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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Zeiten nie. Und wenn kein Brot da ist, dann müssen die Spiele eben ein bißchen ausgefallener sein!«
    »Das sagst ausgerechnet du?«
    »Weil ich tiefstes Proletariat verkörpere? John, ich bin nicht so gebildet wie du, ich kann ja nicht mal lesen und schreiben, aber eines habe ich wenigstens vor dir begriffen: Jede Revolution dieser verdammten Welt, die das Volk befreien soll, wird von euch großen Idealisten gemacht und nie vom Volk selbst, weil das nämlich gar keine Zeit dazu hat, und immer werdet ihr hinterher dastehen und vor Staunen den Mund nicht mehr zubekommen, weil es euch wieder einmal nicht gelungen ist, in diese Schwachköpfe politisches Bewußtsein zu pflanzen, und weil das befreite Volk nichts will als ein großes, schauerliches, bluttriefendes Freudenfest!«
    »Wie klug du daherredest, Laura. Ich bleibe jedenfalls bei der Überzeugung, daß diese Revolution ganz Europa verändern wird. Ich bin sicher...« John unterbrach sich, da sein Blick auf Elizabeth fiel, die vor ihrem Wein saß und offensichtlich mit dessen Wirkung kämpfte. In ihre Augen war ein leicht verschwommener und angestrengter Ausdruck getreten. Sie hatte erst zweimal in ihrem Leben Alkohol getrunken, das erste Mal, als sie
nach Ellens Hinrichtung ohnmächtig wurde, und dann wieder bei Cynthias Hochzeit in dem kleinen Hinterzimmer mit John. Ihr Körper reagierte daher schnell auf den ungewohnten Genuß. John stand auf.
    »Ich glaube, Elizabeth sollte schlafen gehen«, meinte er, »sie muß ja völlig erschöpft sein. Und der Wein war wohl ein bißchen viel für sie.«
    Auch Laura erhob sich.
    »Gut, ich werde sie in eines der Schlafzimmer bringen«, sagte sie, »komm mit, Elizabeth!«
    Elizabeth tappte hinter Laura her die Treppe hinauf. Sie wurde zu demselben Raum gebracht, in dem sie auch geschlafen hatte, als sie Blackhill das erste Mal besuchte. Todmüde ließ sie sich auf das Bett fallen. Laura betrachtete sie kühl.
    »Wie alt bist du eigentlich?« fragte sie.
    Da es keinen Sinn hatte zu schwindeln, sagte Elizabeth die Wahrheit.
    »Vierzehn. Aber ich werde im Dezember fünfzehn.«
    »Vierzehn, aha. In dem Alter war ich schon ein bißchen weiter. Aber meine Jugend war auch etwas härter. Nun ja, schlaf gut!«
    »Gute Nacht.«
    Laura verschwand und schloß die Tür hinter sich. Elizabeth legte sich ins Bett, aber statt bleischwerer Müdigkeit senkte sich nur ein Wirbel unruhiger Gedanken über sie. Durch das geöffnete Fenster hörte sie Benny bellen, der noch einmal durch den Garten lief. Aus einem anderen Stockwerk drangen undeutlich die Stimmen Johns und Lauras an ihr Ohr. Sosehr sie sich auch bemühte, etwas zu verstehen, konnte sie doch kein einziges Wort aufschnappen. Die beiden schienen jedenfalls ziemlich erregt, wahrscheinlich stritten sie, und ebenso wahrscheinlich war Elizabeth der Gegenstand ihres Streites. Das verletzte sie nicht so sehr wie die Tatsache, daß Laura diese Nacht mit John in einem Zimmer verbringen durfte – eine unerträgliche, quälende Vorstellung.

6
    Elizabeth wachte am nächsten Morgen davon auf, daß jemand leise an ihre Zimmertür klopfte. Da sie schlecht geschlafen hatte, war sie sofort hellwach und richtete sich auf.
    »Herein«, rief sie mit gedämpfter Stimme. Gleich darauf trat John ein. Er legte sofort beschwörend den Finger auf den Mund.
    »Laura schläft noch«, flüsterte er, »und solange sie das tut, können wir ungestört sprechen. Also sei leise!«
    Elizabeth nickte. John setzte sich neben sie und nahm ihre beiden Hände.
    »Elizabeth«, sagte er behutsam, »du weißt, daß du zurück mußt, nicht?«
    »Ja.«
    »Ich kann gut verstehen, daß du weggelaufen bist, und wärest du nur ein bißchen älter, dann würde ich dir raten, diese Miss Brande zum Teufel gehen zu lassen und zu beginnen, dein eigenes Leben zu führen. Aber du bist erst dreizehn, und du hast Lord und Lady Sheridy, die dich sehr lieben, und Joanna... Himmel«, John lachte, »so vernünftig habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesprochen. Aber ich fürchte, ich habe recht.«
    »Ja.«
    »Du bist so ergeben. Bist du mir böse?«
    »Nein. Ihnen nie!«
    »Du hast vielleicht etwas anderes von mir erwartet, und ich enttäusche dich jetzt...« Er sah sie prüfend an und bemerkte ein Glitzern in ihren Augen und einen angespannten Zug um den Mund.
    »Du hast mehr Hilfe erhofft, als ich dir gebe?« fragte er.
    »Ich habe Ihnen gestern gesagt, weshalb ich gekommen bin«, erwiderte Elizabeth. John schwieg einen Moment.

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