Verbannt
auch nicht?«
» Brombeerkralle hat uns gesagt, was wir tun sollen«, wandte Distelpfote ein. »Er wird eure Schwänze zum Abendbrot fressen, wenn er euch erwischt.«
»Wir passen schon auf, dass er nichts merkt.« In Löwenpfotes bernsteinfarbenen Augen leuchtete ein seltsames Licht. Ein Schauder zog von den Ohren bis zur Schwanzspitze durch Distelpfotes Körper. Sie wollte ihren Bruder auf keinen Fall in dieser Stimmung losziehen lassen, vor allem nicht mit Windpfote, der bereits bewiesen hatte, dass man in einer Notlage nicht auf ihn zählen konnte. Und sie wusste auch, dass sie ihn nicht aufhalten konnte, außer sie erzählte den älteren Kriegern von seinem Vorhaben.
»Gut«, miaute sie. »Ich komme mit.«
Windpfote blitzte sie böse an. »Dich hat aber niemand eingeladen.«
»Lass sie doch mitkommen.« Löwenpfote legte seine Schwanzspitze auf Distelpfotes Schulter. »Drei sind besser als zwei, wenn wir die Beute suchen. Und Distelpfote gehört zu den besten Jägern im Clan. Sie ist fast so gut wie Sandsturm.«
»Na gut«, miaute Windpfote ungnädig.
Distelpfote warf noch einen Blick die Hecke entlang. Die anderen Katzen waren verschwunden, und nur ihr Geruch verriet, dass sie noch in der Nähe waren.
»Kommt jetzt«, flüsterte Löwenpfote.
Er wirbelte herum und raste über einen Streifen freien Geländes auf den Zweibeinerzaun zu. Distelpfote und Windpfote folgten. Das Gras streifte über das Fell an ihrem Bauch und ihre Schwänze flogen durch die Luft. Distelpfote spitzte die Ohren, ob hinter ihnen jemand wütend jaulte, aber alles blieb ruhig.
Der Zaun war aus dem gleichen glänzenden Zeug wie beim Pferdeort. Löwenpfote legte sich flach auf den Boden, zwängte sich unter dem untersten Strang hindurch und sprang auf der anderen Seite sofort wieder auf.
»Schnell!«, drängte er.
Distelpfote folgte ihm. Sie spürte das harte, glänzende Material über ihren Rücken schrammen und dachte sofort an die Geschichte, wie ihre Mutter auf der ersten Reise in so einem Zaun stecken geblieben war. Ihre Pfoten kribbelten vor Angst, ebenfalls festzusitzen.
Doch dann war sie sicher auf der anderen Seite und hinter ihr kroch nun Windpfote unter dem Zaun hindurch. Löwenpfote rannte bereits einen schmalen Pfad zwischen den Zweibeinernestern hinunter. Bei dem durchdringenden Geruch nach Mäusen lief Distelpfote erneut das Wasser im Mund zusammen. Sie folgte ihrem Bruder und blieb am Rand einer weiteren offenen Fläche stehen, die mit Steinen bedeckt war.
Auf der anderen Seite ragte eines der großen Zweibeinernester vor den drei Schülern auf. Eine hölzerne Barriere befand sich vor dem Eingang, die leicht offen stand, drinnen war das Nest dunkel. Löwenpfote sah sich um. Obwohl Distelpfote Hunde und Zweibeiner witterte, war von beiden nichts zu sehen.
»Mach schon!«, murmelte Windpfote.
Löwenpfote zuckte mit dem Schwanz und die drei jungen Katzen sprangen über die offene Fläche und schlüpften durch den Spalt in das Nest.
Im Inneren blieb Distelpfote keuchend vor Anspannung und Furcht stehen, bis ihre Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Die Wände des Nests waren aus grobem Stein. Licht drang vom Eingang herein und von ein paar wenigen schmalen Lücken hoch oben in den Wänden. Staubpartikel tanzten golden in den grünlichen Strahlen, doch der Rest des Nests lag im Dunkeln. Der Geruch nach Maus war hier noch stärker, aber Distelpfote war zu nervös, um zu jagen. Sie drehte sich um und schaute auf den Eingang, durch den sie gekommen waren.
Hinter sich hörte sie kleine Pfoten trippeln und einen dünnen Schrei, der jäh abbrach.
»Das war die Erste!«, verkündete Windpfote und Distelpfote sah ihn über dem Körper einer dicken Maus kauern.
Löwenpfote war in die Lauerstellung gesunken, seine Hinterläufe wackelten hin und her und seine Augen waren auf etwas im Schatten gerichtet. Distelpfote unterdrückte ein Keuchen, als sie den Umriss einer riesigen Ratte entdeckte, die fast so groß war wie Löwenpfote.
Löwenpfote stürzte vor, es gab ein wildes Gezappel, und die Ratte schrie, bis der Kater ihr in den Hals biss. Mit stolz leuchtenden Augen stand er über seiner Beute.
»Guter Fang!«, rief Distelpfote.
»Nicht übel«, murmelte Windpfote mit vollem Maul.
Löwenpfote zerrte seine Beute in die Mitte des Nests. »Komm und friss mit mir«, lud er Distelpfote ein. »Die schaffe ich unmöglich alleine.«
»Danke, ich …« Distelpfote brach ab, als sie draußen Bewegung hörte und
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