Verbotene Nacht (German Edition)
Bett auf und trat ans Fenster. Es würde ihr wohl nur eines übrig bleiben, um sich vor Kyrill und seiner Forderung zu schützen: Die Flucht.
Elli wusste auch schon, wohin sie gehen würde.
In Lisas Pension fühlte sich Elli immer wohl. Welche Sorgen sie auch immer hatte, hier draussen auf dem Land verzogen sie sich wie Wolken, die vom Wind vertrieben wurden.
Elli sass am Pult des Eckzimmers, das Lisa ihr immer zuwies, sofern es frei war und das Elli seit Jahren schon als “ihr” Zimmer betrachtete. Das Fenster stand leicht offen. Ein warmer Sommerwind wehte ins Zimmer und begrüsste Elli, die vor ihrem Laptop sass. Sie schrieb an ihrem neuesten Roman “Roter Diamant” aus der Reihe “Offene Geheimnisse.” Ihre Finger flogen wie von selbst über die Tastatur, zauberten eine Seite nach der andern auf den Bildschirm. Dies vermittelte Elli ein Gefühl grosser Genugtuung und half ihr ebenfalls dabei, Kyrill und die Stadt zu vergessen.
Ihre Tante hatte keine Fragen gestellt, als Elli so kurz nach ihrer Abreise schon wieder auf der Schwelle ihrer Pension gestanden war. Was Lisa anging, so war Elli immer willkommen.
Elli hatte zwar ein schlechtes Gewissen, weil sie schon wieder auf der Tasche ihrer Tante lag. Das war so eine Sache mit Lisa: Sie hiess Elli in ihrer Pension zwar immer willkommen, weigerte sich jedoch strikt, von ihrer Nichte auch nur einen Cent für die Unterkunft anzunehmen.
Elli beruhigte ihr nagendes Gewissen damit, dass sich Lisa ehrlich ab ihrem Besuch freute. Lisa hatte ihr wiederholt beteuert, dass sie Ellis Anwesenheit umso mehr schätzte, als ihre eigenen Kinder bereits alle ausgeflogen waren.
Abgesehen von ihren Gewissensbissen in Geldangelegenheiten, fühlte sich Elli in Lisas Pension äusserst wohl. Sie plante, fürs Erste auf dem Land zu bleiben. Noch sah man ihr die Schwangerschaft nicht an, was Elli nur recht war. Würde sie länger in Lisas Pension bleiben, so würde Lisa jedoch unweigerlich von ihrer Schwangerschaft erfahren. Elli war sicher, dass sich Lisa über die Neuigkeiten freuen würde, zumindest, nachdem sie sich von ihrer anfänglichen Überraschung erholt hätte. Was ihr jedoch Sorgen bereitete, war, dass Lisa insistieren würde, etwas über den Vater des Kindes zu erfahren. Was sollte sie Lisa dann erzählen? Dass sie einen One-Night-Stand gehabt hatte? Nur schon der Gedanke an dieses verwerfliche Wort trieb Elli die Röte ins Gesicht. Wie konnte sie ihrer Tante von sexuellen Ausschweifungen berichten, wo Lisa doch glaubte, ihre Nichte würde nicht einmal mit Männern konversieren?
Rasch schob Elli den Gedanken an ihre Schwangerschaft beiseite, um sich wieder auf ihren Roman konzentrieren zu können. Im Moment war sie einfach nicht bereit dazu, Lisa darüber zu informieren, dass sie ein Kind erwartete.
Die Tage verstrichen wie im Flug. In Ellis Augen wurde es zu früh Abend und trat erst einmal die Nacht ein, konnte sie den Morgen kaum abwarten. Einen ganzen Monat hatte sie sich in Lisas Pension schon die Finger wund geschrieben. Elli arbeitete so intensiv, dass sie ihr Zimmer oft tagelang nicht verliess. Hätte ihr Lisa ihr Essen nicht aufs Zimmer gebracht, wäre sie wohl inzwischen zu einem Skelett abgemagert.
Mit ihrem Roman ging es zügig voran. Was das Schreiben anbelangte, brauchte sie sich also keine Sorgen zu machen. Alle weiteren Gedanken, die ihr Grund zur Sorge hätten geben können, schob Elli grosszügig beiseite.
Ein weiterer Monat folgte, während dem Elli sich auf ihrem Zimmer verschanzte. Der Vorteil ihrer Schreibwut war, dass Elli sich stets in einen dicken Bademantel hüllen konnte, wann immer sie die Mahlzeiten entgegennahm, mit denen Lisa sie versorgte. So kam es, dass Elli ihre Schwangerschaft bislang vor Lisa hatte geheim halten können. Dies obwohl sie sich nun schon im vierten Monat befand. Die Rundung ihres Bauches war nun schon deutlich zu erkennen. Elli liebte es, das Schreiben zu unterbrechen um sich im grossen Wandspiegel zu betrachten. Mit Augen und Händen liebkoste sie dann zärtlich die neue, ungewohnte Schwellung ihres Bauches.
An einem schönen Sommertag, nachdem sie acht Wochen in Lisas Pension verbracht hatte, beendete Elli die Rohfassung ihres Manuskripts. Zufrieden erhob sie sich vom Schreibtisch und trat einmal mehr zum Spiegel. Sie hob den Saum ihrer Bluse an und musterte verträumt ihren Bauch. Eine Woge des Glücks erfasste sie und zauberte ein zartes Rosa auf ihre Wangen. In diesem Moment verspürte sie den dringenden Wunsch, ihre
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