Verborgene Macht
geliebt.
Aber jetzt drückte sie das bleierne Gewicht in ihrer Brust nieder und sie fühlte sich benommen. »Die Sichere Stätte, Ranjit.«
Er sah sie halb an. »Haben sie es dir nicht gesagt?«
»Für mich klang es wie ein Gefängnis, aber anscheinend reicht mein schwacher Verstand nicht aus, um zu begreifen, was diese Sichere Stätte wirklich ist. Könntest du es mir also erklären?«
»Es ist — ... hör zu, du musst nicht hin, oder? Versuch einfach, nicht mehr daran zu denken.«
»Ich muss nicht hin!«, brüllte sie. Tränen brannten in ihren Augen. »Aber Jake muss!«
»Jake?« Ranjit fuhr sich mit den Fingern durch schwarze, vom Dampf feuchte Haar.
»Ja, Jake! Er ist zur Sicheren Stätte verurteilt worden. Ich habe sie gehört! Nachdem sie mich hinausgeschickt hatten, bin ich noch einmal zurückgegangen, und ich habe sie gehört!«
»Du hast gelauscht? Du hast den Rat belauscht?«
»Du kannst deinen verdammten Hintern darauf verwetten, dass ich gelauscht habe!« Sie seufzte. »Ranjit, du musst mir jetzt helfen. Was werden wir tun?«
Schnell, als träfe er in diesem Moment eine Entscheidung, ergriff er ihre Arme und sah ihr in die Augen. »Nichts. Wir werden gar nichts tun, Cassie. Wir können uns nicht gegen den Rat stellen.«
Für den Bruchteil einer Sekunde war sie verwirrt. »Was?«
»Hör mir zu. Was der Rat dir erzählt hat, war die Wahrheit - die Sichere Stätte ist nicht wie ein Gefängnis, es ist mehr wie ein ... ein Luxushotel! Dort halten die Ältesten Leute fest, die zu viel über die Auserwählten wissen und auf deren Schweigen man sich nicht verlassen kann. Jake wird kein Gefangener sein. Er wird ein Gast sein, Cassie, ein Gast der Auserwählten.«
Sie starrte ihn an und glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. »Ein Gast für immer? Ein Gast, der nicht entscheiden kann zu gehen?«
»Hm, ja, aber...«
»Das ist ein Gefangener, Ranjit!«
Sprachlos ließ sie sich aufs Bett fallen. Zögernd trat er neben sie und strich ihr über die Wange. Seine Finger zitterten, als widerstrebe es ihm, sie zu berühren, doch als könne er einfach nicht anders. Trotz des Dampfs schauderte sie.
»Cassie, wir können nichts tun. Es tut mir leid.«
Sie konnte ihm nicht ins Gesicht schauen, also konzentrierte sie sich stattdessen auf seine schlanke, muskulöse Brust. Der Anblick bedeutete ihr nichts; sie empfand nichts dabei. Das musste der Schock sein.
»Das Schlimmste habe ich dir noch nicht erzählt«, sagte sie leise.
»Was? Was gibt es sonst noch?«
»Brigitte. Und ein Mann namens Vaughan. Er ist vom FBI — Isabella und ich haben gesehen, wie er Jake wegbrachte -, aber er ist außerdem ein Auserwählter. Einer von den Ältesten. Sie haben vor, den Rat zu hintergehen.«
Ranjit lachte. »Ich würde nur zu gern sehen, wie sie das versuchen.«
»Dann wirst du es verdammt noch mal sehen! Sie haben es schon früher getan! Ich habe gehört, was Brigitte mit Jake vorhat. Hinter ihrem Plan steckt System. Es klingt schrecklich, Ranjit. Schrecklich. Sie bringt Leute von der Sicheren Stätte zu etwas, das die Lebende Erde genannt wird.«
Ranjit sog scharf die Luft ein und wurde kreidebleich. Dann schüttelte er heftig den Kopf. »Nein. Auf keinen Fall, Cassie. Du hast dich verhört.«
»Habe ich nicht!«
»Dann hat sie geblufft! Angegeben! Das wird nicht passieren, Cassie. Bitte, du musst mir vertrauen.«
In seinen Augen stand ein flehender Ausdruck. Sie öffnete den Mund, wollte sagen: Natürlich vertraue ich dir! Aber die Worte kamen nicht. Stattdessen wandte sie den Blick ab. »Es ist mir egal, ob du mir glaubst oder nicht. Sie hat definitiv etwas mit Jake vor, und zwar nicht die Sichere Stätte. Wir müssen...«
»Nein! Nein, Cassie, hör zu. Du darfst dich da nicht einmischen. Im Ernst, ich habe wirklich Angst um dich.« Er legte einen warmen Arm um sie. »Brigitte wird Jake nichts tun, nicht gegen die Wünsche des Rats. Aber sie ist ungeheuer mächtig. Du bist diejenige, die sie zur Zielscheibe erklären wird.«
»Das hat sie bereits getan! Oder Katerina hat es getan. Grand Central? Sie war es, die versucht hat, mich auf die Schienen zu schubsen.«
»Was?«
»Vergiss es. Hör mal, Ranjit, wir müssen Jake helfen. Bitte. Wenn wir ihn aus der Sicheren Stätte herausholen, dann können wir vielleicht...«
»Du kannst dich nicht in Ratsangelegenheiten einmischen, Cassie.«
»Nein, aber du kannst es! Ranjit, ich weiß, wie sie dich hier ansehen — die anderen Auserwählten, selbst Sir Alric. Du
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