Verborgene Sehnsucht
liegend öffnete er die Augen einen Spaltbreit, musterte die Umgebung durch die Wimpern und lauschte. Ein dumpfes Geräusch. Das Schlurfen von Plastik auf Metall. Ein leiser Fluch und der unterschwellige Duft von …
Himmelherrgott. Myst.
Es konnte niemand anders sein. Nicht bei der Pheromonwolke, die ihm entgegenwehte. Der Duft war subtil, aber Forge wohl vertraut. Er hatte acht Monate lang mit ihm gelebt, und auch wenn jede Frau ihre einzigartige Note hatte, so war der Duft einer Schwangerschaft – nach Erneuerung und Wachstum – unverkennbar. Und Myst roch wundervoll, weiblich und nach frisch geschnittenen Lilien.
Forges Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. Hatte er Druckmittel gesagt? Ja, in der Tat, er hatte die Goldader entdeckt und war auf Bastians Schwachpunkt gestoßen.
Sanfte Schritte bewegten sich über den Beton. Das leise Quietschen von Gummi auf Stahl.
Forge sog die Luft ein und sprang auf. In dem Moment, als seine nackten Füße den kalten Boden berührten, war er schon in Bewegung und näherte sich der Vorderseite seiner Zelle. Er trat so nah an die unsichtbare Barriere heran wie möglich und verdrehte den Hals, um in den Flur sehen zu können. Er wollte sehen, wie sie sich näherte, den Moment abpassen, in dem sie in Sicht kam. Die Muskeln entlang seiner Wirbelsäule protestierten, verkrampften sich vor Aufregung. Hatte sie seinen Sohn dabei? Lag er vielleicht genau jetzt schlafend in ihrem Arm?
Bitte, lieber Gott … sei gnädig.
Forge hielt den Atem an und lehnte sich noch ein Stück vor. Die Halsfessel versetzte ihm einen Schlag, und fluchend wich er einen Schritt zurück, verrenkte sich aber immer noch den Hals, um etwas zu sehen, hoffte, betete und …
Sein Herz zog sich zusammen, als ein Kinderwagen in Sicht kam. Rot mit schwarzem Rand erhob sich das Verdeck über der Wanne und verbarg seinen Sohn, aber Forge wusste, dass er da war. Babypuder. Der Geruch ließ ihm die Knie weich werden. Er nahm sich zusammen und stand stocksteif da, aus Angst, die beiden könnten sich in Luft auflösen, wenn er sich bewegte.
Alles war absolut ruhig, bis auf das Quietschen der Gummiräder auf dem Beton.
»Hey«, sagte Myst, als sie ihn entdeckte. Ihre Stimme trieb durch die Stille auf ihn zu, und er bekam Gänsehaut.
Forge schluckte trocken und zwang seine Lungen, sich auszudehnen. Er musste bei Verstand bleiben, aber … verflucht. Er konnte kaum atmen, während er sie anstarrte. Sie war gekommen. Myst Munroe, die Frau, der er alles schuldete und die er nie würde auszahlen können.
Forge nickte ihr zu. Die knappe Begrüßung war alles, was er zustande brachte. Er hatte sich nicht einmal ausgemalt, sie könnte ihn besuchen und … Himmel, ihre Großzügigkeit erschlug ihn beinahe.
Ein Stück entfernt blieb sie stehen und schenkte ihm ein schüchternes Lächeln. »Damit hast du wohl nicht gerechnet, hm?«
Forge schüttelte den Kopf. Verfluchte Hölle. Was war mit ihm los? Rede mit ihr, du Idiot … wickle sie um den Finger … lass sie fühlen, wie groß dein Schmerz ist. Er brauchte einen Verbündeten, und Myst war seine erste Wahl. Eine Frau, die es hasste, andere leiden zu sehen. Aber noch während die Anweisungen durch seinen Verstand schossen, verweigerte seine Stimme ihm den Gehorsam. Die Überraschung überforderte ihn. Ganz zu schweigen von dem großen Respekt, den er ihr entgegenbrachte. Der Krieger in ihm sprach auf den Mut an, den sie an den Tag legte.
Er räusperte sich und versuchte, den Kloß in seiner Kehle hinunterzuschlucken.
Sie warf einen Blick auf das metallene Band um seinen Hals. Das Piep-piep-blink hallte laut durch die Stille. Myst hob die Finger an ihre eigene Kehle, sah ihm in die Augen und sagte: »Das tut mir leid. Bastian vertraut dir nicht.«
Seine Stimme kehrte zurück … Gott sei Dank. »Er ist ein schlauer Mann.«
»Der schlauste.«
»Schlau genug, um zu wissen, dass du hier bist, Kleine … ohne schützende Begleitung?« In der Sekunde, in dem er die Worte aussprach, wollte Forge sich ohrfeigen.
Er sollte sie nicht anfeinden. Nicht, wenn er sie auf seiner Seite haben wollte. Aber das Gewissen, das er so fest entschlossen ignorieren wollte, ließ nicht locker. Er hatte vor, sie zu benutzen, also war es nur gerecht, ihr eine faire Chance einzuräumen … sie irgendwie zu warnen. Und wenn ein kleines Knurren ihr die Spielregeln verdeutlichte, würde er damit leben.
Was überhaupt keinen Sinn ergab. Die bescheuerte Halsfessel verursachte offenbar
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