Verbotene Leidenschaft
die Bierflasche in seinem Schoß ab. »Wo genau hast du diesen Getty gesehen?«
»Draußen vor dem Haus. Er und Cecile haben sich unterhalten. Als Erstes habe ich ihn an der Stimme erkannt. Er hat so eine seltsame Art zu reden, ganz schnell und abgehackt.«
Leo trinkt noch einen Schluck von seinem Bier. »Du hast einen langen, harten Tag hinter dir. Bist du sicher, dass du nicht … na ja, manchmal träumt man mit offenen Augen.«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Du wirkst angespannt und nervös. Vielleicht brauchst du einfach mal ein paar Tage Pause. Bei den Dreharbeiten von Für alle Ewigkeit hatten wir ständig Nachtdrehs auf dem Hollywood Boulevard, und, Junge, Junge, ich war so müde, dass ich Halluzinationen bekam und die seltsamsten Dinge gesehen habe.«
Das Läuten meines Telefons lässt mich vor Schreck beinahe aus der Haut fahren.
Ich ziehe es aus der Tasche und starre auf das Display. Es ist Tanya.
»Willst du auch irgendwann rangehen?«, fragt Leo. »Oder nur weiter draufstarren.«
»Tanya?«
»Hey«, krächzt sie. »Was liegt an?« Sie klingt, als hätte ich sie geweckt.
»Tut mir leid, wenn ich so spät noch anrufe, aber ich … ich hatte ein bisschen Angst bekommen.«
Ein Rascheln ertönt, gefolgt von einem lauten Poltern und einem »Scheiße!«.
»Alles in Ordnung?«, frage ich.
❧ 76
J a, ja, alles bestens«, sagt sie. »Aber du klingst gar nicht gut. Was ist passiert? Geht es um Marc? Hat er dir etwas getan?«
»Nein, nein.« Wieder poltert es.
»Tanya? Wo bist du?«
Stille.
»Äh … in meinem Zimmer«, druckst sie herum. Ich weiß auf der Stelle, dass sie lügt.
»Aber ich habe vor fünf Minuten bei dir geklopft. Du hast nicht aufgemacht.«
»O Gott. Ich bin eine lausige Lügnerin. Okay. Ich bin in Toms Zimmer. Und um deine nächste Frage gleich vorweg zu beantworten – ja.«
»Ihr beide seid …«
»Ja. Moment. Tom will mit dir reden. Ich schalte auf Lautsprecher.«
Es knackt.
»Soph!«, dringt die vertraute Stimme durch die Leitung. »Alles in Ordnung?«
»Hi, Tom.«
»Tut mir leid, dass wir dich angelogen haben. Aber wir wollten nichts sagen, falls es nur … na ja, du weißt schon, nur ein alberner kleiner Flirt ist.« Tom hält inne. »Was ist passiert? Du klingst so angespannt.«
»Etwas wirklich Übles läuft hier gerade.«
»Was denn?«, will Tanya wissen.
Ich werfe Leo einen Blick zu. »Giles Getty war vorhin vor dem Haus. Zumindest glaube ich, dass er es war.«
»Wer um alles in der Welt hat ihn hereingelassen? Wir sollten den Sicherheitsdienst rufen«, meint Tanya.
»Ich glaube, es war Cecile.«
»Noch ein Grund mehr. Wir verpetzen sie einfach und sorgen dafür, dass sie sie rauswerfen. Wo ist mein Morgenrock? Hier ist es eiskalt.«
»Er hängt an der Tür, mein Schatz«, höre ich Tom sagen.
»Aber das ist noch nicht alles. Als Getty weg war, habe ich Cecile weinen gehört.«
»Und?«, fragt Tanya.
»Es war … Ich habe noch nie jemanden so weinen gehört. Es klang so verzweifelt. Vollkommen verzweifelt. Als bräuchte jemand dringend Hilfe.«
»Wir wissen alle, dass Cecile Hilfe braucht. Therapeutische Hilfe«, sagt Tanya.
»Glaubst du ernsthaft, dass sie Getty hereingelassen hat?«, will Tom wissen. »Oder hat er sich selbst irgendwie Zugang zum Campus verschafft?«
»Ich vermute, sie hat ihn hereingelassen. Sie haben sich unterhalten, als wären sie dicke Freunde. Vielleicht hat sie ihn sogar bewusst hereingelassen, damit er an mich herankommt. Aber in meinem Zimmer war er natürlich nicht.«
»Das war’s für mich«, erklärt Tanya. »Wenn ich sie das nächste Mal sehe, kann sie was erleben.«
»Sie tat mir leid«, gestehe ich. »Als ich sie so weinen gehört habe, konnte ich ihr einfach nicht mehr böse sein. Sie steckt in Schwierigkeiten. Ich weiß es.«
»Geschieht ihr recht«, erklärt Tanya. »Das hat sie sich selbst zuzuschreiben. Schlimmen Menschen passieren auch schlimme Dinge.«
»Für mich hört es sich an, als hätte sie mit dem Teufel einen Pakt geschlossen, und jetzt will er, dass sie bezahlt«, sagt Tom. »Hast du die beiden nicht am selben Tag bei der Zeitung gesehen?«
»Rufst du jetzt endlich den Sicherheitsdienst?«, fragt Tanya.
Ich kaue an meinem Daumennagel. »Ich sollte vorher Marc anrufen.«
»Ja, tu das. Er kennt sich besser hier aus als jeder andere. Soll einer von uns zu dir aufs Zimmer kommen?«
»Nein, ist schon gut.« Wieder werfe ich Leo einen Blick zu. »Ich bin … ich bin bei Leo.«
»Oh!«,
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