Verborgene Tränen (Windham-Reihe) (German Edition)
Haus anzutreffen gewesen. Amelie wusste, dass er ihr aus dem Weg ging. In den ersten Tagen hatte sie darauf gehofft, die Zeit würde für sie arbeiten und er sicher irgendwann zur Vernunft kommen. Sie wusste nicht, wie sie diese Kluft zwischen sich überwinden sollten, wenn er ihr keine Gelegenheit zur Wiedergutmachung gab, aber zumindest schien seine Wut verraucht und einer kühlen Gleichgültigkeit gewichen zu sein.
Unglücklicherweise konnte sie ihr Gefühl für Dean von Tag zu Tag weniger als Gleichgültigkeit bezeichnen.
Wann immer sie, wie jetzt, am Fenster stand und ihn auf dem Pferd oder bei der Arbeit beobachtete, schlug ihr Herz schneller. Die Erinnerung an den einen Kuss, den er sich so grob von ihr geraubt hatte, entfachte eine Sehnsucht, die sie nicht benennen konnte, die sie aber in den Nächten wach liegen und atemlos lauschen ließ, wann er endlich sein Schlafgemach betrat. Da es durch eine Tür mit ihrem verbunden war, konnte sie hören, wie er seine Stiefel auszog, Wasser in die Waschschüssel goss und dann oft das Fenster öffnete, ehe er sich zu Bett begab.
Sie stellte sich vor, wie er nackt mit nassem Haar im Mondschein stand. Jede Nacht lauschte sie auf die Geräusche und fragte sich, ob er je daran dachte, die Tür zu ihrem Zimmer zu öffnen? Ob er je an sie dachte, wenn der Wind seine Haut trocknete?
Mit einem Fluch riss sich Amelie von ihren Tagträumen los und beschloss, dass ein Bad genau das Richtige wäre, um ihre überreizten Nerven zu beruhigen. Schließlich hatte sie einiges an Arbeit investiert, um das alte, im orientalischen Stil errichtete Badehaus, welches sich neben dem Haupthaus befand , wieder zum Leben zu erwecken. Sie hatte gebrochene Fliesen austauschen, eine Wasserleitung abdichten und frisches, duftendes Zedernholz für den Dampfkessel aufstapeln lassen.
Über einen sehr raffinierten Mechanismus wurde Wasser entweder über den Dampfkessel verdampft, sodass sich das Badehaus in ein Dampfbad verwandelte, oder erhitzt und in ein im Boden eingelassenes Becken gepumpt, um heiße Bäder genießen zu können.
So ein Bad würde ihre Sinne beruhigen und ihr vielleicht endlich eine entspannte Nachtruhe ermöglichen. Sie bat sogleich ihre Zofe, alles vorzubereiten.
Erschöpft, aber zufrieden schloss Dean die Schlafzimmertür hinter sich. Die Pferde waren untergebracht und gut versorgt. Damit hatte er alles erledigt und seine Anwesenheit hier auf Woodland House war nicht länger zwingend nötig. Und das war mehr als gut so! Es fiel ihm von Tag zu Tag schwerer, seiner Frau gegenüber den Gleichgültigen zu spielen. Er musste ihr inzwischen sogar aus dem Weg gehen, denn er fürchtete jedes Mal, wenn er ihre engelsgleiche Gestalt irgendwo erblickte, sie endlich für das, was sie ihm angetan hatte, zu strafen.
Aber die Richtung, in die seine Rachegedanken schweiften, beunruhigte ihn. Er wollte ihr am liebsten die Kleider vom Leib reißen und ihr zeigen, wie es wirklich war, seine Frau zu sein! Ihr deutlich machen, worauf sie sich eingelassen hatte, als sie ihre Falle über ihm hatte zuschnappen lassen. Sie mit seinem Körper zu seiner Sklavin zu machen, danach verlangte es ihn! Und das war es auch, was ihn ruhelos werden ließ, sobald er sein Gemach betrat. Zu wissen, dass er sich seine Rache nur nehmen brauchte – auf der anderen Seite dieser Tür –, war fast mehr, als er ertragen konnte, und selbst die eisige Luft der sternklaren Frühlingsnächte schaffte es nicht, sein Verlangen zu lindern.
Es wurde Zeit, Lady Rochester einen Besuch abzustatten, ehe er sich vor seiner werten Gattin blamierte.
Er zog die Klingelschnur, und sein Kammerdiener kam mit einer Flasche Whisky und der Zeitung herein. Dean ließ sich ein Glas reichen und nippte an der goldenen Flüssigkeit.
„Da nun die meisten Dinge hier geregelt sind, Peter, werde ich für einige Tage nach London fahren. Bereite bitte alles dafür vor.“
„Natürlich, Mylord. Ich werde sogleich Lady Amelies Zofe anweisen, deren Garderobe zusammenzustellen.“
„Das wird nicht nötig sein. Die Lady wird mich nicht begleiten. Ich werde nicht lange fort sein, und Lady Weston ist noch sehr mit dem Haus beschäftigt.“
„Oh ja, Lady Amelie hat ein wunderbares Gespür für das Haus. Habt Ihr gesehen, was sie aus dem Morgenzimmer gemacht hat? Und erst das alte Badehaus … es ist ein Wunder“, schwärmte Peter. Dean räusperte sich, da es ihn störte, dass das Personal seiner ungewollten Ehefrau offenbar
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