Verbotene Geschichte
gewesen, der beim Überflug der Tsingling-Berge 40 Meilen südwestlich von Xian eine gewaltige Pyramide gesehen hatte. Auch sprach er von einer zweiten, aber wesentlich kleineren Pyramide unweit der ersten sowie einer Reihe von Grabhügeln in der Umgebung. Unter Berufung auf ein Interview Sheahans von United Press am 27. März erschien am 28. März 1947 in der New York Times ein entsprechender Artikel darüber. Die Urquelle des gesamten Mythos. Dieser Bericht wurde am 30. März 1947 von der New York Sunday Times übernommen. Und dabei auch mit dem bis heute umstrittenen Foto illustriert, das aller Wahrscheinlichkeit nach der Airforce-Pilot Gaussman 1945 gemacht hatte.
In der Zeitung wird Sheahan mit den Worten zitiert, er sei »von ihrer perfekten pyramidalen Form und ihrer enormen Größe« beeindruckt gewesen. Außerdem berichtete er, dass er von seinem Flugzeug aus »schmale Fußpfade sehen [konnte, L.A.F.], die zu einem Dorf am Standort der Pyramide führten«. »Er schätzte ihre Höhe auf 1000 Fuß und ihre Breite an der Basis auf 1500 Fuß«, hieß es 1947.
Auch wurden in der Meldung Dr. James L. Clark vom American Museum of Natural History sowie Dr. Arthur Upham Pope vom Asia Institute erwähnt. Demzufolge meinte Dr. Clark, es handele sich um einen »sehr bedeutenden Fund«; und Dr. Pope steuerte die Erkenntnis bei, die Pyramide passe sehr wohl zu den religiösen Vorstellungen der alten Chinesen. Seiner Auffassung nach handele es sich um einen Grabhügel aus gestampfter Erde.
Tatsächlich ist auf dem als »Gaussman-Foto« berühmt gewordenen Pyramiden-Bild ein Pfad zu erkennen, der zu einem mutmaßlichen Dorf im Hintergrund führt. Eventuell auch eine befestigte Straße. Gewisse Ähnlichkeiten des Gaussman-Fotos mit den Beschreibungen Sheahans möchte ich gar nicht in Abrede stellen. Doch spricht Sheahan eindeutig von einer »richtigen« Pyramide und zeigt sich tief beeindruckt von deren »perfekter« Form.
Somit ist keine der beiden Sichtungen, weder von Gaussman noch von Sheahan, mit dem angeblichen Foto der Riesenpyramide zu vereinbaren.
Nachdem die New York Times über die Entdeckung berichtet hatte, erschien am 30. April 1947 ein Leserbrief von Dr. Pope, in dem er sich unter anderem über buddhistische Mythen äußerte, in deren Zentrum der göttliche Berg Meru steht. Ferner schrieb Dr. Pope, dass es einmal eine chinesische Grabpyramide »vom Kaiser« – einen Namen nannte er nicht – gegeben habe, die verschiedenfarbig bemalt gewesen sei: im Osten grün, im Süden rot, im Westen weiß, im Norden schwarz; und darüber habe sich eine Deckschicht aus gelbem Sand befunden. Diese Beschreibung der
Farbgebung entspricht den Erzählungen über die Weiße Pyramide – nur dass Dr. Pope eine andere meinte: nämlich die Grabpyramide eines namenlosen Kaisers. Er sagt nicht, die große Pyramide des Piloten Sheahan weise diese Farben auf. Hier wurden zwei verschiedene Berichte vermischt – was bis heute zu Irrtümern und Missverständnissen führt.
Erst 25 Jahre nach diesen beiden Meldungen der New York Times wurde das Thema der geheimnisvollen Riesenpyramide wieder aufgegriffen. Und zwar von dem Autor Robert Charroux. Dieser bezog sich eindeutig auf die beiden erwähnten Zeitungsartikel von 1947, wie aus seiner Wortwahl ersichtlich wird – auch wenn Charroux seine Quellen nicht nennt.
Charroux übertrug die Angaben einer Bemalung einer anderen Pyramide aber auf die große Pyramide von Xian. Diese wurde 1976 auch im UFO Jahrbuch über Utopie und Wirklichkeit erwähnt – jedoch unter Bezugnahme auf die New York Times vom 28. März 1947.
Und damit war der Mythos von der großen Weißen Pyramide in China geboren, der seither durch die »Rätsel-Literatur« geistert.
Und nun kommen wir zurück zum möglichen Standort der Pyramide. Seit 1995 frage ich mich, wie es sein kann, dass es zwar konkrete geografische Angaben darüber gibt, das Bauwerk aber nie lokalisiert werden konnte.
Fakt ist: Die Beschreibungen jener Personen, die die Pyramide angeblich sahen (Gaussman und Sheahan), entsprechen nicht dem, was auf der einzigen Abbildung, dem Gaussman-Foto, zu sehen ist.
Hier hilft heutzutage Google Earth weiter. Eine Überprüfung der seit Bruce Cathies Buch bekannten Koordinaten 34,26 Grad nördlicher Breite und 108,52 Grad östlicher Länge ist auf den ersten Blick ernüchternd: weit und breit nichts als Felder und Wiesen und weite Ebenen. Doch bei näherem Hinschauen kann man tatsächlich zwei
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