Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
sie.“
„Richtig.“ Jackson legte die Fingerspitzen aneinander. „Er macht sie bereit für Gott.“
„Aber er hat Sex mit ihnen, nachdem sie tot sind. Nachdem er sie zu Gott geschickt hat. Das begreife ich nicht. Dieses Stück des Puzzles passt für mich nicht hinein.“
„Vielleicht hält er sich für Gott. Er kennzeichnet sie mit dem Kreuz, gibt ihnen sein Brandzeichen.“
„Und der Apfel ist die verbotene Frucht.“
„Bingo.“
Santos sprang rastlos auf. Der Drang, etwas tun zu müssen, machte ihn schier verrückt. „Gott erklärte den Apfel zur verbotenen Frucht. Die Schlange führte Eva in Versuchung, den Apfel zu kosten. Sie tat es und reichte den Apfel an Adam weiter.“
„Lebe wohl Paradies, hallo Ursünde.“
„Und diese Mädchen machen das auch“, fuhr Santos fort. „Sie hosten den Apfel, sie sündigen. Sie müssen gereinigt werden von ihren Sünden. Das tut er, indem er sie umbringt. Er glaubt, er tut ihnen einen großen Gefallen, der kranke Bastard.“
Santos ging zum Wasserspender, kam zurück und spannte die Finger. Er blieb vor Jackson stehen. „Also, wo ist das Sperma? Wo ist der biologische Beweis, der zu einem Sexualverbrechen gehört?“
Jackson verschränkte die Finger. „Du denkst an einen Fremdkörper?“
„Ja, vielleicht.“ Santos verengte nachdenklich die Augen. „Oder … unser Typ könnte eine Frau sein.“
Jackson schwieg verblüfft. „Nein, das glaube ich nicht“, widersprach er nach einer Weile.
„Aber es ist eine Möglichkeit.“
„Ja natürlich. Bei unserem Ermittlungsstand ist allerdings alles möglich.“
Jackson hatte Recht. Sie hatten praktisch nichts außer sechs Leichen. Verdammt!
Santos fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. „Die Mädchen passen auf, sie werden vorsichtiger. Sie kennen seine Arbeitsweise. Das Problem ist, wenn er hier nicht mehr zum Zuge kommt, zieht er weiter.“
„Und wir kriegen ihn nicht.“
„Wir müssen aber. Wir haben ihn direkt vor der Nase.“ Santos zögerte und dachte laut nach: „Er kommt regelmäßig ins Quarter, da bin ich sicher. Er ist jemand, den diese Mädchen kennen. Sie vertrauen ihm, sonst hätten wir früher schon Kampfspuren an den Opfern bemerkt. Ich habe da so ein Gefühl.“
Jackson wippte mit seinem Stuhl zurück, die Arme vor der Brust verschränkt. „Sehen wir uns noch mal dieses Kruzifix an.“
Santos zog auf seiner Schreibtischseite die rechte obere Schublade auf, holte ein halbes Dutzend Schmuckkästchen heraus und warf sie auf den Tisch. Sie enthielten billige Blechkruzifixe, wie der Killer sie benutzte, um seine Opfer zu brandmarken. Alle waren im French Quarter hergestellt.
In einer so katholischen Stadt wie New Orleans, wo die Vorstellungen von Sünde und Erlösung so tief in den Menschen verwurzelt waren, durchdrang die Religion alle Lebensbereiche. Sogar das Bacchanal des Mardi Gras hatte seine Wurzeln im Katholizismus. Religiöse Dinge wie Kruzifixe wurden in jedem Touristenladen angeboten, manchmal auf demselben Regal mit Kaffeebechern in Busenform oder Reizwäsche.
Santos nahm ein Kruzifix und hielt es betrachtend hoch. „Das hier habe ich neulich bei einem Bibelverkäufer an der Ecke Royal und St. Peter gekauft.“ Er legte es ins Kästchen zurück und nahm ein anderes, das sich kaum vom ersten unterschied. „Das hier ist aus dem Cabildo-Geschenkeshop …“ Er nahm ein weiteres. „Und das hier ist aus dem Voodooladen auf der Bourbon.“ Santos ließ es über die Finger gleiten und legte es zurück. „Keine Zeugen, keine Hinweise. Verdammt.“
„Was ist mit diesen Burschen aus dem St. Charles?“ Jackson studierte die Fotos. „Ich bin nicht sicher, ob ich die Alibis abkaufe.“
„Wurden überprüft.“
„Ja, aber wenn du mich fragst, stinken zwei wie die Krabbenbrote von letzter Woche.“ Jackson beugte sich mit eindringlichem Blick vor. „Einer hatte die Möglichkeit. Er geht zu Nutten, und er ist oft im Quarter.“
„So wie der bei der Befragung zusammengeklappt ist? Der Junge ist kein Killer.“ Santos kehrte an seinen Tisch zurück, setzte sich und nahm eines der Fotos auf. Er betrachtete es stirnrunzelnd und legte es wieder hin. „Wie der auseinander fiel, als wir die Daumenschrauben angelegt haben, ich sage dir, der hätte gestanden, wenn er es gewesen wäre. Der Bursche ist nicht unser Typ.“
„Ich bin nicht überzeugt. Ich denke immer noch, wir hätten …“ Jackson verstummte. „Dreh dich nicht um, Partner, aber da kommt Ärger auf dich
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