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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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unterbrochen, die soeben eintrat.
    »Lord Edward Gallimore ist gekommen«, meldete sie. Joanna erhob sich sofort.
    »Ich komme«, sagte sie, »auf Wiedersehen, Mutter. Ich bin heute nachmittag zurück.«
    Harriet wünschte ihr einen schönen Tag, wobei sie durchblicken ließ, daß es für sie selber keine schönen Tage mehr gab. Gegen diese Anwandlungen ihrer Mutter bereits mit einer gewissen
Unempfindlichkeit ausgestattet, verließ Joanna ohne längeres Zögern den Raum. Draußen stand Edward, wie üblich sehr sorgfältig zurechtgemacht, in einem schwarzen Frack und einem weißen Rüschenhemd aus Seide. In der Hand hielt er einen Hut aus dunklem Seidentaft.
    »Ah, guten Morgen, Joanna!« rief er. »Ist heute nicht ein schöner Tag?«
    »Gewiß. Lassen Sie uns gleich aufbrechen.«
    Er musterte sie prüfend.
    »Sie sehen müde aus.«
    »Es geht schon.« Aber sie war müde und niedergeschlagen, wie meistens in den letzten Jahren. Für Edward strengte sie sich ohnehin nie besonders an, so daß die Fahrt in der Kutsche höchst eintönig verlief.
    Erst kurz vor King’s Lynn riß Edward sie aus ihren trüben Gedanken, als er sagte: »Wissen Sie schon, daß Belinda am Ende der Woche Lord Arthur Darking heiratet?«
    »Nein! Wie hat sie denn das geschafft?«
    »Ich glaube, Lady Viola hat auf geordnete Verhältnisse gedrängt. Sie sind nicht eingeladen?«
    »Bisher nicht. Belinda überlegt wahrscheinlich noch, womit sie mich mehr straft: wenn sie mich übergeht oder wenn ich zusehen muß, wie sie einen reichen, gutaussehenden Mann heiratet. «
    »Sie wird sich für letzteres entscheiden. Wollen wir zusammen hingehen?«
    »Ja, gern.« Sie betrachtete ihn von der Seite, sein weiches Profil, die hellen Wimpern über den himmelblauen Augen. Von Zeit zu Zeit, wenn sie sanft gestimmt war, rührte sie seine Anhänglichkeit. Ohne daß ihr das so recht zu Bewußtsein gekommen wäre, hatte sie sich ein wenig daran gewöhnt, ihn als ständigen Begleiter zu haben. Er war immer da, wenn sie ihn brauchte, und er ließ sich fortschicken, wenn es sie schwermütig danach verlangte, allein zu sein. Er ist zu gut für mich, dachte sie reuevoll, ich habe soviel Treue nicht verdient.
    Doch sie sagte nichts, und der Rest der Fahrt verlief schweigend.
Als sie in King’s Lynn ankamen, schien die Sonne schon heiß. Auf dem Marktplatz wimmelte es von Menschen, die sich zwischen den bunten Ständen halb zu Tode drückten, und von Kaufleuten, die laut schreiend ihre Waren anpriesen. Ein paar Zeitungsjungen rannten in der Menge herum, schwenkten Zeitungen und brüllten die Schlagzeilen des Tages: »Nelsons Flotte noch immer vor Toulon! Keine Ereignisse im englisch-französischen Krieg! Worauf wartet Latouche?«
    Die französische Flotte hatte sich im Hafen von Toulon verbarrikadiert, und ihr Befehlshaber, Admiral Latouche-Tréville, dachte gar nicht daran, herauszukommen und sich der unablässig vor dem Hafen kreuzenden englischen Flotte zum Fraß vorzuwerfen.
    In England waren manche unruhig, denn die Lage im Mittelmeer sah nicht günstig aus. Genua war in französischer Hand, Livorno in der Toskana wurde von den Franzosen belagert, der gesamte Peloponnes sollte von Franzosen durchsetzt sein. Es war vorauszusehen, daß Bonaparte zum zweitenmal den Versuch machen würde, in Ägypten Fuß zu fassen und von dort den Osten zu erobern.
    Edward und Joanna stiegen aus ihrer Kutsche und schlenderten über den Platz, was Joanna nicht besonders vergnüglich fand, denn ständig trat ihr jemand auf die Füße oder schubste sie zur Seite. Edward entdeckte immer Neues, was er ihr schenken wollte. Er kaufte einen Schal aus weicher Kaschmirwolle, einen Strauß getrocknete Rosen, ein Fläschchen Lavendelparfüm und ein hellgraues Kaninchen, das verängstigt in einem kleinen Weidenkorb saß.
    »Das ist alles für Sie«, sagte er glücklich.
    »Sie sollten mir nicht so viel schenken«, meinte Joanna, »aber ich danke Ihnen.«
    Sie aßen im »Rose and Crown Inn« zu Mittag, wobei Edward Joanna immer neue Speisen aufdrängte, da er sie zu dünn und zu blaß fand. Joanna konnte diese bevormundende Art nicht leiden und reagierte gereizt, so daß beinahe ein Streit ausgebrochen wäre. Doch gerade da betrat Belinda den Raum, gefolgt von ihrem
mißgelaunt dreinblickenden Lord. Sie entdeckte Joanna und kam an ihren Tisch.
    »O Joanna, wie schön, dich einmal wiederzusehen«, lächelte sie, »du bist lange nicht mehr bei einem Fest gewesen.«
    »Nein, ich hatte keine

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