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Verbannt

Verbannt

Titel: Verbannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Hunter
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er seiner Heimat den Rücken zukehrte und zum ersten Mal den breiten Streifen unbekannten Landes vor sich sah.
    »Worauf warten wir noch?«, beschwerte er sich bei Distelpfote. »Warum gehen wir nicht weiter?«
    »Hast du Brombeerkralle nicht zugehört?«, miaute seine Schwester. »Er hat gesagt, wir sollen uns ausruhen. Er sagte, wir könnten jagen, falls wir fressen wollen.«
    Löwenpfote war so auf die Reise konzentriert gewesen, dass er die Anweisung seines Vaters tatsächlich nicht gehört hatte. Seine Vorderpfoten rupften das kurze Gras auf dem Grat aus. »Ich will hier nicht herumsitzen. Wir sind doch gerade erst losgelaufen.«
    »Es sind die Reisekräuter, die dir diese Energie geben«, miaute Distelpfote nüchtern. »Die Berge laufen dir schon nicht davon.« Sie wandte sich mit einem Schwanzschnippen ab, pirschte sich an einen Ginsterbusch heran und lauerte mit gespitzten Ohren auf Beute.
    Löwenpfotes Pfoten waren wund von dem steilen Aufstieg auf die Anhöhe, aber er hatte sich noch nie so lebendig gefühlt, so begierig darauf, weiterzureisen. Vor ihm bedeckte dunkler Wald den Hang hinunter zur Ebene, und dahinter erkannte er flache grüne Abschnitte, wie das Gras beim Pferdeort. Es war von Donnerwegen zerschnitten und mit Zweibeinernestern gesprenkelt, einige von ihnen standen eng beisammen, ganze Gruppen roter Steinbaue.
    Löwenpfote sprang über das kurze, federnde Gras zu einem Felsvorsprung, dem höchsten Punkt des Grats. Oben auf den Steinen presste ihm der Wind das Fell an den Körper. Er fühlte sich stark wie ein LöwenClan-Krieger! Wenn er eine Pfote ausstreckte, könnte er zwei ganze Zweibeinernester damit auslöschen. Und selbst der größte Donnerweg sah so dünn aus wie ein Brombeerzweig oder ein Ast, den er mit den Zähnen zerbeißen könnte.
    Ich kann weiter rennen als ein Hase! Ich kann den wildesten Fuchs besiegen, der je gelebt hat. Beim Anblick des dunkelgrauen Flecks, der am Horizont schwebte, fügte er hinzu: Ich kann schneller auf die höchsten Berge klettern, als ein Adler fliegen kann.
    Er fragte sich, ob die anderen Katzen ebenso empfanden. Als er hinab zu seinen Reisegefährten sah, die friedlich unter ihm dösten, hatte er den Verdacht, dass dem nicht so war.
    Löwenpfote spitzte die Ohren, um Tigersterns Stimme im Seufzen des Windes zu erkennen, und sah sich in den Schatten der Felsen und Büsche nach dem Umriss der dunklen Tigerkatze um. Er fühlte sich so, als wären seine Feinde klein wie Käfer, und genau das hatte Tigerstern ihm immer gepredigt. Aber von dem ehemaligen Krieger war nichts zu sehen. Die turbulenten Gefühle schienen aus Löwenpfotes eigenem Inneren zu kommen.
    »Löwenpfote! Wir warten auf dich.«
    Die Stimme seines Vaters ließ ihn zusammenschrecken. Die anderen Katzen hatten sich ausgeruht und kamen nun wieder auf die Pfoten.
    »Ich komme!«, rief er.
    Er sprang von dem Vorsprung und gesellte sich zu seinen Wurfgefährten, als die Katzen schon in den Wald trabten. Sein Vater und seine Mutter führten, zusammen mit Bernsteinpelz und Krähenfeder, die Gruppe an.
    »Wisst ihr noch, wie wir uns gefühlt haben, als wir das erste Mal hier hochgeklettert sind?«, fragte Bernsteinpelz.
    »Ich erinnere mich noch daran, wie wund meine Pfoten waren«, erwiderte Eichhornschweif mit einem Schwanzzucken.
    Brombeerkralle wich einem großen Farnbusch aus. »Mohnblütes Junges sind damals dort drüben gestürzt. Wolkenschweif und Lichtherz haben sie dann getragen. Damals haben wir uns alle gegenseitig geholfen.«
    »Aber so wird es nie mehr sein.« Krähenfeder klang wehmütig, die übliche Schärfe in seiner Stimme fehlte. »Clans sind eben Rivalen, das ist nun mal so.«
    Löwenpfote dachte traurig an Heidepfote. Bestimmt vermissten auch die vier älteren Krieger die Freundschaften, die sie auf ihren Reisen geschlossen hatten.
    Erleichtert stellte er fest, dass sie den Weg offenbar noch kannten. Nun, da er seine Heimat nicht mehr sehen konnte, schreckte ihn das riesige unbekannte Gebiet. Sein Pelz wurde heiß, als er an seine Fantasien auf dem Felsgrat dachte, und er war sehr dankbar, dass keine der anderen Katzen diese Hirngespinste mitbekommen hatte.
    Außer Häherpfote vielleicht. Löwenpfote wurde noch heißer bei dem Gedanken, sein Bruder könnte diesen Träumereien heimlich gelauscht haben.
    »Komm schon, hebt die Pfoten ein bisschen schneller!«, rief Brombeerkralle über die Schulter. »Bis zum Anbruch der Dunkelheit möchte ich den Wald durchquert

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