Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte
noch?“
„William.“ Glory fragte besorgt: „Mutter, wie klein ist dieses Dinner?“
„Nur zwanzig Personen.“ Sie winkte mit der rechten Hand ab. „Du brauchst dich um nichts zu kümmern. Ich habe schon alles mit dem Restaurantmanager und dem Küchenchef besprochen. Es ist alles erledigt. Du musst nur noch dazukommen.“
Und für alles zahlen. Glory seufzte resigniert: „Wir haben darüber gesprochen, Mutter. Du kannst nicht dauernd Leute einladen. Du kannst nicht über Räume, Essen und Personal verfügen. Das Hotel kann sich diesen Lebensstil nicht länger leisten.“
„Ich tue, was mir passt, Glory Alexandra“, erklärte ihre Mutter ruhig, in gemessenem Ton. „Es ist mein Hotel.“
„Du verstehst nicht. Wenn du so weitermachst …“
„Ich verstehe sehr gut. Aber warum die Mühen mit dem Hotel, wenn wir nicht seine Vorteile genießen können?“
„Das Hotel ist unser Geschäft, Mutter, unser Lebensunterhalt. Aber es ist noch mehr. Es ist …“
„Was?“ spottete Hope. „Dein Erbe? Teil deiner Familie? Ohne die Schenkungen wäre es nichts weiter als ein Mühlstein um den Hals.“
„Ein Mühlstein um den Hals?“ wiederholte Glory verblüfft. „Wenn du so über das Hotel denkst, warum hast du es dann mit deinem Familienvermögen gerettet?“
„Weil dein Vater unseren Privatbesitz verkaufen wollte, um die Schulden zu tilgen. Er wollte unser Haus beleihen und das Sommerhaus, meine Juwelen und den Rolls verkaufen. Das war inakzeptabel.“ Angewidert fügte sie hinzu: „Die Leute hätten über uns geredet und hinter dem Rücken über uns gelacht. Das wollte ich nicht.“
„Und jetzt, Mutter? Was ist, wenn jetzt Gerede entsteht?“
Hope sah ihrer Tochter entschlossen und kalt in die Augen. „Natürlich würde ich alles Notwendige veranlassen, das zu unterbinden.“ Damit verließ sie das Büro, und ihre Worte hallten in Glorys Kopf nach.
42. KAPITEL
Liz lag mitten in dem zerwühlten Bett, starrte an die Decke und machte sich Gedanken. Santos war schon vor Stunden, im Morgengrauen, gegangen. Seither hatte sie kein Auge mehr zugetan.
In diesem Moment könnte er mit Glory reden, ihr in die Augen sehen, sich an alles erinnern und sie zurückhaben wollen.
Sie musste daran denken, mit welcher Leidenschaft, welchem Hunger Santos und Glory sich früher angesehen und berührt hatten. Und ihre Fantasie gaukelte ihr vor, wie sie sich heute verhalten könnten: Zwei Erwachsene, die genau wussten, was sie voneinander wollten und was sie einander geben konnten.
Liz zog sich stöhnend ein Kissen über den Kopf und verwünschte ihre Unsicherheit und ihre verräterischen Gedanken. Er würde Glory nicht zurückhaben wollen. Er hasste sie genauso, wie sie es tat. Das hatte er gesagt.
Sie atmete tief ein. Das Kissen roch nach Santos. Sie presste das Gesicht tiefer hinein, begierig nach dem Geruch.
Sie liebte Santos so sehr.
Aber er liebte sie nicht.
Wieder stöhnend, setzte Liz sich auf. Er liebte sie noch nicht. Er mochte sie, sehr sogar, das hatte er gesagt. Er war gern mit ihr zusammen, und er schlief gern mit ihr. Doch er hatte keinen Wunsch nach Dauerhaftigkeit, nach Liebe oder der Art Bindung, die sie nach sich zog.
Liz erkannte an, dass er ehrlich mit ihr war. Sie spürte die Distanz, die er wahrte, die Mauern, die er um sich errichtete. Es gab Dinge in seinem Leben, die er nicht mit ihr teilte: seine Gefühle, seine Hoffnungen, seine Träume, sein Herz.
Schuld war Glory. So wie sie ihr die Zukunft gestohlen hatte, hatte sie Santos der Fähigkeit beraubt, zu lieben und zu vertrauen. Sie hatte sein Herz gestohlen.
Liz umarmte das Kissen und presste es an sich. Sie schliefen jetzt seit fast zwei Monaten miteinander, seit ihrer dritten Verabredung. Sie war die treibende Kraft gewesen, schamlos, lüstern. Aber sie hatte sich so sehr nach ihm gesehnt und nicht länger warten mögen. Ihr schien es ohnehin, als hätte sie schon eine Ewigkeit auf ihn gewartet. Weil sie ihn schon ewig liebte.
Sie zog die Knie ans Kinn. Santos brauchte Zeit. Allmählich würde er erkennen, wie gut sie füreinander waren.
Wenn Glory ihn nicht vorher wieder stahl.
Liz presste das Gesicht auf die angezogenen Knie. Sie dachte an Santos’ Reaktion vor zwei Stunden, als er erfahren hatte, dass er zum St. Charles musste. Sie versuchte sich an jedes Wort und an jede Nuance seines Mienenspiels zu erinnern. Das Morddezernat hatte wegen eines neuen Falls angerufen. Sie war durch das Telefon geweckt worden und hatte
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