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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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aufwächst. Das ist alles.“
    „Ja, Daddy“, murmelte sie, obwohl sie ihm nicht glaubte. Und ein verstohlener Blick verriet ihr, dass auch er es nicht glaubte. Sie wusste instinktiv, dass auch er sich fragte, was mit Glory nicht stimmte, dass ihre Mama sie nicht liebte.
    Das tat so weh, dass sie sterben wollte.
    „Püppchen, was ist los?“
    „Nichts, Daddy“, antwortete sie kleinlaut.
    Sie schwieg einen Moment, wünschte jedoch insgeheim, dass er die Frage wiederholte und darauf bestand, dass sie ihm die Wahrheit sagte. Stattdessen fragte er aufgesetzt heiter: „Hast du dir schon überlegt, was du zum Geburtstag haben möchtest?“
    Sie sah nicht auf, das Tischtuch schwamm vor ihren Augen. „Bis dahin sind noch zwei Monate.“
    „Zwei Monate sind nicht lang.“ Die Tasse klapperte, als er sie auf die Untertasse stellte. „Du musst doch darüber nachgedacht haben.“
    Das hatte sie in der Tat. Sie wünschte sich dasselbe wie jedes Jahr. Dass Mama mich liebt.
    „Nein“, flüsterte sie, ohne aufzusehen. „Habe ich nicht.“ „Nun, mach dir keine Sorgen.“ Er langte über den Tisch und bedeckte ihre ineinander verkrampften Finger mit seiner Hand. „Dein Dad hat sich etwas Besonderes ausgedacht. Etwas, das dem achten Geburtstag seiner kostbaren Puppe angemessen ist.“
    Als sie nicht antwortete, drückte er ihr die Hände und ließ sie los. „Machen wir noch einen raschen Rundgang durchs Hotel, ehe wir heimfahren.“
    Sie zuckte die Achseln und kämpfte immer noch mit den Tränen. „Okay.“
    Während sie über die Flure schlenderten, fühlte Glory sich zuerst noch so traurig, dass sie ihren Rundgang gar nicht wie sonst genießen konnte. Doch nach einer Weile gewannen der Zauber des St. Charles und der Zauber, mit ihrem Dad zusammen zu sein, wieder die Oberhand. Ihr Dad liebte sie. Und sie teilten die Liebe zu diesem Hotel. Hier konnte sich ihre Mutter nicht zwischen sie stellen.
    Nachdem sie alle Flure inspiziert und sich vergewissert hatten, dass alles in Ordnung war, holte Philip den Fahrstuhl. Ihre Tour war beendet. „Die Belegung ist der Schlüssel“, sagte ihr Vater, als sie in die leere Kabine traten und er den Knopf fürs Erdgeschoss drückte. „Man muss das Hotel ausgebucht halten. Leere Zimmer bedeuten nicht nur kein Einkommen, sie kosten Geld. Die Kosten für Personal und Unterhaltung des Hauses sind gleich, ob das Hotel zu zwanzig Prozent belegt ist oder zu hundert. Verstehst du das?“
    Sie nickte, und er fuhr fort: „Du darfst nie deine Chefposition ausnutzen. Die Bedürfnisse der Gäste kommen immer vor den eigenen. Verschenke nie einen Raum oder einen Service, den du verkaufen könntest. Ich weiß, es ist verlockend und macht Spaß, für Freunde verschwenderische Dinners oder Partys zu geben. Aber im Laufe der Jahre habe ich Hoteliers auf diese Weise Bankrott gehen sehen. Sie haben ihre Hotels ganz oder teilweise verloren. Das darf dem St. Charles nie widerfahren. Wir haben es gehalten, weil wir gute Geschäftsleute sind. Die Belange des Hotels kommen immer zuerst.“
    „Ich könnte es nicht ertragen, wenn wir das St.Charles verlieren würden“, sagte sie leise und blickte zu ihm hoch. „Ich liebe es.“
    „Das ist gut. Denn eines Tages wird es dir gehören.“ Die Fahrstuhltüren glitten auf, doch ihr Vater ging nicht hinaus. Stattdessen nahm er ihre Hand und hielt sie fest. „Das St. Charles liegt dir im Blut, Glory. Es ist so sehr ein Teil von dir, wie deine Mutter und ich es sind. Es ist dein Erbe.“
    „Ich weiß, Daddy.“
    Er drückte ihre Hand fester und sah Glory eindringlich an. „Du darfst nie vergessen: Familie und Erbe sind alles. Sie sagen dir, wer du bist und wer du sein wirst. Vergiss das nicht“, wiederholte er. „Familie und Erbe kann dir niemand wegnehmen.“

 
9. KAPITEL
    Glory erwachte plötzlich, jedoch ohne Schrecken. Sie öffnete die Augen nicht, aber sie wusste, dass ihre Mutter neben dem Bett stand und auf sie hinabstarrte. Sie spürte ihren Blick wie ein Brandmal.
    Sekunden verstrichen und wurden zu Minuten. Glory ließ die Augen geschlossen. Sie wollte ihrer Mutter nicht zeigen, dass sie wach war. Und sie wollte ihren Blick nicht sehen. Sie wusste von unzähligen früheren Malen, wie der aussah und wie sie unter ihm litt.
    Glory begann unter der leichten Decke zu schwitzen. Ihr Herz pochte so heftig, dass sie fürchtete, ihre Mutter müsste es sehen. Die Zeit verging im Schneckentempo. Allmählich konzentrierte Glory sich mit allen Sinnen auf

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