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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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und nicht zu ändern. Ihr werdet euch dort sehr schnell eingewöhnen, und es wird euch gefallen! «
    Harriet ließ sich auch in den nächsten Tagen nicht umstimmen. Miss Florence Brande und ihr Pensionat begannen eine düstere Wirklichkeit anzunehmen.
    »Vorbei dies alles hier«, murmelte Joanna, als sie an einem Sommerabend trübsinnig auf einem Mäuerchen im Park saßen. »Keine Wiesen mehr und keine Ponys und keine Spiele!«
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete Elizabeth. »Wir müssen nur langweilige Dinge tun und dürfen immer erst sprechen, wenn wir etwas gefragt werden.«
    »Und Belinda haben wir Tag und Nacht um uns!«
    Belinda war übrigens ganz entzückt von der Vorstellung, in einer Schule zu leben. Sie hatte Unmengen neuer Kleider bekommen, mit denen sie fortwährend prahlte. Joanna und Elizabeth, die sie einmal besuchen mußten, kehrten ganz erschöpft zurück, weil sie stundenlang nur vor dem gewaltigen Kleiderschrank ihrer Gastgeberin gestanden und aufwendige Gewänder angesehen
hatten - ohne einen Einwand zu wagen, da sich auch Viola im Zimmer aufhielt und aufpaßte, daß ihrem Kind genügend Bewunderung gezollt wurde.
    Die Wochen, die noch bis zur Abreise blieben, verrannen schnell. Die Stunden eines jeden Tages schienen immer kürzer zu werden, jeder Abend rascher auf den Morgen zu folgen. Agatha war nur noch damit beschäftigt, Sachen zu packen, während Joanna und Elizabeth einen langen, traurigen Abschied nahmen. Diesmal ging er ihnen so viel stärker zu Herzen als in jenem Jahr, in dem sie Heron Hall verließen, um für einige Monate nach London überzusiedeln. Damals hatten sie gewußt, daß es nicht für lange war, und außerdem bedeutete London eine neue reizvolle Verlockung. Miss Brande hingegen besaß überhaupt keine Anziehungskraft. Bei ihr konnte das Leben nur scheußlich sein, davon waren sie fest überzeugt.
    Schließlich, im Juli, kam der Abreisetag heran. Phillip hatte eine bequeme Kutsche gemietet, die die Kinder bis Cambridge und von dort weiter zu Miss Brandes Haus bringen sollte. Agatha würde sie begleiten, dazu noch Viola und Belinda, die, munter und fröhlich, bereits am frühen Morgen erschienen. Joanna und Elizabeth hatten die ganze Nacht nicht geschlafen und begrüßten sie mit mürrischen, blassen Gesichtern.
    »Na, wie seht ihr denn aus«, sagte Viola. »Miss Brande erschrickt ja, wenn sie euch sieht!«
    »Soll sie doch«, murmelte Joanna, »uns ist es sowieso gleich, was sie von uns denkt.«
    »Mein Gott, Kind! Soll ich das deiner Mutter erzählen?«
    Joanna fand diese Frage höchst albern. Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich ab.
    »Unhöfliches Mädchen«, meinte Viola entrüstet. »Belinda, du suchst dir dort wohl besser andere Freunde!«
    »Natürlich, Mutter.«
    Joanna zeigte sich davon nicht getroffen. Sie umarmte kurz Harriet, dann Phillip und stieg in die Kutsche. Ihre Eltern sollten ruhig merken, daß sie ihnen ihre Entscheidung sehr übelnahmen.
    Elizabeths Abschied dauerte länger. Sie wollte ebenfalls Zorn
zeigen, doch der brach völlig zusammen, als sie ihr Gesicht an das von Harriet drückte und diese sie zärtlich in die Arme schloß.
    Vielleicht ist sie einfach zu krank, um uns noch länger hierhaben zu können, schoß es ihr durch den Kopf. Sie fühlte eine ganz seltsame Angst bei dem Gedanken an die Zukunft. Bisher war ihr Dasein von einer Sicherheit umgeben gewesen, die sie nun erst begriff. In Louisiana, auf der Überfahrt und hier in England war sie behütet gewesen von Menschen, die sie liebten und von denen sie immer wußte, daß sie es gut mit ihr meinten. Es schien ihr aber, als beginne nun plötzlich eine Zeit der ersten Selbständigkeit und Verantwortung. Niemand, der sie auffing und schützte! Wenn Miss Brande sie nun nicht leiden mochte, dann half ihr nur, die Zähne zusammenzubeißen und tapfer zu bleiben.
    Doch dann schüttelte sie den Kopf. Wie albern, warum sollte diese Miss sie nicht leiden können? Nur weil das Heimweh jetzt schon in ihr hochkroch, malte sie sich die schauerlichsten Bilder aus.
    Endlich setzte sich die Kutsche in Bewegung. Beide Mädchen sahen nicht mehr hinaus, denn sie wollten sich den bedrückenden Anblick des verschwindenden Heron Hall ersparen. Joanna lagerte mit weit ausgestreckten Beinen und mürrischer Miene in ihrem Sitz. Elizabeth saß sehr aufrecht da und starrte angestrengt auf ihre Hände. Sie wollte nicht weinen, denn darauf warteten Viola und Belinda bloß. Aber ihr schossen dennoch beinahe die

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