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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Elizabeth blieb einen Moment lang ganz still stehen, zum ersten Mal auf ihrer Reise ohne das geringste Gefühl des Zweifels darüber, daß sie genau das Richtige getan hatte. Sie mußte hierherkommen, und sie wußte, sie würde gestärkt fortgehen, allein schon deshalb, weil sie diesen urwüchsigen Wald wiedergesehen hatte, den sie mit Joanna erlebt hatte.
    Noch während sie so stand, vernahm sie lautes Gebell und sah plötzlich Benny, den alten schwarzen Hund, auf sie zustürmen. Er hatte sie tatsächlich wiedererkannt, denn er sprang freudig an ihr hoch und leckte ihr mit der Zunge quer über das Gesicht.
    »Benny, du Schatz, gibt es dich noch?« Sie kniete neben ihm nieder und schlang beide Arme um seinen Hals. Dann hörte sie Schritte. Langsam blickte sie auf.

    John kam durch den Garten auf sie zu. Er ging nicht sehr schnell, eher gelassen, aber ohne zu zögern. Er hielt den Kopf ganz leicht zur Seite geneigt, seine schwarzen Haare glänzten im letzten Sonnenlicht, sie waren ein wenig feucht, so als habe er gerade ein Bad genommen. Er lächelte, so spöttisch und freundlich und so voller Herzlichkeit, wie sie es in Erinnerung hatte. Als er dicht vor Elizabeth stand, bemerkte sie, daß er noch schmaler geworden war und inzwischen in unsagbar abgerissenen Fetzen herumlief. Trotzdem, und hier wurde sie stark an seinen Vater erinnert, konnte dies alles die Selbstsicherheit seines Auftretens nicht im geringsten mindern.
    »Guten Tag, Elizabeth!« Er reichte ihr die Hand, und sie stand auf. Sie verwünschte das Zittern in ihren Knien und den leichten Schwindel, der sie jetzt überfiel. Er lächelte zu freundlich, als daß sie hätte ganz ruhig bleiben können.
    »Guten Tag, Lord Carmody«, murmelte sie schwach. John strich sich mit einer Hand über die nassen Haare.
    »Ich bin etwas überrascht, dich hier zu sehen«, meinte er. »Wo sind denn die anderen?«
    »Wer?«
    »Na, dein Onkel, deine Tante oder mit wem du auch gekommen bist. Und dein Schatten, Joanna.«
    »Es ist niemand hier. Ich...« Elizabeth stockte etwas, als sie sah, wie der strahlende Ausdruck von Johns Gesicht in leise Verwunderung überging.
    »Ich bin alleine gekommen«, vollendete sie leise.
    »Alleine?«
    »Ja. Ich bin... weggelaufen...«
    John starrte sie an.
    »Du bist aus Heron Hall weggelaufen?«
    »Nein, nicht von dort. Joanna und ich leben seit einem Jahr in einer Schule in der Nähe von Cambridge. Es ist schrecklich dort, ganz furchtbar. Joanna wurde krank, und ich - ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten!«
    Elizabeths Stimme schwankte, und trotz ihrer heftigen Bemühungen, nicht zu weinen, liefen, wie immer so schnell in der letzten
Zeit, schon wieder die Tränen. Sie blickte hoch und bemerkte, daß John nie entsetzter ausgesehen hatte als jetzt.
    »Sag mal, Elizabeth, das ist doch nicht wahr?« fragte er eindringlich. »Du bist doch nicht einfach durchgebrannt?«
    »Doch!« Wenn sie nur nicht so schluchzen und schniefen müßte, sie sah sicher aus wie ein verheultes molliges Baby. John öffnete den Mund, schloß ihn dann aber wieder.
    »Mein Gott«, sagte er schließlich. Von seinem Lächeln war überhaupt nichts übriggeblieben. Seine Verwirrung ging auch auf Elizabeth über, plötzlich kam ihr völlig zu Bewußtsein, was sie getan hatte, und vor Schreck versiegten ihr sogar die Tränen. Weggelaufen war sie, du lieber Gott, sie mußte von Sinnen gewesen sein, völlig von ihrem Verstand verlassen. Daß sie jetzt hier, zahllose Meilen von Cambridge entfernt, irgendwo auf einem heruntergekommenen Gut in Devon stand, das erschien ihr jetzt bloß noch als Unglück.
    »O mein Gott«, wiederholte sie mit blassen Lippen unwissentlich Johns Worte.
    »Wie hast du es denn bloß geschafft, bis hierher zu kommen?« fragte John etwas gefaßter.
    »Ich hatte Geld. Ich bin mit Postkutschen gefahren. Eine Nacht verbrachte ich in einer Herberge und eine in irgendeiner Londoner Straße. Ich... habe kaum nachgedacht... ich mußte nur einfach ganz weit weg...« Sie streichelte hastig Benny, der noch immer ganz unschuldig und glücklich mit dem Schwanz wedelte.
    »Ich nehme an, niemand weiß, wo du bist?«
    »Kein Mensch. Nicht einmal Joanna. Ich durfte schon lange nicht mehr zu ihr.«
    »Sie werden sich alle große Sorgen machen!«
    »Phillip und Harriet wissen es noch gar nicht. Und Miss Brande geschieht es nur recht, wenn sie sich aufregt!«
    »Wer ist Miss Brande?«
    »Die scheußliche alte Lehrerin, bei der wir leben. O Lord Carmody, Sie können sich

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