Verborgene Sehnsucht
müssen und … verdammte Hölle. Vielleicht war er doch ein jämmerliches Weichei. Und darum bemüht, die Lücke in seiner Deckung zu schließen – durch die Mac einfach hindurchgeschlüpft war –, wechselte er das Thema. »Wir haben noch … wie lange? Vier Stunden, bis die Sonne untergeht?«
»Ungefähr«, sagte Bas. »Gönn dir ’ne Mütze voll Schlaf.«
Gute Idee. Nach dem Kampf im Hafen, der Suche nach Angela und Macs Verwandlung waren seine Batterien leer. Den anderen ging es nicht besser, und Schlafentzug war kein guter Start in die Nacht. Nicht, solange die Razorback ihr Unwesen trieben. Nicht, solange allerhöchste Konzentration gefragt war, um die Wichser, die seine Gefährtin gekidnappt hatten, aufzuspüren und umzubringen. Und dann? Würde er sich Angela wiederholen. Hoffentlich unversehrt und ohne …
Rikar erstickte den Gedanken. Er weigerte sich, ein Szenario durchzuspielen, das vielleicht niemals wahr werden würde. Tatsachen. Taktik. Er musste sich auf das Kontrollierbare beschränken, darauf, wen er verfolgen konnte, welche Orte am meisten Erfolg versprachen. Als er sich auf dem Boden ausstreckte, ging Rikar die Liste der Möglichkeiten durch. Nachtclubs. Die Universität. Open-Air-Konzerte. Bars. Kunstgalerien. All die Orte, an denen ein Razorback nach Frauen suchen würde, um sich zu nähren.
Ein einfaches Verhör würde ihm die Information, die er brauchte, niemals einbringen … die Koordinaten des Razorback-Hauptquartiers und damit auch Angelas Aufenthaltsort. Die Idioten fürchteten Ivar viel zu sehr, als dass sie ihm etwas verraten würden. Keiner von ihnen würde reden. Was blieb ihm also übrig?
Nichts. Die verdammte Situation ließ ihm nur eine Möglichkeit.
Einen der Abtrünnigen zu verfolgen. Ein gefährlicher Plan? Definitiv. Der Feind konnte ihn genauso wahrnehmen, wie er ihn. Einem der Krieger zu folgen, ohne entdeckt zu werden, würde nicht leicht sein. Verdammt, er wusste nicht einmal, ob es überhaupt möglich war, aber …
Welche andere Wahl hatte er schon? Wenn er sie nicht bald befreite, würde Angela …
Ein Kribbeln lief über Rikars Nacken.
Er schnappte nach Luft und schoss nach oben. Als seine Füße den Boden berührten, schloss er die Augen und konzentrierte sich, versuchte krampfhaft, eine Verbindung herzustellen. Statisches Rauschen erfüllte seinen Kopf, schwoll an und wieder ab, während er dem Signal nachjagte. Himmel, hatte er es sich nur eingebildet? Hatte der Gedanke an sie zu dem Gefühl geführt, als …
Sein Kopf fuhr herum. Da war es wieder. Leise wie ein Flüstern glitt die Empfindung sein Rückgrat hinunter, setzte all seine Sinne in Flammen.
Eine schwere Hand legte sich auf die Lederjacke über seiner Schulter. »Was ist los, Rikar?«
»Angela.«
Bastians Handfläche verschob sich und kam in seinem Nacken zu liegen. »Du weißt, wo sie ist?«
»Verdammt.« Rikar zuckte zusammen, als das Signal hinter seinen Schläfen hämmerte. »Ich kann sie spüren … Bas, sie hat sich aus dem Schutzzauber befreit. Ich kann sie spüren. «
»Wo?« Venom trat an seine andere Seite. »Wo ist sie?«
Rikar senkte mit zusammengebissenen Zähnen den Kopf, tastete sich durch das mentale Rauschen. Der telepathische Flug führte ihn aus Seattle heraus auf die kanadische Grenze zu. »Nördlich der Stadt. Irgendwo im Wald.« Er zitterte am ganzen Körper, als er ihrem Weg folgte, der über die Berggipfel aufstieg. »Verdammt … ich muss los. Ich muss …«
»Die Sonne scheint, Kumpel.« Die Hand seines besten Freundes schloss sich fester um seinen Nacken. Rikar trat einen Schritt vor, um sich aus dem Schraubstock zu befreien. Er hätte es besser wissen sollen. Von so etwas ließ Bastian sich nicht abbringen. Stattdessen trat sein Kommandant ihm entgegen, bis sie Brust an Brust voreinander standen. »Wenn du jetzt gehst … wirst du gebraten.«
»Die Razorback …«
»Sitzen bis zum Sonnenuntergang fest … genau wie wir«, sagte Bastian. Sein vernünftiger Tonfall machte Rikar wütend. »Wenn du sie spüren kannst, ist sie draußen im Freien, wo die sie nicht kriegen können.«
Mit geballten Fäusten schüttelte Rikar den Kopf. Er sollte verdammt sein. Er wusste, dass Bastian recht hatte, aber … bei Gott. Er wollte nicht warten. Angela war dort draußen, alleine, verletzlich, wahrscheinlich halb erfroren in der kalten Bergluft. Wenn er nicht sofort losflog, würden die Razorback sie vielleicht zuerst erreichen.
Er schluckte, versuchte, die Angst um sie
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