Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte

Titel: Verbotene Früchte - Spindler, E: Verbotene Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
Vom Netzwerk:
in der Reisetasche gewesen. Jetzt hatte er nichts mehr.
    Ausgenommen sechs Dollar und einundfünfzig Cent. Und die Ohrgehänge seiner Mutter. Gott sei Dank habe ich die nicht verloren.
    Santos stand auf und zog sich so schnell an, wie seine schmerzenden Muskeln es gestatteten. Er hinkte in die Küche, und der Duft von gebratenem Speck ließ seinen Magen knurren. Als ihm das Wasser im Mund zusammenlief, merkte er erst, wie lange er nichts gegessen hatte.
    Miss Lily stand vor einem großen, altmodischen Herd und wendete Speck in einer schwarzen Gusseisenpfanne. Sie sah ihn über die Schulter hinweg lächelnd an. „Wie ich sehe, bist du noch da.“
    Gestern Nacht hatte er nicht auf ihr Aussehen geachtet. Er hatte ihre Augen und ihr ungefähres Alter wahrgenommen, aber mehr nicht. Im Morgenlicht fragte er sich nun, wie ihm hatte entgehen können, was für eine gut aussehende Frau sie war? Vor Jahren musste sie einmal eine hinreißende Schönheit gewesen sein.
    Santos verschränkte die Arme vor der Brust. „Und Sie leben noch. Das Familiensilber ist auch noch an seinem Platz.“
    Sie schüttelte lachend den Kopf. „Ich wusste, dass du mich nicht umbringen würdest.“
    „Tatsächlich?“ Er kam weiter in die Küche. „Und woher?“
    „Erfahrung, glaube ich. Mit der Zeit bekommt man ein Gespür für Menschen. Schnapp dir einen Teller. Es ist alles fertig.“
    Sein Blick wanderte zu dem Berg gebratenem Schinken, der auf Küchenkrepp abtropfte.
    Lily folgte seinem Blick. „Ich hatte so ein Gefühl, dass du hungrig sein würdest. Es gibt auch noch Brötchen und Sauce. Aber ich warne dich, meine Sauce ist etwas Besonderes.“
    Santos maulte: „Sie müssen mich nicht päppeln.“
    „Nein?“ Sie zog ein Blech aus dem Ofen und stellte es auf die Herdplatte. „Ich dachte, ich schulde dir etwas. Schließlich habe ich dich mit meinem Wagen angefahren.“
    Santos dachte an die staatliche Fürsorge. Ein Sozialarbeiter hatte ihm gesagt, der Staat schulde ihm eine Familie, weil er keine mehr habe. Seine zweite Pflegemutter hatte ihm gesagt, er schulde ihr und ihrem Mann etwas, weil sie ihn aufgenommen hatten. Er wollte nichts schuldig sein, und er wollte nicht, dass man ihm etwas schuldete. Das sagte er Lily.
    Lily rührte im Saucentopf. „Nun denn“, erwiderte sie nachdenklich. „Dann kannst du mir das Essen bezahlen.“
    „Bezahlen?“ wiederholte er und dachte an die paar Dollar, die ihm geblieben waren. „Für das Essen?“
    „Natürlich erwarte ich das nicht von dir.“ Sie wischte sich die Hände an der Schürze ab. „Aber wenn du mir wirklich nichts schuldig bleiben willst, bezahl für die Mahlzeit.“
    Santos machte ein verbissenes Gesicht. „Wie viel?“
    Sie zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht, ein paar Dollar. Wie viel kostet heutzutage ein hausgemachtes Frühstück?“
    Er schwieg, und sie wandte sich wieder dem Herd zu. „Du könntest es auch abarbeiten. Es gibt hier einiges zu tun. Reparaturen an der Garage. Eingerissene Fliegengitter. Solche Dinge. Der Mann, der sich vierzig Jahre lang ums Haus gekümmert hat, kommt nicht mehr.“
    Sie schnitt ein Brötchen in zwei Hälften, gab Sauce darauf und häufte gebratenen Schinken auf den Teller. Sie drehte sich um und hielt ihm den Teller hin. „Du entscheidest, was die Mahlzeit wert ist. Und wenn du ein paar Tage bleiben möchtest, um wieder zu Kräften zu kommen, zahle ich dir noch ein wenig obendrauf zusätzlich zu Kost und Logis.“
    Santos blickte auf den vollen Teller, und das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Er mochte nicht bleiben, er wollte nicht ausgehalten werden, weder von dieser Frau noch von jemand anders. Doch er hatte kein Geld, keine Kleidung, und er wurde nirgendwo erwartet. Lily Pierrons Angebot war ein Gottesgeschenk. Und auch das missfiel ihm.
    Er richtete sich auf und nahm den Teller entgegen. „Ein paar Tage. Dann bin ich wieder weg.“

 
17. KAPITEL
    Santos blieb. Tage wurden zu Wochen, Wochen zu Monaten. Heute, ein Vierteljahr, nachdem Lily ihn aufgenommen hatte, saß er auf den Stufen zur Veranda, starrte zum Uferdamm und fragte sich, wie das alles geschehen war. Er hatte nicht lange bleiben wollen, nur ein paar Tage, um sich zu erholen und ein wenig Geld zu verdienen.
    Santos nahm ein Stück Muschel auf, das wohl jemand mit den Schuhen von der Einfahrt hereingetragen hatte. Er drehte das Bruchstück in seiner Hand. Wie lautete überhaupt ihre Abmachung? Welchen Nutzen zog Lily aus dieser Situation? Dass sie keinen

Weitere Kostenlose Bücher