Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege
keinen Unterschied gemacht. Sie hatten nichts in ihr und nichts in ihrem Leben geändert, wenn es auch für jeden Außenstehenden wie eine bedeutsame Wandlung aussehen mußte. Sie empfand diese unerwartete Erkenntnis als traurig. Er hätte die Liebe ihres Lebens sein können, wenn es nicht John gäbe.
»Manchmal«, fuhr Andrew fort, als habe er ihren kurzen Einwurf nicht gehört, »manchmal, wenn du zu Sally gehst und aussiehst, als ziehe es dich mit aller Macht dorthin, dann denke ich, ob du wirklich nur Sally triffst oder ob du schon längst ein Wiedersehen mit John Carmody feierst!«
»Andrew, ich schwöre dir, daß ich John nie wiedergesehen habe«, sagte Elizabeth eindringlich, »ich habe ihn nicht mehr gesehen seit der Nacht, als ich Blackhill verließ, bis zum heutigen Tag. Und ich will ihn auch nicht sehen. Ich werde ihm nie verzeihen, wie er mich in dieser Nacht hat gehen lassen und wie gedemütigt ich mich gefühlt habe vor all diesen betrunkenen Tagedieben. Und es gibt noch vieles mehr, was ich ihm nicht verzeihe.«
»Das muß aber nicht ausschließen, daß du ihn noch liebst!«
»Warum sollte ich das noch?«
»Nun, dafür gibt es mehrere Gründe. Er war deine erste Liebe, du hast für ihn von einem Tag zum anderen deine bis dahin festgefügte Welt auf den Kopf gestellt, du warst viele Jahre mit ihm zusammen, und ihr hattet eine abenteuerliche Zeit. Ja, und vielleicht hast du das jetzt schon im Blut, das Abenteuer, die Ungewißheit, die Armut, den Kampf, dieses gemeinsame Bestehen vor den Härten des Schicksals. In dem Leben, wie du es geführt hast, liegt ein Reiz, der immer bleibt.«
»Ich bin doch von John weggegangen, weil kein Reiz mehr da war. Du hast es nicht erlebt, du kannst es nicht verstehen. Da war nur noch Müdigkeit und sonst gar nichts. Zum Sterben müde fühlte ich mich, und daneben gab es keine andere Empfindung! «
»Gar keine?« fragte Andrew. »Auch nicht Liebe zu mir?«
»Doch... dann. Nachdem ich John aufgegeben hatte.«
»Ich habe manchmal das Gefühl, daß ich für dich nichts bin als ein Ort zum Ausruhen. Eine behagliche Schlafstätte, wo du dich niederlegst und neue Kräfte sammelst, um dann...«
»Was?«
»Um dann dorthin zurückzukehren, wohin es dich zieht.«
»Wir drehen uns im Kreis«, sagte Elizabeth erschöpft, »wir kommen immer wieder dahin, daß du mir vorwirfst, ich wolle wieder zu John gehen, und ich das abstreite. Laß uns doch damit aufhören. In einem Punkt hast du nicht ganz unrecht: Als wir uns in Devon wiedertrafen, da sah ich in dir den Mann, der mir endlich Ruhe und Geborgenheit geben würde und Aufmerksamkeit, Schutz und Sicherheit. Aber Liebe ist doch nie frei von anderen Empfindungen, sie wird doch oft ausgelöst durch eine Sehnsucht, die nicht nur den Menschen selbst meint. Was zog dich denn zu mir hin? So schnell kann es nicht nur Liebe gewesen sein. Dich beeindruckte, was mich von den anderen Frauen, die du kanntest, unterschied. Gute Herkunft, aber in Armut geraten, tapfer ums Überleben kämpfend und dazu noch eine abenteuerliche Vergangenheit!«
»Deine abenteuerliche Vergangenheit hat mich bestimmt nie sonderlich entzückt«, murmelte Andrew. Er sah sehr elend aus. »Du hast recht, wir sollten damit aufhören«, meinte er, »ich wollte ohnehin nie von John Carmody sprechen. Komm mit, wir gehen im Hyde Park spazieren!«
»Bei der Kälte?«
»Ja, ich habe jetzt Lust, durch die Kälte zu laufen!«
Elizabeth zog ihren Mantel wieder an. Sie würde es nicht wagen, Andrew um zweitausend Pfund zu bitten, das war ihr klar. Und, zum Teufel, warum auch sollte sie das tun? Es war nicht ihre Sache, Londoner Richter zu bestechen, sie hatte genügend eigene Sorgen. Sie mußte endlich ihr Leben in Ordnung bringen, und das verlangte, daß sie entschied, wohin sie gehörte. Und ihre Welt war Andrew, war das London der Reichen, diese Bibliothek mit ihren kostbaren Büchern, den weichen Sesseln und dem knisternden Kaminfeuer, das alle Kälte draußen vor dem Fenster zu einem unwirklichen Hintergrund machte.
5
An einem verhangenen Januartag, eine Woche nach dem Begräbnis Admiral Nelsons, kam Belindas Dienstmädchen Florence schon frühmorgens in das Schlafzimmer ihrer Herrin, um eine Besucherin anzumelden.
»Eine junge Frau möchte Sie sprechen, Mylady«, sagte sie, »sie wartet unten in der Halle. Ziemlich einfaches Geschöpf. Sie behauptet, Zofe von Lady Stanford zu sein. Sie möchte Ihnen persönlich etwas geben, Mylady!«
Belinda machte ein
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