Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
stundenlang vor dem Gefängnis ausgeharrt hatte, um dazusein, wenn John herauskam, verbarg nur mühsam ihr Entsetzen über seinen Anblick. So hatte er ja in seinen schlimmsten Zeiten nicht ausgesehen! Sein Körper glich einem Skelett, so mager war er geworden. Unter den entzündeten Augen verliefen tiefe, dunkle Ringe, seine Lippen besaßen kaum Farbe. Er hustete schwer, wobei es ihr vorkam, als schlügen tief in seiner Brust rauhe Steine aufeinander. Ihr wurde sofort klar, daß seine Befreiung im letzten Moment gekommen war. Sie umarmte ihn und klammerte sich an ihn, als seien Jahre seit ihrer Trennung vergangen.
    »Da bist du ja endlich«, rief sie. »Ach John, ich habe schon bald nicht mehr geglaubt, daß sie dich wirklich rauslassen!«
    »Du hast fünfhundert Pfund dafür bezahlt, nicht wahr?«
    »Ja. Tante Harriet gab sie mir. Ich bin zu ihr nach Norfolk gereist. «
    »Deine Tante Harriet ist äußerst großzügig. Obwohl sie mich doch bestimmt nicht sehr mag!«
    »Ich fürchte, sie denkt kaum noch darüber nach, ob sie jemanden mag oder nicht. Sie scheint ziemlich krank zu sein. Ihre Gedanken kreisen nur noch um den eigenen Tod.« Elizabeth griff nach Johns Arm.
    »Aber jetzt komm mit!« sagte sie. »Wir können heute nacht bei Sally und Patrick bleiben. Erst wenn du dich erholt hast, verlassen wir London.«
    »Du warst beim Richter?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und er hat dir gesagt, daß...«
    »Daß du fort mußt aus London, ja. Und die fünfhundert Pfund mußte ich ihm geben.«
    »Bis auf den letzten Farthing, nehme ich an.«

    »Es ist nichts mehr übrig, wir stehen völlig ohne Geld da!«
    Einen Augenblick lang sah Elizabeth sehr besorgt drein.
    »Sally war ganz böse auf mich. Sie meint, ich hätte dem Richter nur vierhundertfünfzig Pfund anbieten sollen und er hätte dich dafür auch freigelassen. Die Regierung braucht dringend Geld, weil die Franzosen sich anschicken, über den Kanal hinweg England anzugreifen, und unsere Kriegsflotte ausgerüstet werden muß. Aber ich habe daran gar nicht gedacht. Meine einzige Sorge war, das Geld würde nicht reichen.«
    »Es ist auch gleichgültig. Wir waren schon oft in dieser Lage.«
    Elizabeth hatte das Gefühl, daß es John wirklich gleichgültig war. Alles schien ihm gleichgültig, selbst seine Befreiung. Er ist krank, sagte sie sich, so wie er aussieht, kann er wohl an nichts anderes denken als an Schlaf und Ruhe.
    »Du wirst dich bald erholt haben«, sagte sie, »und dann... weißt du, was wir dann tun?«
    »Nein.«
    »Wir gehen nach Blackhill! Wir wollten doch schon mal dorthin. «
    John blieb stehen und wartete, bis ein erneuter Hustenanfall abgeklungen war.
    »Wir mußten.«
    »Ich wollte. Seit ich dich kenne, habe ich mir gewünscht, mit dir in Blackhill zu leben. Ich liebe dieses Schloß so sehr, wie du es dir gar nicht vorstellen kannst. Ach John, wir werden es schön dort haben!«
    »Es ist sehr weit weg.«
    »Von London, meinst du? Ja, aber was ist schon London! Schau dich doch um«, Elizabeth machte eine verachtungsvolle Handbewegung, »Dreck und Armut, nichts weiter. Qualmende Schornsteine, bleiche, abgekämpfte Menschen auf den Straßen. London macht mich krank, John. Ich dachte auch einmal, es sei der einzige Ort, an dem ich leben könnte...«
    »Als du noch die reiche Elizabeth Landale im Hause der Sheridys warst«, sagte John lächelnd.
    »Das ist lange her«, erwiderte Elizabeth heftig, »damals sah
ich London als ein Paradies voller Vergnügungen. Aber das ist vorbei.«
    »Bereust du es?«
    »Rede keinen Unsinn. Ich bereue keine einzige Minute mit dir. Aber ich bin jetzt sehr müde. Ich hatte soviel Angst in den letzten Monaten, und es war mir manchmal, als gebe es nirgendwo auf Erden mehr Sicherheit oder Geborgenheit. Ich muß fort von hier. Ich muß nach Blackhill, John, ich...«
    »Es ist ja gut. Ich will auch nicht hierbleiben. Die Frage ist nur, wovon wir dort leben.«
    »Wir werden sehen. Es gibt immer irgendeinen Weg. Aber erst mußt du gesund werden.«
    Sie gingen zur Wohnung von Sally und Patrick, wo sie schon sehnsüchtig erwartet wurden. Sally kümmerte sich sofort um John, wies auf ein Bett und legte ihm heiße Umschläge auf die Brust. Elizabeth fühlte einen Anflug von Traurigkeit. Die Szene erinnerte sie so stark an die gleiche Situation vor nur wenigen Monaten, als sie nach ihrer Flucht zu Samantha kamen und sich das einstige Dienstmädchen in der gleichen Besorgnis über den verwundeten John geneigt hatte. Immer, so kam es ihr

Weitere Kostenlose Bücher