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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Lust.«
    »Glücklicherweise treffe ich dich jetzt. Du weißt es wohl noch nicht: Arthur Darking und ich werden am kommenden Samstag heiraten!«
    Darking warf Edward einen Blick zu, als wolle er um Verständnis bitten. Edward nickte aufmunternd. Belinda entging die gespannte Stimmung völlig.
    »Was sagst du dazu, Joanna?« fragte sie.
    »Ich hörte bereits davon. Ich gratuliere dir, Belinda. Und Ihnen natürlich auch, Lord Darking.«
    »Danke«, murmelte Darking, während Belinda eifrig schnatternd fortfuhr: »Ich werde ein Kleid aus Atlas tragen, das ist so schön, daß kein englisches Mädchen je etwas Feineres besessen hat, sagt Mutter. Für den Schleier wurden viele, viele Meter echte Spitze verarbeitet. Mein Vater hat versprochen, daß es die größte Feier wird, die diese Grafschaft seit hundert Jahren erlebt hat. Soll ich dir ganz genau mein Kleid beschreiben? Paß auf, es ist...«
    »Danke, Belinda, ich kann es mir vollkommen vorstellen«, unterbrach Joanna. Sie fand Belindas ständige Selbstzufriedenheit unerträglich. Sie haßte dieses kleine Gesichtchen, das in steter Bewunderung der eigenen Schönheit ohne Unterlaß strahlte, sie haßte die dunkelblonden Locken, von denen es keine je wagte, nicht am richtigen Platz zu sitzen, das Ebenmaß der elfenbeinfarbenen Schultern und die Eleganz ihres bauschigen, spitzengeschmückten Sommerkleides mit der hochgerafften Taille und dem farblich passenden Sonnenschirm. Abrupt stand sie auf.
    »Wollen wir gehen, Edward?« fragte sie. Edward war einverstanden, doch leider wurden sie dadurch Belinda nicht los. Darking, dem seine Braut offenbar entsetzlich auf die Nerven ging, klammerte sich an Edward, nur um nicht mit ihr allein sein zu müssen. Belinda hakte sich bei Joanna ein und erzählte ihr nun
doch ausführlich von jeder Einzelheit ihres atemberaubenden Hochzeitsgewandes. Joanna versuchte, nicht hinzuhören, sondern starrte mit scheinbarem Interesse in die Verkaufsbuden rechts und links ihres Weges.
    Als sie an die Stelle kamen, wo die Kutschen standen, machte sie sich von ihrer Nachbarin frei.
    »Ich möchte jetzt nach Hause«, sagte sie. »Belinda, du entschuldigst bitte...« Sie brach ab, ihre Augen weiteten sich, alle Farbe wich aus ihren Lippen. Ungläubigkeit und Schrecken, fast Entsetzen lag auf ihrem Gesicht.
    »Nein, das ist doch nicht möglich«, murmelte sie tonlos.
    »Was?« fragten Edward und Belinda gleichzeitig, und dann gaben auch sie einen Laut des Erstaunens von sich. Joanna bemerkte es gar nicht. Es war ihr, als löse sich ringsum jeder Gegenstand und jede Gestalt auf, verlöre Farbe, Form und Dasein. Stimmen und Geräusche, Bilder und Gesichter traten immer weiter zurück, bis es ihr schien, sie stehe ganz allein auf diesem sonnenüberfluteten Platz und niemand sei hier außer ihr. Und über den menschenleeren Platz kam Elizabeth auf sie zu. Sie war aus einer Kutsche gestiegen, hatte sich einen Moment lang verwirrt umgesehen und war dann beinahe sofort Joannas Augen begegnet. Nun ging sie zu ihr, so langsam, als versuche sie, den Augenblick des endgültigen Gegenüberstehens noch ein wenig hinauszuzögern. Sie trug ein weißes Kleid, und es kam Joanna vor, als sei sie niemals schöner gewesen als in diesen Minuten. Auf einmal stieg jenes lange verloren geglaubte, tief in ihr begrabene Gefühl von Zärtlichkeit in ihr auf, das lebhafte Temperament der jungen Joanna, und es kehrte so heftig zurück, daß ihr die Tränen kamen. Mit Elizabeth hatte sie damals den einzigen Halt verloren, der sie das Leben ertragen ließ. Sie hatte in ihr die Lebendigkeit geweckt, die Harriets Düsternis so unbarmherzig untergrub. Und es war wie seinerzeit vierzehn Jahre zuvor, als die kleine Elizabeth nach monatelanger Reise über das Meer in England angekommen und auf Joanna zugegangen war. Vieles erinnerte sie heute an das einstige Kind. Elizabeth war so mager wie ein dünner Ast, ihre Augen wirkten übergroß, dem Gesicht
waren Müdigkeit und Entschlossenheit anzusehen. Für eine vornehme Dame hatte ihre Haut eine zu dunkle Tönung und besaßen die langen schwarzen Locken zuwenig Halt.
    Ich hatte sie gar nicht so verletzlich in Erinnerung, dachte Joanna, als Elizabeth direkt vor ihr stand. Sie sah ihr in die Augen, aber die Benommenheit blieb nur noch für diese einzige Sekunde. Schon nahm ringsum alles wieder seine laute Regsamkeit an. Scharf drang Belindas Stimme an ihr Ohr.
    »Sieh an, unsere Elizabeth! Ja, wo kommst du denn her?«
    »Elizabeth«, murmelte

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