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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sein«, meinte er, »im Ernst, Elizabeth, ist das wahr?«
    »Nun ja«, sagte Elizabeth verärgert, »das ist ja wohl keine Schande, nicht? Ich bin die Gouvernante des jüngsten Kindes.«
    »Nein, natürlich ist es keine Schande! Aber — ich hätte mir Ihr Leben anders vorgestellt. Was tut denn John, und wo ist er?«
    »Er ist nicht hier. Er ist sehr krank, müssen Sie wissen. Ich weiß nicht, ob Sie davon gehört haben, er...«
    »Er war in London im Gefängnis, ich weiß. Bei vielen offiziellen Anlässen hat man davon gesprochen. Aber, wie gesagt, ich dachte, Sie seien schon längst nicht mehr... nun, wie auch immer«, er griff nach ihrem Arm und zog sie an sich, »wir müssen nicht hier stehenbleiben. Ich wollte mich nur einen Moment aus dem Gewühl dort unten entfernen, aber ich denke, jetzt können wir dorthin zurückkehren. Sie tanzen doch sicher mit mir?«
    »Ja, gern.« Elizabeth ließ sich von ihm fortziehen. Sie fühlte sich ein wenig durcheinander, verspürte aber nicht den Wunsch, dagegen anzukämpfen. Sie erinnerte sich daran, daß Andrew schon früher die Fähigkeit gehabt hatte, den Menschen, mit denen er gerade zusammen war, das Gefühl zu geben, sie seien für ihn das einzig Wichtige auf der Welt. Er wirkte völlig konzentriert und sehr fürsorglich, und Elizabeth merkte, wie sie das genoß. Sie war wenig verwöhnt, und Andrews Aufmerksamkeiten gaben ihr ein Gefühl der Geborgenheit.
    Und er ist jemand von früher, dachte sie, er steht für die Zeit in meinem Leben, in der ich ohne Sorgen war.
    Sie liefen hinunter in den blumengeschmückten Ballsaal, wo eine Musikkapelle spielte und die Gäste tanzten. Es erfüllte Elizabeth mit Verwunderung, wie gern sie Kerzenschein, Blumen, Parfümduft und Gelächter wahrnahm. Sie wurde dadurch an eine ganz weit zurückliegende Zeit in London erinnert, als sie, die achtzehnjährige Elizabeth, trotziges Aufbegehren empfand bei Tante Harriets Nachricht, sie müßten ihrer schlechten finanziellen Lage wegen London verlassen. Sie wußte noch genau, wie weh ihr dieser Gedanke getan hatte, denn sie wollte so gern die zahllosen Verlockungen auskosten, die diese Stadt bot. Dann hatte sich ihr Leben schlagartig verändert, und inmitten von Entbehrungen und Sorge meinte sie, die Zeit der Neugier und der Sorglosigkeit sei für immer vorüber. Zum erstenmal dämmerte ihr nun, daß die Lebenslust noch immer in ihr steckte.

    Sie bemerkte natürlich, daß Andrews Gefühle für sie so lebendig waren wie eh und je und daß sie selber ein wenig zu stark darauf reagierte, aber sie schob das auch auf die Stimmung des Abends und auf den Alkohol. Zwischen den Tänzen tranken sie Champagner, und Andrew erzählte von London, wo er sich bis vor kurzem aufgehalten hatte.
    »Es ist so bunt und lasterhaft wie immer«, berichtete er, »die Kutschen rollen durch die Gassen, von sechs Pferden gezogen, und die Straußenfedern in den Haaren der Damen wehen zu den Fenstern hinaus. An den Straßenrändern sitzen die Bettler und stecken jeden Vorübergehenden mit ihren Krankheiten an, und das Volk amüsiert sich im Theater, bei Hahnenkämpfen und bei Besäufnissen.« Er sah Elizabeth an. »Würden Sie nicht gern dorthin zurückkehren, Elizabeth?«
    »Nie!« Elizabeth schüttelte heftig den Kopf. »Mit London bin ich fertig. Nur nie wieder dorthin!« Aber etwas in seiner Stimme hatte ihre Sehnsucht geweckt. Sein London war nicht das von John. Es war eine Welt der Ruhe und des Reichtums, und Elizabeth merkte, daß sie sich für einen kurzen Moment dem Gedanken hingab, sie hätte damals Andrew gewählt und nicht John und wäre in der anderen Welt zu Hause. Erschrocken versuchte sie, diese Vorstellung zu verdrängen.
    »Ist es wahr, daß Premier Addington zurücktreten soll?« fragte sie sachlich. »Und meinen Sie, William Pitt kehrt dann zurück? «
    Andrew lachte. »Ihre Ablenkungsmanöver sind nicht sehr geschickt«, meinte er, »oder interessiert Sie jetzt wirklich die Politik?«
    »Aber ja! Sonst würde ich nicht davon reden.«
    »Ich glaube es Ihnen nicht. Und mich interessiert sie übrigens auch nicht im geringsten.« Er legte seine Hand auf Elizabeths Arm.
    »Kann ich Sie morgen wiedersehen?«
    »Ich bin jeden Tag hier. Allerdings, um zu arbeiten.«
    »Das macht ja nichts. Wenn ich es möchte, wird die Countess Ihnen freigeben. Hören Sie, Elizabeth, was Sie hier tun... das
paßt einfach nicht zu Ihnen.« Er neigte sich näher zu ihr. Sie konnte wahrnehmen, wie gut sein weiches, helles Haar

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