Verbannt
Grau.
»Wir werden euch begleiten«, miaute Fang. »Ihr braucht vielleicht Verstärkung, falls die Eindringlinge in der Nähe sind.«
»Danke.« Und mit einem Schwanzschnippen gab Brombeerkralle dem großen Höhlenwächter ein Zeichen, die Führung zu übernehmen.
Löwenpfote folgte seinem Vater über den Pfad des eilenden Wassers durch den Wasserfall. Nun, da das Sonnenlicht durch den Wasservorhang strahlte, wirkte er nicht mehr so bedrohlich wie im Dämmerlicht des Abends zuvor. Als der Schüler ins Freie kam, sprang er zum Teich hinab und schüttelte sich die Wassertropfen aus dem Pelz. Der Himmel war blau, und nur ein paar wenige weiße Wolken huschten, von einem starken Wind vorangetrieben, auf ihm entlang. Die Sonne trat gerade über die obersten Gipfel und tauchte die Berghänge in ihr helles Licht. Hoch oben zog ein einzelner Vogel seine Kreise.
»Adler«, murmelte Vogel. »Wir sollten ihn im Auge behalten.«
»Hier lang«, miaute Fang. Er sprang zu den Felsen, die auf der anderen Seite des Teichs aufragten, und zog sich mit den Krallen nach oben, bis er eine flache Felsnase erreichte. Löwenpfote und die anderen folgten. Oben stand der Schüler keuchend an der Felskante und schaute über einen kahlen Wald aus zerklüftetem Gestein hinweg. Nur ein paar Sträucher mit grünem Laub unterbrachen die riesige graubraune Landschaft. Nirgends regte sich etwas.
»Es ist ganz leer.« Er kauerte sich nieder und spähte in die Tiefe. »Es fühlt sich an, als sei keine Katze hier außer uns.«
»Glaub das nur nicht«, knurrte Fang. »Die Eindringlinge können sich nicht so gut verstecken wie wir, aber sie werden immer besser darin.«
»Dann müsst ihr noch besser werden«, miaute Brombeerkralle energisch. »Dann könnt ihr euch verteidigen.«
Fang schnaubte zweifelnd und kletterte einen steilen Schutthang hinauf, der zu einem Felskamm führte. Als Löwenpfote seine Pfoten auf das lose Gestein setzte, fürchtete er schon, er würde den Aufstieg nie schaffen. Für jeden seiner Schritte meinte er, zwei wieder zurückzurutschen. Dann beobachtete er, dass die Stammeskatzen sich eher seitlich des Hangs hielten. Er machte es ihnen nach und kam dort ebenfalls besser voran. Schließlich schaffte er es, sich die letzte Schwanzlänge auf den Bergrücken hinaufzuziehen, und stand oben.
Der Wind wehte ihm ins Fell und trieb ihm die Tränen in die Augen. Blinzelnd schaute er auf eine weite Landschaft aus spitzen Felsen und schmalen Tälern, mit Flüssen, die sich schmal wie Grashalme durch das Gestein schlängelten. In der Ferne erblickte er einen verschwommenen grünen Fleck, und ihm wurde klar, dass dort das Ende des Gebirges sein musste, vielleicht sogar der Wald, den sie auf dem Weg hierher durchquert hatten.
»Ich fühle mich wie ein Vogel!«, rief er.
Die Worte waren kaum aus seinem Mund, als seine Pfoten rutschten. Sein Herz stockte, und einen Moment lang meinte er, der Wind würde ihn umwerfen und hinunter auf die Felsen schleudern. Die Landschaft wirbelte schwindelerregend um ihn herum. Dann schlugen sich Zähne in seinen Nacken und rissen ihn auf sicheren Boden. Er sah auf und erblickte Krähenfeder.
»Danke«, japste er.
»Denk einfach dran, dass du kein Vogel bist«, knurrte der WindClan-Krieger.
Löwenpfote musste sich ein paar Herzschläge lang ausruhen, bis der Schwindel verflogen war und sein Herz nicht mehr so hämmerte.
Als er aufblickte, entdeckte er wenige Pfotenschritte entfernt Fang, Bernsteinpelz und Brombeerkralle. Die Stammeskatze deutete mit dem Schwanz auf eine Stelle unterhalb des Felskamms.
»Dort hat uns Sturmpelz in den Kampf geführt«, miaute er.
Vorsichtig tappte Löwenpfote zur Felskante und spähte hinunter. Der Abgrund fiel hinab zu einem tiefen Tal, das von beiden Seiten von zerklüfteten Felswänden begrenzt wurde. An seinem Grund wand sich ein schmaler Bach durch das Gestein. Löwenpfote zitterte und sah vor sich das Blut von Katzen die Abhänge hinabströmen und hörte das Kreischen, mit dem sie sich in den Kampf stürzten.
»Wir meiden diesen Ort«, fuhr Fang fort. »Die Eindringlinge glauben, er gehöre jetzt ihnen.«
»Dann sollten wir ihnen zeigen, dass sie sich irren«, schlug Bernsteinpelz mit peitschendem Schwanz vor.
Fang schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht wert. Hier haben wir nie viel Beute gefunden. Wenn wir auf diesem Grat noch ein Stück weitergehen, kommen wir zu einem weiteren Tal mit einem Bach. Dort wachsen Gras und ein paar Büsche, und mit Glück
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