zufrieden die aufgebogene Büroklammer fallen.
    Stirnrunzelnd
sah ich ihn an. „Das hast du nicht zum ersten Mal gemacht.“
    „Ich
hätte sie wahrscheinlich auch aufbrechen können, aber ich wollte dir nicht
wehtun“, sagte Rasmus anstelle einer Antwort bescheiden. Ich beschloss, dieses
Thema für den Augenblick nicht zu vertiefen; stattdessen hob ich mein Handy vom
Boden auf, verstaute es wieder in meiner Umhängetasche und trat hinaus auf die
Felsplattform. Nachdem ich eine gefühlte Ewigkeit in dieser dunklen Höhle
festgesessen hatte, war es wunderbar, endlich wieder unter freiem Himmel zu
stehen – auch wenn dieser Himmel nur unwesentlich weniger dunkel war und sich
überdies nur einen halben Meter von mir entfernt ein sehr, sehr dunkler
Abgrund auftat.
    Rasmus
kam mir nach und hielt mich am Arm fest. „Warte, lass mich vorgehen und dir
einen sicheren Weg suchen. Das

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