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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Zimmer.
    Sie mußte noch seine Spielsachen aufräumen und seine Bücher für den nächsten Tag zusammensuchen, und so wurde es tatsächlich Mitternacht, bis sie das Schloß verlassen konnte. Sie benutzte den Hinterausgang und hüllte sich in ihren langen schwarzen Mantel, weil sie unter keinen Umständen Andrew begegnen und von ihm erkannt werden wollte. So schnell sie konnte, eilte sie durch den finsteren Park bis zum Tor, wo sich von den Tannen eine schmale Gestalt löste. An seinem Husten erkannte sie gleich John.
    »O John, wie schön, daß du da bist!« Sie fiel ihm so stürmisch um den Hals, als habe sie ihn seit Wochen nicht mehr gesehen. »Hast du schon lange hier gestanden? Du mußt ja ganz verfroren sein!«
    »Es geht. Ich habe den Kerzenschein im Schloß gesehen und der Musik gelauscht, und das erwärmte mein Herz ganz ungemein! «
    Elizabeth war froh, daß John offenbar gute Laune hatte, denn er sprach lustig und spöttisch und ohne Haß in der Stimme. Aber als sie sich bei ihm einhängte, merkte sie, woran das lag und was ihr vorhin bei der Begrüßung nicht sofort klargeworden war. Er roch nach Alkohol. Vor Entsetzen konnte sie ein paar Augenblicke lang kein Wort hervorbringen. Branntwein, ohne Zweifel. Woher konnte er ihn haben? Sie hatte nie welchen gekauft, natürlich nicht. Er mußte selbst etwas von ihrem Geld genommen haben, das offen im Haus herumlag, das ihm ebenso gehören sollte wie ihr, das sie aber dringend brauchten für Lebensmittel, für warme Kleider, für den Aufbau des verfallenen Blackhill. Mühsam zwang sie die aufsteigenden Tränen zurück. Sie durfte nicht weinen, das war es nicht wert. Nur weil John ein paar Schluck Branntwein getrunken hatte, wozu er jedes Recht besaß,
wenn er den ganzen Tag halb krank und halb gesund in der Einsamkeit des Waldes verbrachte.
    Um ihren Schrecken zu überwinden, begann sie betont heiter zu plaudern. Sie erzählte von den Gästen des Hochzeitsfestes, zog mit geübt scharfer Zunge über sie her und brachte John in eine immer bessere Stimmung. Als sie Blackhill erreichten, lachten sie beide so frei und gelöst wie seit Monaten nicht mehr. John wirkte keineswegs betrunken, sondern nur außerordentlich charmant. Elizabeth fand sich versucht, den Alkohol nicht mehr ganz so teuflisch zu finden. John hatte seit ewigen Zeiten nicht mehr so blitzende Augen gehabt. Jetzt, zu Hause, im Kerzenschein, fand sie, daß er jünger wirkte als sonst. Er legte den Arm um sie und zog sie dicht an sich, während sie die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinaufstiegen. Elizabeth merkte, wie seine erste Erregung auf sie überzugleiten begann, wie sie all die vertrauten, aber endlos lange schon entbehrten Gefühle überfielen.
    Welch ein unglaublicher, verrückter Tag, dachte sie verwirrt, wahrscheinlich zuviel Wein und Musik...
    Es schien ihr in der Nacht, als seien sie in die Zeit ihrer allerersten Liebe zurückgekehrt. Jedes Empfinden, jede Bewegung kamen ihr neu vor, nichts mehr war da von Gewohnheit und dem manchmal so unabänderlich scheinenden Ablauf eines ewig gleichen Geschehens. John war wirklich bei ihr, statt auf seine seltsame, unruhevolle Art abgewandt zu sein wie so oft in den letzten Jahren. Sie spürte es genau, und sie dachte, daß wohl nie eine Frau sich darüber täuschen konnte, ob sie in diesen Augenblicken wirklich geliebt wurde oder nicht.
    Als sie schon früh am nächsten Morgen, in tiefster Dunkelheit noch, ihren Weg zum Schloß wieder antreten mußten, da konnten Erschöpfung und Übernächtigung ihr nichts von dem Glücksgefühl nehmen, das in ihr war. Die Nacht hatte ihr Mißtrauen beiseite geschoben, so einfach und leicht, daß es sich auflöste, als sei es nie dagewesen. Ob es nun am Branntwein lag oder an etwas anderem, sie mochte darüber nicht nachdenken. Sie liebte ihn, und er liebte sie, und mit einemmal war es das leichteste von der Welt, jene einst so heftig durchlittenen Momente zu
vergessen, in denen er ihr so fremd vorgekommen war, daß sie es vor Kummer nicht auszuhalten glaubte.
    Im Schloß fiel jedem ihre Ausgelassenheit auf. Mit Stephen arbeitete sie so stürmisch und lustig, daß er beinahe nicht mehr aufhören wollte. Schwungvoll half sie beim Aufräumen des Ballsaals und summte dabei leise vor sich hin.
    »Sie sehen gut aus, Miss Landale«, bemerkte die Countess, »fast jünger und lebendiger als meine Mary gestern!« Sie lächelte vielsagend. Zweifellos glaubte sie, Elizabeths rote Wangen und leichte Bewegungen seien Andrew

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