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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sie, »du bist nicht das Mädchen, das den Aufstand durchhält. Ich habe daher noch keine Nachricht an Lord und Lady Sheridy gesandt.«
    Weil dir das viel zuviel geschadet hätte, hätte Elizabeth gerne spöttisch erwidert, aber sie fühlte sich zu müde. Apathisch stand sie vor ihrer Gegnerin, wissend, daß diese subtile Rache plante, aber viel zu niedergeschlagen, um sich zu fürchten. Irgend etwas hatte sich geändert. Sie hatte plötzlich keine Angst mehr vor dieser Feindin.
    »Du wirst von nun an ganz allein in einem Zimmer wohnen«, fuhr Miss Brande fort, »ich möchte, daß du so wenig wie möglich mit den anderen Mädchen zusammen bist...« Sie gewahrte ein erstes lebendiges Funkeln in Elizabeths Augen.
    »Ja, ich spreche auch von Joanna«, sagte sie. Ihr Blick wurde lauernd, aber sie bekam auch jetzt keine Antwort.
    »Geh«, befahl sie schließlich, »und sei sicher, daß ich dich immer und ständig scharf beobachte!«
    Elizabeth bekam eine kleine Kammer unweit von Miss Brandes
eigenem Zimmer zugewiesen. In ihrer Betäubung begriff sie noch nicht ganz die Härte dieser Maßnahme. Man wollte sie allein lassen mit ihrer Unruhe und ihrem Heimweh, Abend für Abend. Langsam packte sie ihre Sachen aus. Draußen kroch die Dämmerung heran. Im Osten türmten sich blauschwarze Wolken am Himmel auf und verdunkelten früher als gewöhnlich die Erde. Es mußte ein furchtbares Gewitter geben in der Nacht, denn der Tag war schwül und drückend gewesen. Elizabeth legte sich sofort in ihr Bett und hüllte sich fröstelnd in ihre Decke. Sie hätte nie gedacht, an diesem Abend einschlafen zu können, aber es mußte wohl doch geschehen sein, denn sie schreckte später aus einem wirren, tiefen Traum auf, geweckt von einem Donner, der krachend über den Himmel tobte. Vielleicht war es aber auch nur das schleifende Geräusch der sich öffnenden Tür gewesen, das in ihr Unterbewußtsein gedrungen war. Der Blitz, der dem Donner getreulich folgte, erhellte mit schwefelgelbem Licht das Zimmer, und Elizabeth sah Joanna, die in der Tür stand.
    »Bist du wach, Elizabeth?« fragte sie flüsternd.
    »Ja. Komm herein.«
    Joanna schlich durch die Dunkelheit auf sie zu. Wieder flammte ein Blitz auf. Elizabeth sah das schneeweiße Gesicht dicht über sich gebeugt. Sie hob beide Arme und schlang sie um Joannas Hals.
    »Verzeih mir«, bat sie leise, »ich wollte dich nicht verlassen.«
    »Du hast mir kein Wort gesagt, daß du fortgehst.«
    »Ich konnte ja nicht zu dir. Auch deshalb bin ich fortgelaufen. Ich wußte nicht mehr, was ich tun sollte.«
    »Wo warst du?«
    »Ich war bei John. In Blackhill.«
    Joanna wich zurück. Sie sagte etwas, aber der erneut einsetzende Donner übertönte ihre Worte. Elizabeth richtete sich auf.
    »Was hast du gesagt, Joanna?«
    »Ich habe dich nach John gefragt. Warum bist du zu ihm gegangen?«
    Elizabeth schwieg. Erneut durchflutete zuckende Helligkeit die Kammer. Elizabeth bemerkte, wie elend Joanna aussah.

    »Bist du krank?« fragte sie erschrocken. Joanna atmete schwer.
    »Ja«, entgegnete sie, »krank vor Sorge. Vor Angst. Ich hatte so schreckliche Angst um dich! Ich hatte Angst, daß dir etwas zustoßen könnte. Und ich hatte so fürchterliche Angst, daß du nicht wiederkommst. O Gott, Elizabeth, wenn du nicht gekommen wärest...«
    »Ich bin doch wieder da.«
    »Du wolltest zu John Carmody. Was, um alles in der Welt, bedeutet er dir denn bloß? Du liebst ihn? Du weißt doch noch gar nicht, was Liebe ist!«
    »Nein! Du kannst alles sagen, aber das nicht. Ich weiß es, ich weiß es wirklich.«
    »Ja, vielleicht hast du recht«, sagte Joanna sanft. Mit fliegenden Händen zündete sie die Kerze an, die neben Elizabeths Bett stand.
    »Ich will dich nicht immer nur dann sehen, wenn zufällig ein Blitz leuchtet«, sagte sie. »John wollte dich wohl nicht?«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    Übergangslos fuhr Joanna fort:
    »Welch ein Gewitter! Du hattest, solange ich dich kenne, Angst vor Gewittern, Elizabeth. Aber heute nacht scheinst du es nicht einmal zu bemerken.«
    »Nein, tatsächlich nicht. Alles kommt mir ganz unwirklich vor. Im Moment habe ich das Gefühl, daß ich nie wieder vor etwas Angst haben werde.«
    »John bewirkt offenbar Wunder!«
    »Das hat mit ihm gar nicht so viel zu tun. Aber diese ganze überstürzte blödsinnige Flucht hat mir gezeigt, daß man aus Angst so leicht Dinge tut, die man hinterher nur bereut. Ich hätte Miss Brande entgegentreten sollen, anstatt vor ihr wegzulaufen. So wie

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