verboten gut
verlieren.
Unvermittelt holte Marc mit dem Arm aus. Immer wieder schlug er mit der Faust gegen die Rinde des Baumes, bis Blut über seine Finger lief. Über seinen Knöcheln war die Haut abgeschürft, aber Marc spürte keine Schmerzen, nicht an seiner Hand. Der Schmerz brannte viel tiefer in ihm, in seinem Herzen.
***
Josh fühlte auch in den nächsten Wochen Marcs intensive Blicke in seinem Rücken, doch wenn er sich umdrehte, strafte Marc ihn mit Nichtbeachtung. Josh versuchte sich trotz des Gefü hlschaos nicht von seinem Studium ablenken zu lassen, auch wenn das unglaublich schwer war. Sogar na chts träumte er fast nur von Marc. Außerdem kam noch hinzu, dass ihm seine Mutter mitgeteilt hatte, sie würde Weihnachten bei ihrem neuen Freund verbringen. Josh sei selbstverständlich eingeladen. Er verspürte allerdings nicht den Wunsch, seiner Mutter beim Turteln zuzusehen und dafür extra nach Kapstadt zu fliegen, wenn es ihm selbst hundeelend ging. Außerdem war das seine erste Chance auf weiße Weihnachten. In Kapstadt war es jetzt sommerlich warm.
Kirsten verbrachte die Ferien natürlich mit Brian – zwischen ihnen schien es ernst zu sein –, weshalb es Josh noch ein wenig schlechter ging. Er würde an Weihnachten seinen Kumpel Nick in New York besuchen und danach zu seinem Dad fahren. Ein Treffen mit Nick war längst überfällig, er hatte ohnehin schon ewig bei seinem ehemals besten Schulfreund vorbeisehen wollen. Zuvor musste er allerdings noch das zwischen ihm und Marc klären. Er musste endlich wissen, was passiert war, oder er würde in den Ferien noch verrückt werden! Er konnte sich selbst nicht erklären, warum er Marc immer noch hinterhertrauerte. Marc war ein selbstverliebtes Arschloch, dem andere völlig egal waren. Er schien nur für den Augenblick zu leben, für den Spaß. Das hatte Josh zumindest über Marc gehört. Na ja, von einem ehemaligen Lover. Josh selbst hatte ihn nie so erlebt.
Es war der Ausdruck in Marcs Augen, der Josh nicht zur Ruhe kommen ließ. Kirsten hatte ihn ja auch bemerkt. Josh musste endlich wissen, was los war.
Am letzten Tag vor den Ferien sammelte er all seinen Mut, um Marc noch einmal gegenüberzutreten. Es war Nachmittag, die meisten Studenten packten schon ihre Sachen zusammen, denn morgen Früh war Abreise. Über vier Monate waren vergangen, es war Winter, aber bisher noch kein Schnee gefallen. Dafür hatte sich die eisige Kälte in Joshs Herz geschlichen. Er würde ein letztes Mal einen Versuch wagen – ja, das hatte er jetzt schon hundert Mal gesagt, doch diesmal meinte er es absolut ernst! – und dann die Sache abhaken, obwohl er über sich selbst den Kopf schüttelte. Sie hatten gerade mal eine Nacht zusammen verbracht und er Idiot hatte sich gleich hoffnungslos verlieben müssen. Er kannte Marc kaum, wusste so gut wie nichts von ihm – und dennoch: Tief in seinem Herzen wusste Josh, dass er und Marc füreinander bestimmt waren und dass Marc immer noch etwas für ihn empfand. Diese beinahe verzweifelten Blicke – sie gingen ihm einfach nicht aus dem Kopf.
Josh sprintete die Treppen zum ersten Stock hinunter, wobei er zahlreichen Kommilitonen ausweichen musste, die von einem Ort zum anderen hetzten, weil sie noch Bücher zurückbringen mussten oder andere lästige Dinge erledigen, die man immer bis zum Schluss vor sich herschob. Es herrschte Aufbruchstimmung, das allgemeine Chaos vor den Weihnachtsferien, wie es Josh schon von seiner ehemaligen Uni kannte. Er wünschte sich wie so oft, sein Vater hätte ihn nie auf dieses Elite-College geschickt, denn dann wäre er Marc nie begegnet und sein Leben noch in Ordnung. Na ja, fast in Ordnung. Wirklich berauschend war es ja nicht gewesen.
Als er vor Marcs Tür stand, zögerte er nicht lange, sondern klopfte beherzt an.
»Es ist offen!«, tönte Marcs Stimme durch das Holz.
Nachdem Josh tief eingeatmet hatte, trat er ein und schloss die Tür sofort wieder. Er sah Marc, der am Boden vor einem aufgeklappten Koffer hockte, um seine Wäsche einzuordnen. Er hatte wohl noch nicht bemerkt, wer bei ihm im Zimmer stand, denn er ließ sich nicht stören, konzentrierte sich darauf, irgendwie sein ganzes Zeug, das sich neben ihm auf dem Teppich stapelte, in den Koffer zu bekommen: T-Shirts, Hosen, Unterwäsche.
Josh schluckte, als er Marcs breiten Rücken musterte, über den sich der Stoff seines Pullovers spannte. Er konnte sich kaum noch daran erinnern, wie sich Marcs Körper angefühlt hatte, wie er duftete,
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