Verbotene Sehnsucht
sie zu heben. Zusammengesunken saß er auf der Bettkante, die Finger fest in die Falten des weißen Betttuchs gekrallt. Seine Schultern hoben und senkten sich mit jedem Atemzug.
Missy streckte die Hand aus und zitterte leicht, als sie über seinen nackten Rücken strich. James stieß einen Fluch aus und sprang auf.
» Zieh dir was über«, befahl er, ohne sich ihr zuzuwenden.
Sie ließ sich Zeit, ihm zu gehorchen, blieb noch einen Moment lang still liegen, bevor sie sich aufrichtete und sich die wirren Haare aus dem Gesicht strich.
James warf einen finsteren Blick über die Schulter, riss den Kopf sofort wieder zurück. » Um Himmels willen, zieh dir was über. Schämst du dich gar nicht?« Sie reagierte auf seinen harschen Tonfall, schlüpfte hastig mit den Armen in ihr heruntergeschobenes Nachthemd, zog es hoch und bedeckte ihre Brüste.
Dann stand sie auf und stellte sich hinter ihn. Wenn sie ihn anfasste, würde er sie zurückweisen, obwohl er sie genauso begehrte wie sie ihn. Das war klar geworden in jenen Augenblicken, als nichts existierte außer ihnen beiden, die da, bereit zum Letzten, auf seinem Bett lagen.
» Du bist mir böse.«
Sein Atem stockte für einen langen Moment, bevor er ihn hörbar ausstieß. » Du hältst dich in deinem Nachtgewand im Zimmer eines Mannes auf. Ich muss dir sicher nicht erklären, dass du alle Gesetze der Sitte und des Anstands mehr als verletzt hast. Ladys benehmen sich anders.«
Missy ließ die Hand sinken. Sie erkannte, dass er sich vollkommen verweigern würde, wenn sie ihn heute Nacht weiter bedrängte. Schließlich war er die vergangenen drei Jahre schon auf der Flucht vor ihr gewesen.
Nichts wäre leichter gewesen, als ihr die Unschuld zu rauben. Aber sie war ihm zu wichtig, um sie zu kompromittieren, und dieses Wissen half ihr, die Zurückweisung zu ertragen.
» Ich bin eine Frau. Ich habe niemals behauptet, eine Lady zu sein.«
Sie hörte, wie er scharf einatmete, doch er drehte ihr weiterhin den Rücken zu, hatte sich völlig unter Kontrolle. Sie ließ es gut sein und schlüpfte lautlos aus dem Zimmer.
Als Missy sich am nächsten Tag für das Frühstück bereit machte, konnte sie an nichts anderes denken als an James. Bei dem Gedanken an die hitzige Leidenschaft, die sie in den frühen Morgenstunden gemeinsam erlebt hatten, kehrte ihr Verlangen zurück, in ihrem Unterleib meldete sich das vertraute Pochen, und Feuchtigkeit sammelte sich zwischen ihren Schenkeln.
Wie würde er sie behandeln, wenn er ihr begegnete– heute, nach den Intimitäten letzter Nacht? Sie strich den Rock ihres pfirsichfarbenen Morgenkleids zurecht, verließ ihr Zimmer und eilte nach unten ins Frühstückszimmer. Nicht mehr lange, und sie würde es erfahren.
Alex und Thomas saßen bereits an dem langen Eichentisch, auf ihren Tellern lagen Räucherfisch, Eier und Bohnen. Die Männer warfen ihr nur einen flüchtigen Blick zu, grüßten kurz und wandten sich wieder ihrem Essen zu, wobei ihr Bruder sich nebenbei noch seiner Zeitung widmete.
» Wo sind denn die anderen?«, fragte sie und hoffte, dass es ihr gelungen war, einen möglichst beiläufigen Ton anzuschlagen.
Thomas senkte die London Times und blickte auf. Bestimmt störte es ihn, dass sie nicht als Erstes Platz genommen hatte, aber sie gab nicht übermäßig viel auf Etikette.
» Sieht so aus, als würden die anderen noch im Bett liegen.« Er trank einen Schluck Kaffee.
Missy fand es nicht überraschend, dass weder ihre Mutter noch ihre Schwestern nach unten gekommen waren– aber was war mit James? Im Gegensatz zu den drei Damen konnte man ihn nur als notorischen Frühaufsteher bezeichnen.
» Es sieht James gar nicht ähnlich, dass er so lange schläft.«
Alex warf ihr einen neugierigen Blick zu, den Missy mit einem freundlichen Lächeln erwiderte.
» James ist bereits nach London abgereist«, entgegnete er langsam.
Irgendetwas in ihrem Innern zerbrach in tausend Stücke. » Zurück in die Stadt? Heute Morgen?«, platzte sie heraus.
» Beim ersten Hahnenschrei hat er das Haus verlassen«, erklärte Thomas zwischen zwei Bissen mit gesenktem Blick. Ohne zu bemerken, wie aufgewühlt sie war und dass man ihr gerade das Herz gebrochen hatte.
» Offenbar eine wichtige geschäftliche Angelegenheit, um die er sich dringend kümmern muss«, ergänzte Alex und beobachtete sie immer noch aufmerksam. » Offenbar ist ihm der Termin erst in letzter Minute wieder eingefallen.«
Missy schluckte die Verzweiflung hinunter, die
Weitere Kostenlose Bücher