Verbotene Leidenschaft
spähe um die Ecke.
O Gott.
Es ist Cecile.
Sie steht mit vors Gesicht geschlagenen Händen an der Mauer des Unterkunftstrakts und wird von heftigen Schluchzern geschüttelt. Sie war also die Frau, mit der Getty gerade gesprochen hat.
In diesem Moment stößt sie einen durchdringenden Schrei aus, bei dessen Klang ich mir am liebsten die Arme um den Oberkörper schlingen würde, dann löst sie sich von der Mauer und verschwindet im Haus.
Mit offenem Mund und zitternd bleibe ich in der nächtlichen Dunkelheit zurück.
❧ 74
A ls ich in mein Zimmer komme, knipse ich eilig sämtliche Lichter an, setze mich aufs Bett und hülle mich in meine Daunendecke.
War Getty wegen mir auf dem Campus? Was, wenn er noch hier ist und das Licht in meinem Zimmer bemerkt?
Eilig stehe ich auf und lösche sämtliche Lichter. Aber im Dunkeln halte ich es genauso wenig aus. Es ist so unheimlich. Ich schlinge die Decke um mich, laufe die Treppe hinunter zu Tanya und klopfe an ihre Tür.
Keine Reaktion. Ich klopfe noch einmal, lauter.
Immer noch nichts.
Es ist kalt auf dem Flur. Und stockdunkel. Ich will nicht ganz allein hier draußen herumstehen. Ich ziehe mein Handy heraus und wähle ihre Nummer, werde aber sofort auf ihre Voicemail umgeleitet.
Was ist hier los? Wo könnte sie stecken? Es ist mitten in der Woche, und wenn morgen tatsächlich dieser Test ansteht, muss sie doch in ihrem Zimmer sein.
Ich klopfe ein letztes Mal, dann gebe ich auf und scrolle mich durch mein Telefonverzeichnis. Ich sollte Marc anrufen. Nicht nur, weil ich seine Stimme hören will, sondern weil ich jemanden brauche, der mich beschützt. Aber, nein, er hat heute Morgen keinen Zweifel daran gelassen, wie er im Hinblick auf uns empfindet. Er will, dass wir uns voneinander fernhalten. Wir sind bloß Lehrer und Schüler, mehr nicht.
Gerade als ich Tom anrufen will, ertönt ein Piepsen. Eine SMS.
Tanya , denke ich, doch die SMS ist von Leo.
»Hey, Süße? Fertig mit der Gesangsstunde? Lust auf einen Drink?«
Ich wähle seine Nummer.
Beim dritten Läuten meldet er sich. »Sophia. Ich …«
»Leo! Es ist etwas passiert. Bist du auf dem Campus?«
»Hey, beruhige dich doch erst mal. Was ist los?«
Ich sehe mich auf dem dunklen Korridor um. »Ich kann jetzt nicht reden. Können wir uns treffen?«
»Klar. Komm rüber. Ich bin in meinem Zimmer. 203 im zweiten Stock. Alles in Ordnung? Du klingst so atemlos.«
»Nein, ich habe nur … Angst.« Ich haste durch den dunklen Korridor.
❧ 75
L eo reißt die Tür auf, noch bevor ich anklopfen kann.
»Enchanté«, sagt er und tritt zur Seite. »Willkommen in meiner bescheidenen Hütte.«
Eilig trete ich ein und lehne mich mit dem Rücken gegen die Tür.
»Was ist denn passiert?«
»Er war … jemand war auf dem Campus.« Leos Zimmer ist größer als meins, hat aber keinen Balkon, dafür aber ebenfalls einen Kamin und ein Bett aus Holz, außerdem einen Kleiderschrank, einen riesigen Kühlschrank und ein Badezimmer.
»Holla.« Leo tritt zum Kühlschrank und nimmt eine Flasche Budweiser heraus. »Beruhig dich erst mal, und dann erzähl, was passiert ist. Willst du auch eins?« Er schwenkt die Flasche in meine Richtung.
»Nein, jetzt nicht.«
Leo hält die Flasche an den Kaminsims und drückt einmal mit aller Kraft dagegen, sodass der Kronkorken vom Hals schnellt. »Also. Wer war auf dem Campus?«, fragt er und trinkt einen großen Schluck.
»Giles Getty.«
Leo verschluckt sich prompt und beginnt zu husten. »Willst du mich verarschen? Der Paparazzo?« Er wischt sich mit dem Handrücken den Mund ab.
»Ich glaube, Cecile hat ihn reingelassen.«
»Wer ist Cecile?«
»Du bist ihr kürzlich erst begegnet. Im Pub. Eine hübsche Blonde.«
»Ach ja, die mit dem Regisseur befreundet ist. Die so aussieht, als wäre sie nie mit etwas zufrieden.«
»Sie hat den Zeitungen mehrere Storys über mich verkauft, und offenbar hatten sie und Getty geplant, noch ein paar Geschichten an den Mann zu bringen.«
»Und er war tatsächlich hier? Auf dem Campus?«
Ich kaue an meinem Daumennagel. »Ja. Und ich glaube … könnte sein, dass er ein Foto von mir schießen wollte. Oder sonst etwas in dieser Art. Aber ich war nicht in meinem Zimmer. Sondern beim Gesangsunterricht.«
»Und bist du dir ganz sicher, dass du dir das nicht bloß einbildest? Wenn es die Presse erst mal auf einen abgesehen hat, kann man schon mal Gespenster sehen.«
Er lässt sich auf sein Bett fallen, schlägt die Beine übereinander und stellt
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