VERBOTENE TRAEUME IM WUESTENPALAST
Bruder hören. Es schien die Intimität zwischen ihnen zu zerstören, so als würde Vere sich in persona zwischen sie drängen. Eifersucht durchzuckte sie, jäh und scharf, und sofort tadelte Sadie sich in Gedanken. Wie konnte sie auf einen Bruder eifersüchtig sein, den sie bisher nicht einmal getroffen hatte? Nur eine Frau, diedavor stand, sich Hals über Kopf in einen Mann zu verlieben, würde so denken. Und das war absolut albern!
Drax hielt ihr jetzt die Tür auf. Dankbar, von dem unwillkommenen inneren Tumult abgelenkt zu werden, betrat Sadie das Innere des Gebäudes und erschauerte leicht, als die kühle Luft des klimatisierten Atriums sie umfing. Auf den Plänen hatte sie gesehen, dass es hier auch ein Freizeitcenter gab, komplett ausgestattet mit Fitnessklub, Schwimmbad, Sauna und Massagepraxen sowie einem Bistro. Des Weiteren waren mehrere Konferenz- und Versammlungsräume, ein Kino und verschiedene Bars und Restaurants hier untergebracht. Und dieses Gebäude war nur eines von vielen in dem geplanten Gesamtprojekt.
„Nun, was halten Sie hiervon?“
Drax’ Interesse an ihrer Meinung überraschte Sadie. „Bei dieser exklusiven Ausstattung sollte es Ihnen gelingen, hochkarätige Mitarbeiter anzuwerben“, antwortete sie ehrlich. „Ich kann mir niemanden denken, der die Chance, in einer solchen Umgebung zu arbeiten, ausschlagen würde.“
„Wir haben versucht, alle Gruppen einzuschließen. Einige unserer Angestellten werden älter sein und Aufsichtsfunktion übernehmen. Sie werden natürlich mit ihren Familien herkommen wollen, sodass wir ebenfalls einen neuen Schulkomplex an der Küste geplant haben. In Dhurahn City gibt es bereits eine Universität, gegründet von unserem Großvater, doch mein Bruder hat sich persönlich der Aufgabe gewidmet, die Ausdehnung derselben vorzunehmen. Er ist der Philanthrop, während ich eher der hartgesottene Geschäftsmann bin. Sobald Sie ihn kennengelernt haben, werden Sie feststellen, dass Sie beide sehr viele Gemeinsamkeiten haben.“
Sadie verspannte sich. Fast begann sie feindselige Gefühle gegen die häufigen Bemerkungen zu entwickeln, die Drax über die Tugenden seines Bruders machte – auch wenn siewusste, wie unsinnig es war, so zu fühlen.
Während sie darauf warteten, dass der Aufzug kam, der sie in die oberen Etagen bringen würde, klingelte Drax’ Handy. Er wandte sich leicht ab, um den Anruf anzunehmen, im gleichen Moment erreichte der Lift das Erdgeschoss. Die Türen glitten auf und gaben den Blick frei auf eine Gruppe europäischer Geschäftsmänner in korrekten Anzügen, alle noch sehr jung. Ausnahmslos alle strahlten betont männliche Selbstsicherheit und überspannte Lässigkeit aus. Unverhohlen taxierten sie Sadie mit vielsagenden Blicken.
Es berührte sie nicht sonderlich – bis sich einer der Männer aus der Gruppe löste und auf sie zukam. Wesentlich weniger gelassen nahm sie die Stimme wahr, die in vorgeblicher Vertrautheit laut herausposaunte: „Na, wenn das nicht unsere prüde kleine Sadie ist, die mit Sex nichts zu tun haben will! Was machst du denn hier? Doch wohl kaum einen Job suchen, oder? Hier nehmen sie nämlich nur Leute mit Top-Empfehlungen. Ich weiß natürlich, das Geld könntest du gebrauchen, nachdem man dich aus der Bank hinausgeworfen hat.“
Zu Sadies Erleichterung war Drax noch immer mit seinem Telefonat beschäftigt und stand zu weit entfernt, um die Worte genau zu verstehen. Allerdings drehte er sich jetzt um und sah in ihre Richtung.
„Um genau zu sein, ich muss keinen Job suchen, ich habe schon einen, vielen Dank auch, Jack“, erwiderte sie so ruhig wie möglich.
Jack Logan, Jack „the Lad“, ein Spitzname, den die anderen Kollegen in der Bank ihm anerkennend verliehen hatten. Gleich von Anfang an hatte Sadie ihn unsympathisch gefunden, ein Gefühl, das sich zu einer ausgewachsenen Antipathie verstärkt hatte, als er sich in einem unbesetzten Büro aufdringlich an sie herangemacht hatte. Glücklicherweise war ihr die Flucht gelungen, bevor er grob werden konnte, aber sie wusste auch, dass er ihr diese Zurückweisung nie vergeben hatte. Sein jetziger Kommentar war also nichts anderes als schlichte Rache.
Drax hatte sein Gespräch beendet und sah auffordernd zu ihr hin. Sadie schob sich an ihrem unerfreulichen Exkollegen vorbei und eilte zu ihm.
„Ein alter Freund?“, fragte Drax sie kühl.
„Wir haben früher zusammengearbeitet“, erklärte sie nur knapp und fragte sich, was Jack the Lad wohl aus der
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