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Verborgene Tränen (Windham-Reihe) (German Edition)

Verborgene Tränen (Windham-Reihe) (German Edition)

Titel: Verborgene Tränen (Windham-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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so große Zuneigung entgegenbrachte. 
     
    Zwei Gläser Whisky später schritt Dean unruhig in seinem Gemach auf und ab. Die Zigarre, die er sich eben angesteckt hatte, glomm unbeachtet vor sich hin und verfehlte heute ihre ansonsten immer beruhigende Wirkung. Peters Schwärmerei wollte Dean nicht mehr aus dem Kopf, und er hatte ein schlechtes Gewissen. Obwohl er die positiven Veränderungen im Haus sehr wohl bemerkte, brachte er es nicht über sich, Amelie dafür zu danken.
    Er hatte die Augen vor allem verschlossen, was für ihn nach einem gemütlichen Heim aussah, denn das Wichtigste, eine liebevolle, ehrliche Frau, die dieses Haus für ihn zu einem Heim machen würde, fehlte ihm.
    Trotzdem beschloss er hinunterzugehen und sich selbst davon zu überzeugen, dass alles, was Amelie geschaffen hatte, nur ein Trugbild, eine schlechte Kopie eines glücklichen Heims war.
    Schon in der Halle war ihr weiblicher Einfluss nicht zu übersehen. Ein Bouquet aus herrlichen Frühlingsblumen auf dem Tisch verströmte seinen betörenden Duft, und die Lüster an den Wänden waren auf Hochglanz poliert worden. Ein dicker runder Teppich bedeckte den Boden, und die Stuckrosen über den Türen erstrahlten in einem frischen, pastellfarbenen Anstrich.
    Mit verkniffener Miene öffnete Dean die Tür zum Morgenzimmer. Das Mondlicht flutete den Raum, wie es sonst nur die Morgensonne tat. Im bläulichen Schimmer offenbarte sich dem Hausherrn das Geschick, mit dem Amelie den Raum eingerichtet hatte. Zwei helle Sessel waren so ausgerichtet, dass man darin den Sonnenaufgang beobachten konnte. Ein filigranes Tischchen aus Rosenholz mit zart gedrechselten Beinen und einer Spitzendecke darauf bot genug Platz für das feine Teeservice und einen Teller Kekse.
    Dean bückte sich nach einer leichten Decke, die in der Fensternische auf dem Boden lag. Sogleich stieg ihm Amelies Duft in die Nase. Sie roch doch nicht wirklich nach Kuchen? Seine Sinne mussten ihm einen Streich spielen. Er hob die Decke an sein Gesicht und atmete den warmen Hauch von Weiblichkeit ein. Hatte sie hier gestanden und den Sonnenaufgang beobachtet? Hatte sie sich in die Decke gehüllt, um sich zu wärmen? Er ließ seinen Blick aus dem Fenster schweifen. Über die Wiesen und Felder, über den nahen Waldrand, der dem Haus seinen Namen gegeben hatte, hinüber zu den Stallungen. 
    Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf über einen Gedanken, der ihm gerade gekommen war. Nein, sicher hatte Amelie nicht hier gestanden, um ihn zu beobachten. Bestimmt hatte sie noch in ihrem warmen Bett gelegen, als er heute Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen sein Pferd aus dem Stall geführt und es in der klaren Frühlingsluft gestriegelt und gesattelt hatte. Das war natürlich Unsinn. Die Decke konnte schon viel länger hier liegen.
    Etwas unwillig musste er sich zwingen, seinen Herzschlag, der sich auf unerklärliche Weise beschleunigt hatte, wieder zu beruhigen, als er, noch immer grübelnd, den Weg ins Badehaus antrat, um zu sehen, was Peter zu solchen Lobeshymnen veranlasst hatte. 
     

     
    Amelie blinzelte. Der dichte Dampf aus dem Kessel verschleierte die Luft, und sie konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Sie musste sich von Peter morgen die Funktionsweise des Kessels noch einmal erklären lassen. Sie hatte nicht vorgehabt, ein Dampfbad zu machen, aber bis sie den Hebel gefunden hatte, der das Ausströmen des Wasserdampfes verhinderte, war es schon zu spät. Jetzt füllte sich das Becken mit heißem Wasser, und die Mischung aus Milch, Honig und Rosenblättern, welche ihre Zofe ins Becken gegeben hatte, verströmte einen wunderbaren Duft. Im flackernden Licht der Kerzen streifte sie sich die Träger ihres Kleides von der Schulter und schlüpfte aus ihren Schuhen. Sie löste die Nadeln aus ihrer Frisur und schüttelte den Kopf, um die goldenen Strähnen zu befreien.
    Der Schweiß hatte ihr Haar im Nacken befeuchtet, und auch zwischen ihren vollen Brüsten hatten sich Schweißperlen gebildet. Amelie schmeckte das Salz auf ihren Lippen. Barfuß und nur im Hemd trat sie an die inzwischen volle Wanne und streckte eine Zehe hinein. Es war herrlich. Ihr letztes Kleidungsstück sank zu Boden, und der heiße Dampf küsste ihre Haut, als ein eisiger Luftzug für einen kurzen Moment den weißen Schleier durchbrach.

 
Kapitel 7
     
    London
     
    E r war erleichtert, den kühlen Lauf der Pistole an seiner Wade zu spüren. Aber er ging nicht davon aus, heute in Gefahr zu sein, denn seinem Gegner

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