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Verborgene Lust

Verborgene Lust

Titel: Verborgene Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
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schmerzt ihr Rücken, und sicher riecht sie etwas streng. Sie würde sich gern waschen. Nachdem sie in die Straße abgebogen ist, zählt sie die Hausnummern. Jacqueline wohnt in der Nummer achtzehn. Die Straße ist so ganz anders als die unebenen Gassen Venedigs. Hier steht eine gerade Reihe roter Backsteinhäuser, die alle mehr oder weniger gleich aussehen.
    Sie erreicht die Nummer achtzehn. Ihr neues Zuhause. Das Gebäude wirkt deutlich herrschaftlicher, als sie es sich vorgestellt hat. Nun, zumindest von außen. Die rote Backsteinfassade ist auf jeder Etage von hohen Fenstern durchbrochen. Maria zählt vier Stockwerke. Die Eingangstür ist in leuchtendem Londoner Rot gestrichen und hat einen schwarzen Löwenkopf als Türöffner. Sehr britisch. Mit trockenen Lippen geht sie auf die Eingangstür zu. Sie hofft, dass Jacqueline zu Hause ist. Sie weiß nicht, wer sonst noch in dem großen Haus wohnt.
    Kurz nachdem sie zum dritten Mal geklopft hat, öffnet ihr ein dürrer junger Mann mit wilden drahtigen Haaren die Tür. Er sieht sie argwöhnisch an und zeigt nicht den geringsten Anflug eines Lächelns. Sein Gesicht verschwindet hinter runden Brillengläsern und einem dichten Schnurrbart.
    »Ja?«
    Maria hustet und sagt in ihrem besten Englisch:
    »Guten Tag, ich möchte zu Miss Jacqueline Mournier.«
    »Sie ist nicht zu Hause«, antwortet er. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin … ich bin …« Sie stottert, denn seine Direktheit verunsichert sie. »Ich heiße Maria Brzezinska.«
    »Polin?«, fragt er. »Sie sehen nicht polnisch aus.«
    Langsam wird Maria etwas gereizt. Was hat dieser junge Mann für ein Recht, sie auszufragen?
    »Darf ich bitte hereinkommen? Ich kann drinnen auf Jacqueline warten.«
    Der junge Mann legt den Kopf schief, ignoriert ihre Bemerkung und fährt unbeirrt mit den Fragen zu ihrer Nationalität fort.
    »Sie sind keine Engländerin«, stellt er fest. »Das hört man. Also, woher kommen Sie?«
    Maria seufzt im Stillen. Sie ist noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden in London, und schon fragt man sie nach ihrer Herkunft.
    »Ich bin Italienerin.«
    Zu ihrer Überraschung strahlt der junge Mann sie daraufhin an. Das Lächeln verändert sein Gesicht. Ohne die Brille und den Schnurrbart könnte er recht gut aussehen.
    »Ich auch«, sagt er auf Italienisch. Schwungvoll beugt er sich vor, nimmt ihr den Koffer ab und schiebt sie ins Haus.
    »Herzlich willkommen, Maria Brzezinska«, sagt der junge Mann. »Darf ich mich vorstellen? Ich heiße Guido Rosselli. Ich bin ein Nachbar von Jacqueline.«
    Der vornehme Eindruck, den das Haus von außen macht, findet sich im Inneren nicht wieder. Die Diele wird von einer nackten flackernden Glühbirne erhellt, wodurch sie etwas gruselig und heruntergekommen wirkt. Im Eingangsbereich liegt kein Teppich, nur braunes, stark abgenutztes Linoleum. Durch die Feuchtigkeit lösen sich die Tapeten von den Wänden. Es herrscht ein widerlicher Gestank, der nicht nur von der Feuchtigkeit herrührt. Irgendetwas riecht scharf und faulig. Maria zieht unwillkürlich ihr Taschentuch hervor und hält es sich vor die Nase.
    »Tut mir leid wegen des Gestanks«, sagt Guido. »Ich fürchte, das kommt von unserer einzigen englischen Bewohnerin, Mrs. Renshaw. Wir haben sie bereits gebeten, ihren Kohl nicht so lange zu kochen, aber sie scheint gegen den Geruch immun zu sein. Ich glaube, sie versucht alles Nahrhafte herauszukochen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie das schmeckt.«
    Guido führt sie drei Treppen hinauf, dann bleibt er auf dem dritten Absatz stehen und deutet hinter sich auf eine Tür.
    »Dort wohne ich«, erklärt er.
    Maria nickt und wartet. Sie weiß nicht, was sie sagen soll. Plötzlich wird sie von Schüchternheit übermannt. Sie ist es nicht gewohnt, mit jungen Männern zu sprechen.
    »Jacqueline ist momentan nicht da. Aber sie hat mich gebeten, Sie hereinzulassen, falls Sie in ihrer Abwesenheit ankommen.« Er holt einen Schlüssel aus der Hosentasche und wedelt damit über seinem Kopf.
    »Kommen Sie«, fordert er sie auf, »nur noch eine Etage, dann sind wir oben.«
    Im obersten Stockwerk, offenbar Jacquelines, scheint die düstere Atmosphäre des Hauses sich etwas zu lichten. Maria bemerkt über ihren Köpfen eine kleine Dachluke, in der ein Himmelsausschnitt zu sehen ist. Es ist nur ein winziges blaues Quadrat, aber immerhin etwas Farbe. Auch der Kohl riecht hier oben nicht ganz so intensiv.
    Guido schließt die Tür zu Jacquelines Wohnung auf und führt sie

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