Verbannt
Hauskätzchen hält uns nur auf.«
»Er ist eben ein alter Freund«, miaute Distelpfote, obwohl sie Löwenpfote insgeheim recht gab. In den Bergen starben vielleicht Katzen, während ihre Retter hier herumstanden und über alte Zeiten plauderten.
Zu ihrer Erleichterung neigte Brombeerkralle schließlich den Kopf vor dem alten Kater. »Wir müssen los. Es war schön, dich wiederzusehen, Charly.«
»Nicht nötig, sich jetzt schon zu verabschieden«, miaute Charly. »Ich hab mir gedacht, ich begleite euch.«
Distelpfote sah ihre eigene Bestürzung in den Gesichtern der Stammeskatzen widergespiegelt.
»Brombeerkralle …«, fing Fang an.
»Ich glaube, das ist keine so gute Idee«, sagte Brombeerkralle zu Charly. Distelpfote begriff nicht, warum ihr Vater dabei so bedauernd schaute. »Es ist eine anstrengende Reise und am Ende wird es einen Kampf geben.«
Charly stellte sein Fell auf. »Du meinst damit, ich kann nicht kämpfen? Zu alt und dick, was?« Ehe eine der anderen Katzen darauf etwas erwidern konnte, miaute er belustigt: »Da hast du vielleicht sogar recht, aber ich kann euch bis zum Wald begleiten.« Er deutete mit dem Schwanz auf die Bäume auf der anderen Seite des Tals. »Ich weiß so ’n paar Sachen über die Gegend hier, die euch weiterhelfen, wer weiß.«
»Mäusedung!«, murmelte Windpfote, laut genug, dass Charly ihn hörte. »Jetzt haben wir diesen blöden Alten am Hals.«
Charly schnippte nur mit dem Schwanz, kehrte dem WindClan-Schüler den Rücken zu und marschierte neben Brombeerkralle den Hügel hinunter. Eichhornschweif sprang vor und gesellte sich an Charlys andere Seite.
Distelpfote mochte Windpfotes Grobheit nicht, dennoch musste sie ihm zustimmen. Dieser alte Kater würde sie bestimmt aufhalten, dabei zählte doch jeder Augenblick.
»Brombeerkralle und die anderen waren doch schon mal hier«, murmelte sie Löwenpfote zu. »Was sollte Charly ihnen denn sagen können, das sie nicht schon wissen?«
Löwenpfote schüttelte nur den Kopf.
Als sie sich dem Tal näherten, hörte Distelpfote, wie Charly über den Zweibeinerort plapperte, den sie in der Ferne sehen konnte.
»Erinnert ihr euch noch an die Ratten?«, fragte er.
»Könnte ich die je vergessen?«, knurrte Bernsteinpelz. »Ich dachte, ich sterbe an diesem Biss.« Sie leckte sich mit der Zunge über das Maul und fügte dann zufrieden hinzu: »Immerhin hat die Ratte, die ihn mir verabreicht hat, nicht mehr lange gelebt.«
Ein Schnurren rumpelte tief in Charlys Brust. »Na ja, sie sind schon lange nicht mehr da. Aufrechtgeher haben dort ein Nest gebaut und alle vertrieben.«
»Gut!« Bernsteinpelz’ Schwanz peitschte hin und her.
»Und dieser offene Platz, wo die Monster immer geschlafen haben …«
Distelpfote hörte nicht mehr zu. Sie gingen doch gar nicht zu dem Zweibeinerort, warum erzählte Charly ihnen dann das alles? Es juckte sie in den Pfoten, hinab ins Tal zu rennen, aber sie war gezwungen, sich Charlys langsamen Humpelschritten anzupassen.
»Warum tut Brombeerkralle das?«, murmelte sie. »Der Stamm des eilenden Wassers wird vielleicht gerade jetzt vernichtet, während wir hier herumtrödeln.«
»Die Stammeskatzen denken genauso«, miaute Häherpfote. »Unter Fangs Pelz brodelt es.«
Das hatte Distelpfote auch schon bemerkt. Bach schaute einfach nur unglücklich drein, aber Nacht und Fang hatten das Nackenfell gesträubt und tuschelten aufgebracht miteinander. Wenn Brombeerkralle nicht bald Tempo machte, würde es Streit geben.
Die Sonne ging hinter den Bäumen auf, und Distelpfote war dankbar für das kühle Gras, das ihren Körper streifte. Bienen summten inmitten des Klees, während die Vögel zwitschernd über den klaren blauen Himmel kurvten. Ein Stück vor ihnen weideten grau-weiße Tiere im Gras.
»Seht mal – Schafe.« Windpfote deutete mit dem Schwanz auf die Herde. »Das bedeutet, dass hier in der Nähe ein Zweibeinernest ist.«
»Das wissen wir«, gab Distelpfote zurück. Sie würde auf keinen Fall freundlich zu Windpfote sein, auch wenn sie mit ihm, was Charly betraf, einer Meinung war. »Wir haben auch schon mal Schafe gesehen, vielen Dank.«
»Beim WindClan …«, fing Windpfote in seinem überheblichen Tonfall wieder an.
»Da ist noch was«, unterbrach ihn Löwenpfote. »Noch ein Tiergeruch, den ich aber nicht kenne.«
Distelpfote blieb stehen und prüfte die Luft. Löwenpfote hatte recht. Abgesehen von den Katzen um sie herum, den Schafen und der fernen Spur eines Hundes witterte sie
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