Verborgen im Niemandsland
den Schleier anlegst, als wir die Stadt mit der Kutsche verlassen haben?«, warf er sich mit einem Anflug von Verzweiflung vor. »Dann wäre das alles nicht passiert. Niemand hätte nach uns gesucht und wir alle wären weiterhin sicher im Frangipani-Tal! Und jetzt ist die Katastrophe kaum noch abzuwenden! All das nur wegen eines verdammten Schleiers, der dein Gesicht unkenntlich gemacht hätte. Ich bin an allem Unglück schuld!«
Abby ergriff seine Hand. »Rede doch nicht so einen Unsinn, mein Liebster! Wenn du nicht so viel Mut und Einfallsreich - tum bewiesen hättest, hätten wir unseren Sohn verloren und ich wäre jetzt auf Norfolk Island!«, widersprach sie leise und dabei ebenso energisch wie liebevoll. »Und was den Schleier angeht, so haben wir beide nicht daran gedacht. Es war einfach ein tragischer Zufall, dass ausgerechnet Cleo dort stand, als du kurz aus der Kutsche gestiegen bist, um zu sehen, warum es nicht weiterging. Und vergiss nicht, dass sie dich in jedem Fall erkannt hätte! Nein, niemand trägt daran irgendeine Schuld, dass Danesfield jetzt mit seinen Soldaten hier aufgekreuzt ist! Hörst du? Niemand! Es ist einfach geschehen.«
»So ist es!«, bekräftigte Terence. »Die Frage nach der Schuld stellt sich überhaupt nicht. Es geht nun mal nicht immer alles nach Plan. Jeder andere von uns hätte der Auslöser für die Suchaktion sein können. Und vergesst Henry nicht. Wenn er nicht zum Verräter geworden wäre, hätten weder die Soldaten noch die Banditen jemals den Weg zu uns gefunden!«
»Und was immer jetzt auf uns wartet, wir werden es gemeinsam durchstehen«, fügte Abby hinzu, die noch immer die Hand ihres Mannes hielt. »Ich denke nicht daran, die Hoffnung aufzugeben. Niemals!«
»Ich auch nicht!«, gab Andrew flüsternd zurück, hob ihre Hand an seinen Mund und drückte einen Kuss auf ihre Fingerspitzen.
Die Soldaten und mit ihnen Henry und Cleo verschwanden wenig später auf der anderen Seite des Bergrückens und damit aus ihrer Sicht. Sie gaben ihr Versteck hinter den Büschen jedoch nicht auf, sondern warteten nun darauf, dass die Bande von Gillespie und Sullivan auftauchte, um sich den Buschbanditen in den Rücken zu setzen und ihnen so unbemerkt zu folgen, wie sie den Soldaten folgten.
Ihr Beharrungsvermögen und ihre Leidensfähigkeit wurden in der brütenden Mittagshitze auf eine harte Probe gestellt. Die Banditen gingen nicht das geringste Risiko ein. Sie ließen Danesfield und seiner Kolonne einen großen Vorsprung, der sicherstellte, dass sie unter allen Umständen außer Sicht-und Hörweite blieben. Erst nach anderthalb Stunden tauchten drei Reiter unten im Schatten der Bäume auf und machten kurz Halt. Es war die Vorhut der Bande. Andrew und Terence erkannten Sean. Während die beiden anderen auf der Spur der Soldaten blieben, ritt Sean zurück. Wohl um zu melden, dass die Luft auf diesem Stück des Weges rein war und sie keine Entdeckung zu befürchten hatten.
»Fühlt euch nur so sicher wie in Abrahams Schoß, ihr verdammten Halunken!«, flüsterte Terence mit grimmiger Genugtuung, als schließlich der Rest der Bande auftauchte und unbeschwertes Lachen zu ihnen heraufdrang. »Umso überwältigender wird dann das böse Erwachen!«
»Ja, hoffentlich buchstäblich!«, fügte Andrew hinzu.
»Ich folge ihnen zu Fuß und lasse sie nicht aus den Augen. Ihr kommt mit den Pferden nach, haltet aber einen genügend großen Abstand«, schlug Terence vor. Denn da bei den Soldaten der Transportwagen das mäßige Tempo bestimmte, dem sich auch die Banditen anpassen mussten, indem sie ihre Pferde im Schritt gehen ließen, bot sich eine Verfolgung zu Fuß geradezu an. Auf diese Weise konnte er sich leichter und gefahrloser als hoch zu Pferd anschleichen und nahe an ihnen dranbleiben. »Später können wir uns abwechseln.«
»Gute Idee«, sagte Andrew anerkennend.
Bis zum Einbruch der Nacht wechselten sie sich mehrmals ab. Der jeweilige Späher hielt sich im Schutz der Bäume und Büsche immer in Sichtweite der Bande und beobachtete, ob sie womöglich Vorbereitungen für einen Überfall auf die Soldaten trafen. Doch nichts dergleichen geschah. Zwar hatten die Männer im Laufe des Nachmittags den Abstand zu den Rotröcken auf eine knappe Meile verringert, weil das stark bewaldete Gelände dieses Näherrücken gefahrlos erlaubte. Aber darüber hinaus hatte es an ihrem Verhalten keine Veränderung gegeben. Die Männer schlugen in einem Wald ihr Nachtlager auf. Weder wurde ein Feuer
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