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Verblendung

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Titel: Verblendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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hatten. Ihr Foto war später in den Lokalzeitungen erschienen. Mehrere Einwohner von Hedestad hatten sich bei der Polizei gemeldet, weil sie glaubten, Harriet gesehen zu haben, aber keiner hatte etwas Ungewöhnliches bemerkt.
     
    Mikael grübelte den ganzen Abend darüber nach, wie er seine neue Idee am besten weiterverfolgen könnte. Am Vormittag ging er zu Henrik Vanger, den er am Frühstückstisch antraf.
    »Sie sagten doch, dass die Familie Vanger immer noch Anteile am Hedestads-Kuriren hat.«
    »Das stimmt.«
    »Ich brauche Zugang zum Bildarchiv der Zeitung.«
    Henrik Vanger stellte sein Milchglas ab und trocknete sich die Oberlippe ab.
    »Worauf sind Sie gestoßen, Mikael?«
    Er sah dem alten Mann in die Augen.
    »Nichts Konkretes. Aber ich glaube, wir könnten den Lauf der Ereignisse falsch gedeutet haben.«
    Er zeigte ihm das Foto und erzählte von seinen Schlussfolgerungen. Henrik Vanger verstummte.
    »Wenn ich recht habe, müssen wir uns darauf konzentrieren, was an diesem Tag in Hedestad passiert ist, nicht nur auf der Hedeby-Insel«, sagte Mikael. »Ich weiß nicht, wie man das nach siebenunddreißig Jahren anstellen soll, aber bei der Feier zum ›Tag des Kindes‹ müssen viele Bilder aufgenommen worden sein, die nie veröffentlicht wurden. Und diese Bilder will ich sehen.«
    Henrik Vanger benutzte das Telefon in der Küche. Er rief Harriets Bruder Martin an, erklärte ihm sein Anliegen und fragte, wer nun Chef der Bildredaktion des Kuriren sei. Innerhalb von zehn Minuten waren die richtigen Personen ausfindig gemacht und die Genehmigung erteilt.
     
    Die Chefin der Bildredaktion hieß Madeleine Blomberg, wurde Maja genannt und war schon über sechzig. Sie war der erste weibliche Chef einer Bildredaktion, dem Mikael in seiner Laufbahn begegnet war. Im Zeitungswesen wurde die Kunst der Fotografie gerne als männliche Domäne angesehen.
    Am Samstag war zwar niemand in der Redaktion, aber wie sich herausstellte, wohnte Maja Blomberg nur fünf Gehminuten von ihr entfernt. Sie traf sich mit Mikael am Eingang. Sie hatte die meiste Zeit ihres Lebens für den Hedestads-Kuriren gearbeitet. 1964 hatte sie als Korrektorin angefangen, war dann Kopistin geworden und hatte einige Jahre in der Dunkelkammer gearbeitet. Gleichzeitig hatte man sie immer auf Fototermine geschickt, wenn das reguläre Personal nicht mehr ausreichte. Langsam, aber sicher hatte sie sich den Titel einer Redakteurin erworben, und zehn Jahre später, als der alte Chef in Pension ging, übernahm sie die Leitung der Bildredaktion. Hinter dieser Position verbarg sich kein allzu großes Imperium. Die Bildredaktion war seit zehn Jahren mit der Anzeigenabteilung zusammengelegt und bestand aus nur sechs Personen, die sich alle untereinander bei ihrer Arbeit abwechselten.
    Mikael fragte, wie das Bildarchiv organisiert sei.
    »Um ehrlich zu sein, das Archiv ist ziemlich unübersichtlich. Seit wir Computer und Bilddateien haben, ist alles auf CDs archiviert worden. Wir hatten hier einen Praktikanten, der wichtige ältere Bilder eingescannt hat, aber es sind nur ein paar Prozent des Archivbestands. Ältere Bilder finden Sie nach Datum sortiert in Negativ-Ordnern. Sie sind entweder hier in der Redaktion oder oben auf dem Dachboden.«
    »Ich interessiere mich vor allem für die Bilder vom ›Tag des Kindes‹ 1966 und insgesamt für alle Bilder, die in dieser Woche aufgenommen worden sind.«
    Maja Blomberg sah Mikael forschend an.
    »Also von der Woche, in der Harriet Vanger verschwand.«
    »Sie kennen die Geschichte?«
    »Man kann nicht sein ganzes Leben beim Hedestads-Kuriren arbeiten, ohne sie zu kennen, und wenn Martin Vanger mich frühmorgens an meinem freien Tag anruft, dann ziehe ich meine Schlüsse. Ich habe die Texte Korrektur gelesen, die in den sechziger Jahren über den Fall geschrieben wurden. Warum graben Sie wieder in dieser Geschichte? Ist etwas Neues ans Licht gekommen?«
    Maja Blomberg hatte offensichtlich eine Nase für Neuigkeiten. Mikael schüttelte lächelnd den Kopf und brachte seine Coverstory vor.
    »Nein, und ich bezweifle, dass wir jemals eine Antwort darauf bekommen, was mit ihr passiert ist. Es soll eigentlich geheim bleiben, aber ich schreibe an Henrik Vangers Autobiografie. Die Geschichte mit der verschwundenen Harriet ist ein sonderbares Thema, aber auch ein Kapitel, das man wohl kaum schweigend übergehen kann. Ich suche nach Bildern, die diesen Tag illustrieren können, von Harriet und von ihren Freunden.«
    Maja Blomberg

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