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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Sie zu Ihrer Kutsche bringen? Sie sehen gar nicht wohl aus.«

    »Nein, vielen Dank. Es geht mir ganz gut. Ich bin nur etwas durcheinander. Es... es tut mir leid.«
    »Auf Wiedersehen.« Salingham verneigte sich und verschwand erleichtert. Joanna aber lief in den dunklen Park hinaus, weit fort von den vielen fröhlichen Gästen, bis sie keine Musik mehr vernahm und keine Stimmen, sondern nur noch das leise Rauschen der Bäume und das Tappen der eigenen Füße auf den weichen Frühlingswiesen.

2
    An einem verregneten Junimorgen, als zwischen allen Pflastersteinen auf den Straßen Pfützen standen und sich nur selten ein vereinzelter Sonnenstrahl in den nassen Hausdächern spiegelte, eilte Elizabeth durch verschwiegene, enge Gassen zu ihrer Wohnung in der Butchery Alley zurück. Sie hatte ein großes Tuch um den Kopf geschlungen, das halb ihr Gesicht bedeckte, denn sie wollte möglichst nicht erkannt werden. Die letzten vier Tage hatte sie bei der im ganzen Viertel bekannten Mrs. Hall verbracht, die ihr nun schon zum zweiten Mal geholfen hatte, ein ungeborenes Kind loszuwerden. Elizabeth haßte die rothaarige Hexe, die jeder Besucherin mit unverhohlener Gier und falscher Freundlichkeit entgegenkam. Sie empfand Furcht vor dem kalkweißen Gesicht und den langen, dünnen Fingern mit den krallenartigen Fingernägeln, doch was hätte sie in einer derartigen Notlage anderes tun sollen, als sich an sie zu wenden. Beim ersten Mal vor sechzehn Monaten wäre sie hinterher beinahe gestorben und hatte wochenlang mit hohem Fieber und furchtbaren Schmerzen im Bett gelegen. Sie dachte an diese Zeit mit einer Mischung aus Grauen und Sehnsucht zurück, denn wenn sie auch mit dem Tod gekämpft hatte, so war sie doch mit John verbunden gewesen wie niemals zuvor oder danach. Durch den
schweren Fieberschleier hindurch sah sie immer nur ihn, Tag und Nacht blieb er bei ihr, unrasiert und blaß, mit vor Müdigkeit und Sorge rotgeränderten Augen. Er hielt ihre heißen Hände, und er rührte in all den Wochen keinen Tropfen Alkohol an. Zum ersten Mal, seit sie mit ihm lebte, zeigte er seine ganze Liebe für sie, frei von jedem Vorbehalt. In der Angst um sie vergaß er alles andere. Diesmal beschwor er sie natürlich, das Kind zu behalten, er stritt mit ihr, bettelte und fluchte, aber Elizabeth blieb hart.
    »Das ist allein meine Sache«, sagte sie, »in eine solche Entscheidung darf sich nie ein Mann einmischen!«
    »Der Vater des Kindes auch nicht?«
    »Nein.«
    Sie setzte ihren Willen durch, aber diesmal stellte sie es geschickter an und blieb bei Mrs. Hall, bis sie das Gefühl hatte, kräftiger zu sein. Als sie nun nach Hause ging, empfand sie Zuversicht und Erleichterung. John würde staunen, daß sie schon so bald kam, er würde glücklich sein, weil sie sich so überraschend wohl fühlte. Vielleicht gab es in der Wohnung sogar etwas zu essen, denn John arbeitete jetzt manchmal, wenn in irgendeiner Fabrik jemand gebraucht wurde, und so besaßen sie von Zeit zu Zeit etwas Geld.
    Als Elizabeth jedoch das kleine Zimmer betrat, war niemand dort. Etwas bitter dachte sie, daß sie das eigentlich hätte voraussehen müssen. Neben der Waschschüssel stand schmutziges Geschirr, auf allen Möbeln lag eine Staubschicht, gegen das Fenster surrte unaufhörlich eine Fliege. Elizabeth räumte notdürftig auf, aber sie merkte, daß sie noch schnell außer Atem geriet, und legte sich auf das Bett. Natürlich hatte John nicht wissen können, daß sie heute kommen würde, aber gegen alle Vernunft überfiel sie eine steigende Weinerlichkeit, weil er fortgegangen war. Einige Male ging sie zum Fenster, um nach ihm Ausschau zu halten, aber sie sah auf den Gassen nur ein paar schwarzgekleidete Männer mit großen Hüten, die in den Kellern anderer Häuser verschwanden. Es war beinahe unglaublich, wie viele Verbrecherbanden es in London gab, die nun schon bei Tage ihre geheimen
Schlupfwinkel aufsuchten. Es verging keine Woche, in der in London nicht mehrere Raubüberfälle verübt wurden.
    Es wurde schon Abend und hörte endlich auf zu regnen, als Johns Nachbar, der ständig betrunkene alte Billy, erschien. Er stolperte einfach in die Wohnung, ohne anzuklopfen, und blieb erschrocken stehen, als sich Elizabeth in ihrem Bett aufrichtete, wo sie gerade eingeschlafen war. Überraschenderweise schien er nüchtern.
    »Ach, Miss Landale«, sagte er, »ich hatte keine Ahnung ... es tut mir leid... ist John denn nicht da?«
    »Sie sind es, Billy? Nein, ich verstehe es

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