Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
Vom Netzwerk:
geht.“
    „Wenn Sie schon geplant hatten, dass ich auf der Couch schlafen soll, warum haben Sie mich dann noch nach meinen Wünschen gefragt?“ erkundigte er sich ärgerlich.
    „Ich hatte nicht geplant, dass du hier schläfst. Aber ich wusste einfach, wie du dich entscheiden würdest. Trotzdem habe ich dir die Wahl gelassen.“
    „Tatsächlich?“ erwiderte er zweifelnd. Wie jeder Erwachsene, den er im letzten Jahr kennen gelernt hatte, steckte Lily Pierron voller Überraschungen. „Und woher wollen Sie das gewusst haben?“
    „Weil die Couch näher an der Haustür ist, natürlich.“
    Dass sie Recht hatte, ärgerte ihn. „Also, was ist das mit Ihnen und diesem alten Knaben? Ist er Ihr Freund oder so was?“
    „Smith“, erwiderte sie leise, aber ruhig, ohne auf seine Frage einzugehen. „Das ist ein ziemlich gewöhnlicher Name, was?“
    Er reckte trotzig das Kinn vor. „Sie glauben mir nicht?“
    „Das habe ich nicht gesagt, oder?“
    „Das war auch nicht nötig.“ Er ließ den Blick durch den großen, opulent ausstaffierten Raum wandern. „Ein bisschen schrill, wie?“
    „Es diente seinem Zweck.“ Sie ging zur Tür. „Ich habe noch eine zusätzliche Decke hingelegt, falls dir kalt werden sollte. Ich werde alle zwei Stunden nach dir sehen, also erschreck dich nicht, wenn du aufwachst und ich im Zimmer stehe.“
    Santos schimpfte leise vor sich hin. Die Frau war unerschütterlich. Wenn er etwas gelernt hatte auf seiner Odyssee durch das Pflegeeltern-System, dann, wie man jemand aus der Reserve lockte. Oft war ihm das als einzige Waffe geblieben, um zurückzuschlagen oder seine Unabhängigkeit zu beweisen, wenn er in Ruhe gelassen werden wollte.
    Es reizte ihn, diese Frau aus der Fassung zu bringen. Er schaute sich noch einmal gründlich um und sah Lily dünn lächelnd an. „Leben Sie allein, Lily?“
    Sie erwiderte ruhig: „Ja, Todd, das tue ich.“
    Er hatte erwartet, dass sie log, dass sich Angst oder Misstrauen in ihren Blick schlichen. Beides hatte er nicht entdeckt. Sie war ehrlich. Er senkte den Blick und hatte unwillkürlich Respekt vor ihr.
    „Warum willst du das wissen, Todd? Willst du mich im Schlaf ermorden oder nur ausrauben?“
    „Das dürfen Sie raten.“
    Sie lachte in einer Mischung aus Belustigung und Verzweiflung. „Materielle Werte bedeuten mir nichts, Todd. Und wenn du mich umbringst. Nun ja, ich habe eigentlich nichts, für das sich zu leben lohnt.“ Ohne auf seine Antwort zu warten, ging sie zu den Doppeltüren des Salons und drehte sich dort noch einmal zu ihm um. „Lass uns einen Handel schließen, Todd Smith. Ich erwarte nichts von dir, und du erwartest nichts von mir. Du stellst keine Fragen, und ich stelle auch keine. Und wenn Todd Smith nicht dein richtiger Name ist, ist mir das auch egal.“
    Santos erwachte von dem appetitanregenden Duft von gebratenem Speck. Er öffnete die Augen, und die Erinnerung an die Ereignisse der letzten Nacht kehrte schlagartig zurück. Er war mitgenommen worden, der Fahrer hatte ihn angegriffen. Er war weggelaufen, direkt in die Scheinwerfer eines herankommenden Autos. Ein Schlag, dann das Gefühl zu fliegen.
    Angstvoll überlegte er einen Moment, was hätte geschehen können, wenn Lily Pierron nicht vorbeigekommen wäre. Oder wenn sie schneller gefahren wäre und ihn härter getroffen hätte. Wenn sie die Polizei gerufen hätte. Santos schauderte. Oder wenn er dem Van, dem Seil und dem Messer des Fahrers nicht entkommen wäre.
    Er unterdrückte die beängstigenden Gedanken. Von heute an musste er besser auf sich aufpassen. Er musste kämpfen, wenn er überleben wollte. Vor allem konnte er es sich nicht leisten, in der Vergangenheit zu schwelgen. Er musste sich mit der Zukunft befassen. Für den Augenblick war er hier jedenfalls sicher, und er war in Freiheit.
    Santos zog sich zum Sitzen hoch und stöhnte. Wie der Arzt vorausgesagt hatte, tat ihm alles weh. Die Muskeln protestierten bei jeder Bewegung. Kopf und Bein pochten schmerzhaft. Er kam sich vor, als wäre er unter einen Laster geraten anstatt vor eine fünfundzwanzig Jahre alte Mercedes-Limousine.
    Santos schwang die Beine auf den Boden. Seine Hose war gewaschen und hing ordentlich über der Sofalehne, zusammen mit einem getragenen Arbeitshemd. Obenauf lagen ein kleines weißes Kästchen und ein paar zerknüllte Banknoten.
    Seine Reisetasche! Er hatte sie im Van gelassen!
    Stöhnend ließ er den Kopf in die Hände sinken. Das meiste von seinem Geld und all seine Kleidung waren

Weitere Kostenlose Bücher