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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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heftige Angst.
    »Ich würde gern etwas wissen«, sagte er. »Es ist vielleicht heutzutage nicht mehr in Mode, diese Frage zu stellen, aber lieben Sie mich überhaupt?«
    »Was hat denn das jetzt damit zu tun? Ich will einfach...«
    »Unabhängig von allem, was Sie mir eben gesagt haben«, sagte Edward scharf, »ich möchte darauf eine Antwort haben.«

    Nur die jahrelang geübte Selbstbeherrschung, bewirkt durch das Zusammenleben mit Harriet, befähigte Joanna, Edward gerade anzusehen und mit klarer Stimme zu sagen: »Aber ja, Edward. Ich liebe Sie.«
    Er sah sie an, noch voller Zweifel, dann neigte er sich vor und murmelte leise: »Seien Sie vorsichtig, Joanna. Ich brauche Sie hundertmal mehr, als Sie glauben. Wenn Sie mich irgendeines fernen Tages betrügen, verraten oder verlassen, könnte ich daran sterben. Ich schwöre Ihnen, daß es für uns beide sehr schlimm werden kann. Wenn Sie jetzt nicht aufrichtig sind, dann laden Sie vielleicht etwas auf sich, wovon Sie sich nie wieder befreien können! «
    Joanna spürte einen leisen Schauer, aber sie bemühte sich sofort um ihre übliche Sachlichkeit.
    »Edward, Sie bauschen jetzt etwas auf«, sagte sie. »Dieses Gespräch hat ganz harmlos begonnen, und ich bitte Sie, mir zu glauben, daß mein Wunsch, keine Kinder zu haben, nichts mit meiner Liebe zu Ihnen zu tun hat.«
    Sie beobachtete ihn genau und merkte, wie die Angst den Zweifel aus seinen Zügen verbannte. Sie atmete leichter. Sie begriff, daß er sich betrügen wollte und ihr gegen jedes innere Gefühl und Wissen Glauben schenken würde.
    »Gut«, erwiderte er, »dann möchte ich trotz allem, daß wir heiraten. So bald wie möglich.«
    Joanna hätte die Augen schließen mögen vor Erleichterung. Wenn Edward geahnt hätte, wie kritisch diese letzten Minuten gewesen waren! Sie ging rasch zu ihrem Pferd zurück und saß auf. Edward folgte ihr, und beide setzten ihren Weg fort, als sei nichts geschehen. Aber Joanna war sehr niedergeschlagen, was ihr seltsam vorkam, da sie eigentlich hätte erleichtert sein müssen. Sie fand plötzlich, daß sie im Grunde nichts erreicht und nichts verändert hatte. Was sie getan hatte, war nichts gewesen als eine Reaktion auf das Verhalten anderer, auf Belindas Gehässigkeit und auf Elizabeths Fortgehen. Sich selber und ihre eigenen Wünsche hatte sie wieder einmal überhaupt nicht bedacht. Ohne es richtig zu wollen, hatte sie schon wieder Harriet einen
Platz in ihrem Leben eingeräumt, und somit konnte gar nichts besser werden. Zu allem Überfluß würde sie nun auch noch Edward bis an das Ende ihrer Tage an sich hängen haben. Sie konnte nur deshalb einen Hauch von Heiterkeit in sich spüren, weil sie sich Belindas dummes Gesicht vorstellte, wenn sie spätestens morgen von der baldigen Vermählung Joanna Sheridys mit Edward Gallimore erfahren würde.

9
    Am zehnten September des Jahres 1803 konnte John Carmody als freier Mann das Fleet Prison verlassen, begnadigt auf die Zahlung von fünfhundert Pfund hin und auf das Versprechen, London unverzüglich den Rücken zu kehren. Er trat hinaus vor die Pforten des feuchten Steingemäuers, blinzelte in die Sonne des hellen Septembertages und verspürte keinen anderen Wunsch, als sich in einen versteckten, fernen Winkel zu verkriechen und dort Stunde um Stunde zu schlafen. Eine schwere Müdigkeit lastete auf ihm und umfing ihn mit solcher Benommenheit, daß dahinter sogar das Glück über seine Befreiung zurücktrat. Zwei Monate Kerkerhaft hatten ausgereicht, ihn völlig zu zermürben. Seine anfängliche Zuversicht war einer tiefen Gleichgültigkeit gewichen, die beinahe schon einer Lebensunlust gleichkam. Die Richter wußten, weshalb sie Menschen, die verschwinden sollten, noch einfacher ins Gefängnis als an den Galgen schickten. Ihr Tod kam mit der gleichen Sicherheit, verlief aber weniger spektakulär und machte sie nicht zu Märtyrern. John hätte kein Jahr überlebt. Hunger, Kälte, Einsamkeit und seine nie richtig ausgeheilte Verwundung hatten bereits jetzt einen kranken Mann aus ihm gemacht. Es verging kein Tag, an dem er nicht Schmerzen und Stiche in der Brust spürte und von einem reißenden Husten gequält wurde, an dem er manchmal zu ersticken
glaubte. Stärker als jedes körperliche Leid aber drückte ihn der Gedanke, am Ende seines Lebens angekommen zu sein. Ohne noch irgendeinen Sinn in seinem Dasein zu erkennen, sah er sich nur als schwerkranken Mann, den endlose Jahre in der Verbannung erwarteten.
    Elizabeth, die

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