Verbotene Leidenschaft
gebe ich zu. »Ich habe Riesenangst.«
»Hey, ist schon okay. Mach dir nicht zu viele Gedanken. Ich meine, sieh dich bloß an, dein Gesicht ist schon ganz faltig.«
»Entschuldigung.« Ich drehe mich zu ihm um. »Es war ein echt verrückter Abend.«
»Klingt schon besser. Deine Augen sind viel schöner, wenn du die Stirn nicht so in Falten legst.« Er drückt mir einen Kuss auf die Wange und springt auf. »Bis morgen früh, Dornröschen. Wir haben eine aufregende Woche vor uns. Zum ersten Mal kehren wir zu den Proben ins Tottenham Theatre zurück.«
Er holt Bettzeug aus dem Schrank und wirft alles aufs Sofa.
»Süße Träume, Sophia.«
»Süße Träume, Leo.«
Am nächsten Morgen weckt mich Leos Schnarchen. Er liegt auf dem Sofa, eine Hand am Boden, die andere auf der Brust.
Sein blondes Haar fällt ihm in die Stirn, seine rosigen Lippen sind leicht geteilt.
Mir ist schrecklich heiß. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich vollständig angezogen geschlafen habe. Ich schäle mich unter der Decke hervor und schleiche in den Kochbereich, um mir ein Glas Wasser einzuschenken, ehe ich weiter ins Badezimmer gehe.
Überall auf dem Waschbeckenrand und in der Dusche stehen Naturkosmetikprodukte herum, die Mehrzahl davon offen und halb ausgelaufen. Eine Substanz namens Snake Peel hat winzige schwarze Körnchen im Waschbecken hinterlassen, und neben dem Wasserhahn steht eine Flasche Feuchtigkeitsemulsion auf Ziegenmilchbasis, deren Deckel fehlt. Ich muss grinsen. Leo ist offensichtlich nicht gerade der Ordentlichste.
Ich wasche mir das Gesicht mit kaltem Wasser, drücke mir einen Klecks von seiner Zahnpasta mit Fenchelgeschmack auf den Finger und putze mir damit die Zähne.
Leos Schnarchen weht aus dem Zimmer herüber. Kurz überlege ich, ihn zu wecken, aber ich habe etwas Dringendes zu erledigen. Allein der Gedanke macht mich ganz nervös. Ich spritze mir noch etwas kaltes Wasser ins Gesicht, dann verlasse ich das Zimmer.
❧ 79
C ecile wohnt in Zimmer 132. Das weiß ich, weil ich sie gleich an meinem zweiten Tag hier maulen gehört habe – sie beschwerte sich bei Wendy, durch ihre Fenster ziehe es.
Wasserhähne und Toilettenspülungen rauschen, als ich in den ersten Stock komme. Vermutlich sind die meisten inzwischen aufgestanden, hoffentlich auch Cecile.
Vor ihrer Tür zögere ich kurz. Normalerweise versuche ich Konfrontationen eher zu meiden, aber manchmal geht es nicht anders. Ich muss herausfinden, ob sie Getty gestern Abend auf den Campus gelassen hat, gleichzeitig möchte ich den Grund für ihre bitteren Tränen erfahren.
Ich klopfe an die Tür.
Dann trete ich einen Schritt zurück und kaue angespannt an meinem Daumennagel herum. Inzwischen bereue ich es fast, nicht vorher in mein Zimmer gegangen zu sein, um mich umzuziehen, aber dafür ist es jetzt zu spät.
Die Tür wird aufgerissen.
Cecile, perfekt wie immer, steht vor mir. Sie trägt einen bauschigen Morgenrock und eine spitzenverzierte Schlafmaske, die sie sich in ihr zu einem losen Knoten zusammengenommenes Haar geschoben hat.
Ungeschminkt sieht sie jünger und, offen gestanden, noch hübscher aus, doch ihre leicht verquollenen Augen mit den dunklen Rändern lassen ahnen, dass sie die ganze Nacht geweint hat. Bei meinem Anblick weiten sie sich.
»Sophia!«, presst sie hervor.
»Wir müssen reden. Ich habe dich gestern Abend gehört. Wie du mit Giles Getty geredet hast.«
Ceciles Stirn legt sich in Falten, und ihr Blick irrt ruhelos umher. »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
Ich bringe sie mit einer knappen Geste zum Schweigen. »Wir wissen beide, dass du es warst. Also, kann ich reinkommen?«
Sie streckt den Kopf aus ihrem Zimmer und blickt sich hektisch auf dem Korridor um, dann tritt sie zur Seite. »Ja, das wäre vielleicht besser.«
Ihr Zimmer sieht völlig anders aus als meines, was mich ein wenig wundert, da sich die Räume eigentlich sonst alle gleichen.
Mein Blick fällt auf das blütenweiße Bettzeug mit Spitzenbesatz, das bestimmt fürchterlich schwer zu bügeln ist, und die stylischen, mit goldfarbenen Tieren bedruckten Zierkissen.
Auf der Rückseite ihrer Zimmertür hängt ein Nummernschild mit dem Aufdruck »Cecile 1«, und die Wände zieren Poster von Kunstfilmen. Alles ist tadellos aufgeräumt, kein Staubkörnchen weit und breit. Ich komme mir vor, als hätte ich das Set eines Innenarchitektur-Shootings betreten.
Verlegen stehe ich neben dem Bett und weiß nicht so recht, wohin mit mir. Am Fenster steht eine
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