Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
möchten.«
»Welche Leute?« fragte Elizabeth nervös. »Sally, ich habe Angst, daß...«
»Du mußt nichts tun, was du nicht willst. Aber du bist unsere letzte Hoffnung. Komm mit!« Sally führte sie durch das Wohnzimmer hinüber in das winzige Nebenzimmer. Um einen wackligen Tisch herum saßen drei Männer.
Elizabeth hatte sie nie zuvor gesehen, erkannte aber sofort, daß sie ebenfalls aus dieser Gegend im Londoner Osten stammten. Sie sahen verwahrlost aus, mager, bleich und übernächtigt. Aus ihren Gesichtern sprachen zu viele schlaflose Nächte und zuviel Alkohol. Elizabeth kannte diese Gesichter aus der ersten Zeit mit John, als sie durch die Wirtsstuben gezogen waren, um sich aufzuwärmen. Ein Gefühl der Vertrautheit, gemischt mit Furcht, befiel sie.
»Das ist die Countess Locksley, von der ich euch erzählt habe«, stellte Sally vor. »Elizabeth, diese Männer sind Alex, Dan und Bruce. Ihre weiteren Namen sind bedcutungslos.«
Die Männer erhoben sich, in ihren Blicken dabei eine Mischung aus Ehrfurcht und Ablehnung. Zweifellos hatten sie nie einer Gräfin gegenübergestanden, was sie mit Scheu erfüllte, zugleich aber mißtrauten sie der fremden Frau.
»Setzt euch nur wieder«, sagte Sally, »und seht nicht so böse drein. Elizabeth hat jahrelang mit John Carmody zusammengelebt,
sie gehört zu uns.« Sie schob Elizabeth einen Stuhl hin.
»Warum sollte ich kommen?« fragte sie. Sally sah sie sehr ernst an.
»Wir brauchen deine Hilfe«, sagte sie, »um genau zu sein...«
»Was denn?«
»Wir brauchen zweitausend Pfund«, sagte Dan. Elizabeth starrte ihn fassungslos an.
»Wie bitte?«
»Jetzt hast du sie erschreckt, Dan«, tadelte Sally, »sie weiß ja gar nicht wofür.«
»Ganz gleich, wofür«, sagte Elizabeth, »ich habe keine zweitausend Pfund!«
Alex lachte laut auf.
»Natürlich nicht«, meinte er, »eine Gräfin hat keine zweitausend Pfund!«
»Nein, wirklich nicht. Der Graf hat viel Geld, aber ich nicht!«
»Paßt er auf, wieviel du ausgibst?« erkundigte sich Sally.
Elizabeth schüttelte den Kopf.
»Gewöhnlich nicht. Aber, du lieber Gott, wenn von einem Tag zum anderen zweitausend Pfund fehlen, dann fällt ihm das schon auf!«
»Na so etwas«, meinte Alex, »von zweitausend Pfund an merkt sogar Earl Locksley langsam, daß in seinem Vermögen Bewegung herrscht!« Seine Stimme klang haßerfüllt. Elizabeth sah ihn an. Obwohl sie diesen Mann überhaupt nicht kannte, stimmte sein Haß sie traurig.
»Wofür braucht ihr das Geld?« fragte sie.
»Diese Männer gehören zu einer Bande, die...« begann Sally zu erklären.
»Bande!« wiederholte Alex grimmig. »Sally, wir holen uns, was uns auf dieser gottverdammten Welt zusteht!«
»Eine Bande seid ihr aber. Ihr bestehlt die Menschen auf den Straßen, überfallt Reisende in den Wäldern, brecht in fremde Häuser ein, und mit euren Degen seid ihr immer sehr schnell!«
»Vorsicht, Sally«, meinte Alex lächelnd, »die Countess wird schon wieder ganz blaß.«
»Haben Sie irgend etwas gegen mich?« fragte Elizabeth ruhig.
»Ich glaube, ich kann Ihr Geld nicht leiden«, erwiderte Alex.
»Immerhin möchten Sie es aber gern haben.«
»Das stimmt.«
»Nun«, meinte Elizabeth verärgert, »dann seien Sie etwas netter zu mir!«
»Jetzt hört auf«, mischte sich Sally ein, »es ist nicht die Zeit, um zu streiten. Elizabeth, ich will dir sagen, wozu wir das Geld brauchen. Diese Männer gehören einer Diebesbande an — so sieht man das jedenfalls bei der Obrigkeit dieser Stadt, wobei es im Augenblick nichts nutzt, sich darüber auseinanderzusetzen, ob Armut ein Recht zum Stehlen gibt oder nicht. Diese Bande zählt an die zwanzig Köpfe, mal sind es mehr, mal weniger. Vier der führenden Männer sind letzte Woche verhaftet worden. Wenn wir sie nicht freikaufen, werden sie aufgehängt.«
»Ah, ich verstehe. Der Richter will zweitausend Pfund?«
»Kein offizieller Freikauf. Aber fünfhundert für jeden Freispruch. «
»Ihr steht mit dem Richter in Verbindung?«
»Wir haben Leute, die seine Bestechlichkeit herausgefunden haben — ja.«
»Da du selber einmal in unserer Lage warst«, sagte Sally, »als John im Gefängnis saß, dachten wir, du würdest uns helfen.«
»Zweitausend Pfund, Sally, ich...«
»Vielleicht hat Countess Locksley die Seite inzwischen grundlegend gewechselt«, meinte Alex anzüglich.
»Ich stehe auf niemandes Seite«, entgegnete Elizabeth heftig, »nicht auf der einer Londoner Diebesbande und auch nicht auf der des
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