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Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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„Du brauchst Hilfe, Junge. Ich lasse dich nicht gern allein, aber ich wohne ein Stück die Straße hinunter.“ Sie wies in die Richtung. „Ich rufe die 911 und bin gleich …“
    „Nein … nein. Mir … mir geht es gut.“
    Entsetzt sah Lily zu, wie er sich mühsam aufsetzte, das Gesicht von Schmerzen verzerrt. „Dir geht es gar nicht gut.“ Sie streckte eine Hand aus, um ihn aufzuhalten. „Junge, du könntest schwer verletzt sein …“
    „Ich bin nicht Ihr Junge.“
    Obwohl es kaum mehr als ein raues Flüstern war, hörte sie den Trotz und die Bitterkeit heraus. Worte und Tonfall verrieten viel über ihn, Dinge, von denen er nicht gewollt hätte, dass sie sie erfuhr.
    Obwohl sie Mitleid mit ihm hatte, wusste sie doch, dass sie einem Jungen wie ihm keinesfalls nachgeben durfte. „Du bist verletzt“, sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Ich weiß nicht, wie schwer. Wenn du mir hilfst, dass ich dich ins Auto bringen kann, fahre ich dich ins Krankenhaus. Wenn das nicht geht, rufe ich die 911 an.“
    Sein Blick war ängstlich. Der Junge griff nach ihrer Hand. „Rufen Sie niemand“, brachte er schwach hervor. „Es geht mir gut. Wirklich.“ Wie zum Beweis seiner Behauptung, begann er aufzustehen.
    Und endete zusammengesackt auf den Knien.
    Lily geriet in Panik. „Und wenn du noch so starrköpfig bist. Ich kann und werde dich nicht hier zurücklassen. Da ich dich angefahren habe, bin ich für dich verantwortlich.“
    Er sah sie an, und die Verzweiflung in seinem Blick verriet ihr alles. „Nein … bitte, vergessen Sie’s“, sagte er, als er wieder zu Atem gekommen war. „Es geht mir gut. Versprechen Sie mir, dass Sie niemand … anrufen.“
    Zwischen Pflicht- und Mitgefühl schwankend, faltete Lily die Hände. Der Junge steckte in irgendwelchen Schwierigkeiten. Er lief vor jemand oder etwas davon. Vielleicht vor dem Gesetz, doch das bezweifelte sie. Er hatte den Blick des Gejagten, des Außenseiters, nicht des Kriminellen.
    Aber er war verletzt, vielleicht auch innerlich. Er sprach leicht schleppend, und er konnte kaum stehen vor Schwindel oder Schmerzen. Wie sollte sie seiner Bitte nachgeben? Das war unmöglich.
    Allerdings kannte sie jemand, den sie konsultieren konnte. Ein alter Freund, der keine Fragen stellte. Doch das wollte sie dem Jungen noch nicht mitteilen.
    „Von mir hast du nichts zu befürchten“, tröstete sie leise. „Und ich benachrichtige niemand, wenn du mit mir kommst.“ Als er etwas einwenden wollte, schnitt sie ihm das Wort ab. „Ich kann dich nicht hier zurücklassen, also hast du folgende Wahl. Entweder du kommst mit mir, oder ich hole die Polizei. Ich denke, du hast nicht die Kraft, vor denen zu flüchten. Falls doch, probier es.“
    Sie nahm sein Schweigen als Zustimmung. „Freut mich, dass wir einer Meinung sind. Und jetzt werde ich versuchen, dich zu meinem Wagen zu bringen. Du musst mir helfen, denn ich bin zu alt und zu schwach, um dich zu tragen.“ Sie griff ihm unter den Arm und stützte ihn. „Wie schon gesagt, ich lebe ein Stück die Straße hinunter. Ich werde mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist mit dir. Bei mir bist du sicher, bis du dich kräftiger fühlst, deinen Weg fortzusetzen.“
    Er zögerte, als erwäge er Protest, dann nickte er jedoch. Sie gingen zum Wagen, und bei jedem Schritt stützte er sich schwerer auf sie, obwohl sie spürte, dass er es ungern tat.
    Sie brauchten einige Minuten. Schließlich erreichten sie das Auto. Lily half ihm, sich auf den Beifahrersitz zu setzen. Danach stieg sie auf der Fahrerseite ein, und sie fuhren die paar Hundert Meter zu ihrem Haus. Als sie in ihre Einfahrt bog, gestattete sie sich einen genaueren Blick auf ihren unfreiwilligen Begleiter.
    Er sah stur geradeaus und hielt sich starr, als sei er auf der Hut, um notfalls sekundenschnell zu flüchten. Seine Lippen waren zu einer schmalen Linie gepresst, und Lily spürte, wie viel Mühe es ihn kostete, nicht im Sitz zusammenzusacken.
    Armer Junge, dachte sie und verstand ihn besser, als er es für möglich gehalten hätte. Sie wusste, was es hieß, ein Außenseiter zu sein, der nirgendwohin gehörte.
    Allein und immer allein.
    Lily atmete tief durch. Der Herr hatte sich eine harte und angemessene Strafe für ihre Sünden ausgedacht. Wie viel schlimmer konnte doch diese irdische Hölle sein als die Feuer, die sie erwarteten.
    Voller Schmerz und Sehnsucht umklammerte sie das Lenkrad fester. Mein Darling Hope. Meine hübsche Glory. Sie sehnte

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