Verborgene Liebesglut
Humor. Beeil dich! Ich wecke die Diener. Wir dürfen keine Zeit verlieren."
Mit diesen Worten eilte der Lord aus dem Zimmer. Der verdutzte Major zog kurz die Schultern hoch. „Es wird sich um einen dummen Scherz handeln. Aber wenn ich den Burschen erwische, werde ich ihm die Ohren langziehen."
Nachdem er sich angezogen hatte, ging auch er hinunter in die Eingangshalle, wo der Lord bereits mit zwei Stallburschen wartete.
„Wir müssen uns beeilen, Thomas." Der Lord blickte ihn entschlossen an.
„Aber wohin reiten wir, Wilcox?" wollte der Major wissen. „Es ist dunkel, und wir sollten die Hunde vorlaufen lassen, damit sie die Fährte aufnehmen."
„Ich habe schon Anweisungen gegeben, mein Freund. Auf jetzt!"
Gemeinsam verließen die Männer die Halle und stiegen auf die Pferde, die bereits aufgesattelt waren. „Wir bleiben zusammen, Thomas!" kommandierte Wilcox.
Mittlerweile hatte der Stallbursche zwei der besten Jagdhunde herbeigebracht und ihnen ein Hemd von Philippe an die Schnauze gehalten, damit sie die Witterung aufnehmen konnten. Sofort schossen die Hunde los und stürmten auf die jenseits der Zufahrt gelegene Weide.
Wilcox und der Major gaben ihren Pferden die Sporen und hatten die Hunde schon bald eingeholt, die unruhig schnüffelnd dem Pfad folgten. Erst als sie an den Bach kamen, schienen die Tiere unsicher zu sein und liefen am Ufer des flachen Gewässers auf und ab.
„Schau dir das an, Wilcox. Die Tiere haben die Fährte verloren. Philippe scheint den Bach überquert zu haben." Die Männer schauten sich schweigend an.
„Aber was macht dieser leichtsinnige Bursche nur mitten in der Nacht am Fluß?" setzte Wilcox ein. „Wenn ich die Bettlaken nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, würde ich natürlich vermuten, daß jemand den Jungen entführt hat. Aber so?" Die Gedanken des Lords schienen sich ähnlich der Spur zu verlieren.
„Was kann er nur um diese Uhrzeit hier unten gewollt haben, Thomas?" Fragend schaute er seinen Freund an.
Auch der Major dachte angestrengt nach. „Ja, was will er nur hier ... unten?" wiederholte er nachdenklich. „O beim großen Kanonendonner!" Plötzlich kam ihm eine Idee. „Potzblitz! Ich weiß, was er hier will. Los folge mir, Wilcox!"
Es konnte kein Zweifel an seiner Vermutung bestehen. Hatte er Philippe doch selbst genau beschrieben, wo er hingehen mußte, um die Früchte zu finden.
Mit den Pferden hatten sie die Lichtung schnell erreicht, doch Philippe war nicht zu erblicken. „Er muß hier irgendwo stecken." Wilcox sprang von seinem Hengst, während die beiden Hunde unruhig das Gras durchstöberten.
„Wenn es nur nicht so verflucht dunkel wäre!" murmelte der Major. Im gleichen Moment sah er, wie der Lord etwas aus dem Gras hob, und erstarrte – ein kleines Körbchen und kurz darauf etwas weiches, offensichtlich ein Kleidungsstück des jungen Franzosen.
Der Major trat schnell an Wilcox heran. Was er trotz der Dunkelheit schemenhaft sehen konnte, verschlug ihm den Atem.
„O mein Gott!" flüsterte er. Die Männer sahen sich an. Auf dem weißen Hemd Philippes war ein dunkler Fleck – und das konnte nur Blut sein.
6
Als Philippe zu sich kam, spürte er, daß er in einem Planwagen lag, der über einen unebenen Weg holperte. Mühsam versuchte er sich aufzurichten, doch es gelang ihm nicht. Seine Hände und Füße waren gefesselt, und sein Mund durch ein Taschentuch geknebelt. Er lag auf dem Bauch und war kaum in der Lage, sich zu bewegen. Sein Kopf schmerzte fürchterlich, und ihm war kalt. Als er an sich herunterblickte, erkannte er, daß er am Oberkörper nur noch ein dünnes Leinenunterhemd trug. Wo war er nur? Was war passiert, und wer waren diese Männer, deren Stimmen er vorne auf dem Kutschbock hörte?
Der Weg wurde immer holpriger, und die unregelmäßigen Stöße ließen vermuten, daß der Wagen über einen Feldweg fuhr. Philippes Körper war starr vor Angst. Er versuchte das Innere des Gefährts zu erkennen, doch es war zu dunkel. Er konnte nichts tun, außer abzuwarten, was geschehen würde. Äste schabten an den Außenwänden entlang, und das Tempo der Kutsche wurde verlangsamt. In einer Kurve wurde Philippe unsanft gegen die Seitenplanken geworfen. Er stöhnte auf und versuchte, um Hilfe zu rufen.
Plötzlich mußte er an den Lord denken. Er wüßte bestimmt, was jetzt zu tun wäre, und mit seiner starken Stimme würde Wilcox ihm Anweisungen geben, wie er sich befreien könnte. Eine heftige Sehnsucht ergriff ihn. Er fühlte sich
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