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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Draußen zwitscherte laut trillernd ein Vogel. Elizabeth erkannte aus den Augenwinkeln ein kleines Stück blauen Himmel und rötliches
Licht. Es würde an diesem Tag ebenso heiß werden wie am vorigen.
    »Meintest du ernst, was du sagtest?« fragte John schließlich.
    Elizabeth sah wieder zu ihm hin.
    »Natürlich. Natürlich hab’ ich es ernst gemeint. Glauben Sie, es würde mir Spaß machen, so etwas einfach nur so zu sagen?«
    »Aber du bist dreizehn. Und ich fast dreißig.«
    »Ja und?«
    »Du bist doch noch ein Kind!«
    »Ein Kind?« Elizabeths Augen wurden ganz dunkel vor Zorn. »Ein Kind? Ach verdammt, ich bin es so leid, daß jeder auf dieser Welt das zu glauben scheint und daher meint, mich nicht ernst nehmen zu müssen! Wonach beurteilen Sie denn meine Reife? Nach meinem Äußeren? Sagen Sie’s doch! Ich bin ein kleines, unscheinbares, unansehnliches Mädchen, nicht wahr?«
    »Elizabeth, vor allen Dingen sei jetzt mal nicht so laut! Du bist ein sehr hübsches Mädchen, und nie habe ich etwas anderes gedacht oder gesagt. Aber ein Kind bist du trotzdem! Das ist doch auch dein Recht. Warum hast du es denn so eilig?«
    »Weil...« Elizabeth biß sich auf die Lippen. »Das habe ich Ihnen gestern doch gesagt«, fuhr sie dann fort, »und deshalb will ich endlich erwachsen sein! Und schön. Anziehend und begehrenswert. Wie... wie Laura!«
    »Ausgerechnet Laura. Schön würde ich sie nicht nennen...«
    »Immerhin schön genug, daß Sie mit ihr...«
    »Was denn?«
    »Sie leben mit ihr«, fauchte Elizabeth, »und ich habe genau gehört, daß Sie heute nacht in ihrem Zimmer waren!«
    John mußte über die Entrüstung lächeln, die für einige Momente den Schmerz aus ihrem Gesicht verdrängte.
    »Laura ändert nichts an unserer Freundschaft«, sagte er, »bestimmt nicht!«
    »Aber Sie haben gesagt, daß ich es sein werde, mit der Sie sich verabreden und der Sie London zeigen...«
    »Wann?«
    »Als wir einander in London trafen. Sie fuhren in einer Kutsche,
und ich kam die Straße entlang... Sie erinnern sich nicht einmal!«
    »Es tut mir leid, nein«, gestand John. »Elizabeth, du kannst dir doch nicht jedes Wort gemerkt haben, das ich jemals sagte?«
    »Doch. Jedes.«
    »Du bist rührend«, meinte er hilflos, »liebe Elizabeth, ich...«
    »Ach nein, seien Sie still! Gehen Sie lieber zu Miss Northstead zurück, vielleicht vermißt sie Sie schon!«
    John erhob sich.
    »Laura spielt keine große Rolle in meinem Leben«, sagte er, »und ich nicht in ihrem. Sie trinkt so viel, daß sie wahrscheinlich ohnehin in ein paar Jahren stirbt. Du solltest nicht haßerfüllt über sie sprechen.«
    »Sie besitzt mehr, als Sie beide wissen«, entgegnete Elizabeth bitter, »Schönheit, Mut, Erfahrung und die Entschlossenheit, dem Leben etwas Gutes abzugewinnen!«
    John trat zur Tür und öffnete sie.
    »Ich werde dich selbst nach Cambridge zurückbringen«, sagte er, »wir brechen noch heute auf.«
    Als er gegangen war, warf sich Elizabeth in ihre Kissen zurück, schluchzte und schlug mit der Faust gegen die Bettkante. Gemeiner John, gemeiner, gemeiner Kerl, der es ablehnte, ihr die Zuflucht zu bieten, die sie bei ihm gesucht hatte. »Diese verdammte Laura«, murmelte sie verzweifelt.
    Sie stand schließlich auf und zog sich an. Am Fenster stehend wartete sie, bis eine unausgeschlafene, mißgelaunte Laura kam und sie zum Frühstück holte. Sie trug diesmal ein verwahrlostes braunes Bauernkleid, in dem sie fast noch reizvoller aussah als am Abend zuvor.
    »Ich begleite euch nach Cambridge«, verkündete sie, »ich habe es John schon gesagt.« Sie beobachtete Elizabeth lauernd. Diese sah sie erschrocken an.
    »Warum?«
    »Tu nicht so!« Lauras Blick wurde kalt. Sie bewegte sich auf vertrautem Boden. Sie war seit ihrem zwölften Lebensjahr daran gewöhnt, sich mit anderen Mädchen um Männer zu schlagen.
    »Ich weiß doch längst, weshalb du hergekommen bist! Ich brauche ja nur die Blicke zu sehen, mit denen du John beobachtest. Du bist ganz verrückt nach ihm!«
    »Wie können Sie so etwas sagen!«
    »Glaub mir, ich kenne mich aus. Nicht, daß du auch nur die geringste Chance hättest, Elizabeth. Aber John ist manchmal so verdammt gutmütig. Und deshalb begleite ich euch besser!«
    Elizabeth starrte sie sprachlos an. Dann eilte sie an ihr vorüber aus dem Zimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen. Später entwickelte sich zwischen John und Laura eine hitzige Diskussion darum, wovon man die Reise bezahlen könnte. Es gelang John, nachdem

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