Verbotene Geliebte des Scheichs
Frage verdrängte Kalila vorsichtshalber, um sich nicht völlig deprimiert zu fühlen. So blieben sie konturenschwache Schatten. Nebulöse Visionen von Freude, Vergnügen, Glück … davon, eine Bedeutung und Berufung in ihrem Leben zu sehen und … Liebe.
Das Wort tauchte immer wieder ungebeten in ihren Gedanken auf. Ein magisches Samenkorn, gepflanzt in den fruchtbaren Boden ihrer Fantasie, das gegen ihren Willen starke Wurzeln ausgebildet hatte.
Liebe … aber nicht in dieser Zweckverbindung zwischen zwei Menschen, die sich völlig fremd waren. Es gab keinen Funken von Leidenschaft zwischen ihnen, und Kalila bezweifelte ernsthaft, ob das unter den gegebenen Umständen je anders sein würde. Würde Zakari sie lieben? Oder es lernen? Wollte er das überhaupt?
Und würde sie ihn lieben können?
„Hör auf zu träumen und iss jetzt, Kind“, befahl Juhanah mit gespielter Strenge und stellte das Tablett auf einem flachen Tisch ab.
Ergeben ließ Kalila sich auf ein weiches Polster sinken und bekam eine Schale mit dickem, cremigem Joghurt zugeschoben. Daneben stellte die treue Dienerin eine Tasse starken, süßen Kaffees. „Du wirst deine Kraft noch brauchen. Vor uns liegt ein anstrengender Tag, und es gibt eine Menge zu tun.“
„Und was genau gibt es für uns heute zu tun?“, fragte Kalila gedehnt.
Augenblicklich plusterte sich Juhanah auf wie eine eifrige Glucke. „Dein Vater wünscht dich so herausgeputzt zu sehen wie die Mädchen früher, nach altehrwürdigem Vorbild, aus der Zeit, als Traditionen noch etwas zählten.“
Weder die unterschwellige Warnung noch das schwache Bedauern über die veränderten Umstände waren zu überhören. Kalila wusste nur zu gut, was Juhanah von ihrer westlich orientierten Einstellung hielt, die neben den ererbten Genen ihrer englischen Mutter hauptsächlich auf vier Jahre freies Leben in Cambridge zurückzuführen war.
Als sie von dort zurückkam und ihr ehemaliges Kindermädchen eine Jeans auf dem Boden neben dem Bett fand, hob sie den Stein des Anstoßes angewidert mit spitzen Fingern hoch, als sei das Lieblingskleidungsstück ihres Schützlings kontaminiert. In Erinnerung an jenen Tag lächelte Kalila breit.
„Dein Vater, König Bahir, will dich als sittsame Braut sehen!“, mahnte Juhanah, als könne sie Gedanken lesen.
Das Lächeln wurde noch breiter, und in Kalilas Augen blitzte ein mutwilliger Funke auf. „Wann darf ich meinen zukünftigen Mann eigentlich mit Zakari anreden?“, fragte sie harmlos, obwohl sie die Antwort bereits vorausahnte. Und Juhanah enttäuschte sie auch diesmal nicht.
„Wenn er in deinem Bett liegt!“, erwiderte die alte Frau unverblümt. „Zeig dich bloß nicht zu offen und fortschrittlich, Kind! Männer mögen keine vorlauten Frauen.“
„Ah, Juhanah …!“, neckte Kalila. „Woher willst ausgerechnet du das wissen? Du bist doch noch nie über die Grenzen Zaraqs hinausgekommen. Zakari hat ebenso wie ich die Universität besucht und ist ein Mann von Welt.“
Zumindest hoffte sie, dass die Artikel über ihn in der Zeitung und den internationalen Hochglanzmagazinen der Wahrheit entsprachen.
„Phhh!“ Das alte Kindermädchen blies beleidigt die runden Wangen auf. „Und nur, weil ich nicht gern verreise, soll ich nicht wissen, wie es draußen zugeht? Was zählt, ist das Hier und Jetzt! Lass dir das gesagt sein! König Zakari erwartet einer hübschen, bescheidenen Prinzessin zu begegnen und nicht einem modernen … Ding mit unnötigem Diplom in der Tasche!“ Ihre rollenden Augen zeigten einmal mehr, was sie von den überflüssigen Jahren in England hielt.
Und während Kalila lustlos den cremigen Joghurt löffelte, dachte sie wehmütig, dass Juhanah damit gar nicht mal so unrecht hatte. Was nützten ihr Ausbildung und Abschluss, wenn sie ohne gefragt zu werden mit einem Mann verheiratet wurde, den sie kaum kannte und schon gar nicht liebte?
Was allein zählte, waren ihre Abstammung, ihre königliche Kinderstube und ein gesunder Körper, um ihrem Gatten die gewünschten Erben gebären zu können. Was Zakari wollte, war eine Art Allianz, aber ohne Alliierte. Er suchte keine Geliebte, keine Partnerin und schon gar keine Seelenfreundin …
Um Kalilas Mund zuckte es schmerzlich. Sie wusste all dies und hatte trotzdem jeden Tag aufs Neue versucht, sich einzureden, sie könne eine derartige Ehe eingehen – zum Wohl ihrer Familie und ihres Landes. Doch jetzt, da der Tag gekommen war, fühlte sie sich ängstlicher und unsicherer denn
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