Verbannt
findet man meistens ein, zwei Mäuse oder sogar ein Kaninchen. Dort holen wir auch das Moos für unsere Nester.«
Löwenpfote blickte in die Richtung, in die er deutete. Wenige Fuchslängen entfernt ragte eine schiefe Felsnadel auf, wie ein vom Blitz getroffener Baum. »Das wäre doch eine geeignete Grenzmarkierung«, schlug er Brombeerkralle vor.
Der nickte. »Gut überlegt. Und das Tal mit dem Bach sollte unbedingt zum Territorium des Stammes gehören.«
Die Stammeskatzen schwiegen und wechselten zweifelnde Blicke. Voller Mitleid dachte Löwenpfote, dass sie vielleicht meinten, sie würden ihr Territorium sowieso an die Clan-Katzen verlieren, die ihnen vorschrieben, was zu tun war.
»Kannst du uns zu diesem Tal führen, Fang?«, fragte Brombeerkralle.
»Natürlich.« Der große Höhlenwächter marschierte los den Kamm entlang, und Löwenpfote folgte mit den anderen Clan-Katzen, wobei er sorgfältig darauf achtete, wohin er seine Pfoten setzte. Erleichtert stellte er fest, dass der Adler verschwunden war.
Das nächste Tal wirkte deutlich einladender für die Jagd, mit zahlreichen Verstecken für Beute. Fang wollte hinuntergehen, doch Brombeerkralle drängte sie weiter den Felskamm entlang.
»Wir sollten die ganze Grenze abgehen«, miaute er, »oder zumindest da, wo sie verlaufen könnte.«
»Was?« Vogel schaute erstaunt. »Das schaffen wir unmöglich an einem Tag.«
»Man braucht hier länger, müsst ihr wissen«, fügte Grau hinzu. »Es ist schwieriger, als auf flachem Gelände unterwegs zu sein.«
»Ich weiß«, erwiderte Brombeerkralle, Verständnis in den bernsteinfarbenen Augen. »Aber uns läuft die Zeit davon. Die Eindringlinge warten nicht.«
Fang stieß ein leises Knurren aus. »Du hast recht. Gehen wir weiter.«
Er führte die Katzengruppe den Grat oberhalb des Tales entlang und sie legten die Felszacke als Grenzmarkierung fest. Dort, wo der Felskamm sich absenkte und die Spitze des Tales querte, strömte aus einer Spalte zwischen zwei Felsen der Bach hervor.
»Noch eine gute Stelle für eine Markierung«, erklärte Brombeerkralle. »Sobald die Grenze festgelegt ist, müsst ihr jeden Tag Duftmarken hinterlassen. Daher ist es am einfachsten, wenn ihr Orte auswählt, die leicht zu merken sind.«
Fang nickte, aber er schien immer noch nicht davon überzeugt zu sein, dass das Markieren von Territorium zu seinem Stamm passte.
Von hier aus führte sie ihr Weg über ein Plateau, das von losen spitzen Steinen übersät war, und dann weiter über mehrere steile Felskämme, wo es keine Pfade gab. Die Sonne kletterte den Himmel empor. Löwenpfotes Beine schmerzten, und er konnte schon gar nicht mehr zählen, wie oft er sich die Ballen an dem groben Gestein aufgekratzt hatte. Seine Pfoten hinterließen Blutspuren beim Gehen und selbst die Stammeskatzen wirkten allmählich erschöpft.
Brombeerkralle ging um einen riesigen Felsblock herum und blieb dort so jäh stehen, dass Löwenpfote fast mit ihm zusammengestoßen wäre. Das getigerte Fell seines Vaters stellte sich auf und Löwenpfote witterte seine Wut. In Erwartung einer möglichen Gefahr reckte er sich in die Höhe und spähte seinem Vater über die Schulter.
Er erblickte eine Senke mit einem Teich in ihrer Mitte und ein paar struppigen Büschen. Drei Katzen traten aus dem Schutz der Zweige, die eine mit einer Maus im Maul. Alle drei blieben stehen und starrten neugierig nach oben.
»Was geht hier vor?«, fragte ein schwarzer Kater. »Was wollt ihr hier?«
»Das Gleiche könnten wir euch fragen«, erwiderte Brombeerkralle und trat an den Rand der Senke.
Fang stellte sich neben ihn und Bernsteinpelz postierte sich an seiner anderen Seite. Löwenpfote sah, dass Vogel und Grau sich so hinstellten, dass sie weitere Eindringlinge sogleich entdecken könnten, während Krähenfeder um den Rand der Senke herumging, bis er von der anderen Seite aus die Büsche im Auge behalten konnte.
Der schwarze Kater kniff die Augen zusammen. »Falls ihr auf einen Kampf aus seid – den könnt ihr haben.«
»Wir wollen keinen Kampf.« Brombeerkralles Stimme war ruhig, obwohl sein Nackenfell gesträubt war. Löwenpfote wusste, dass sein Vater sich ohne Zögern in einen Kampf stürzen würde, wenn es sein musste. »Wir legen unsere Grenzen fest. Diese Senke hier gehört zum Territorium des Stammes, aber du und deine Freunde, ihr könnt den Rest der Berge haben. Wenn wir fertig sind, werdet ihr sehen, welches Gebiet zu wem gehört.«
In Löwenpfotes Ohren klang das
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