Verbotener Kuss
» Sie braucht Zeit, um… damit fertigzuwerden. «
Erstaunlicherweise hörte Seth auf ihn. Ich ließ die beiden stehen und knallte die Haustür hinter mir zu. Auf dem Rückweg zur Insel schossen mir die Gedanken chaotisch im Kopf herum. Mir fiel kaum auf, dass kein dicker Rauch mehr in der Luft stand. Jemand hatte das Feuer auf dem Boot gelöscht. Die Wachposten an der Brücke wirkten gelangweilt, als sie mich durchwinkten.
Minuten später überquerte ich den Campus und den Sandstrand, der den Wohnbereich der Fakultätsmitglieder und Gäste vom Rest des Campus trennte. Unter keinen Umständen war es mir oder einem anderen Studenten erlaubt, um die Häuser herumzulungern, aber ich musste mit jemandem reden– mit Aiden.
Aiden würde wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Er würde wissen, was zu tun war.
Da die meisten kleinen Häuser den Sommer über leer standen, ließ sich leicht herausfinden, welches seine Unterkunft war. In einem der fast gleich aussehenden Häuschen brannte Licht. Vor der Tür blieb ich stehen und zögerte. Nicht nur ich… würde Ärger bekommen, sondern auch Aiden. Ich mochte mir die Konsequenzen nicht ausmalen, wenn man mich abends im Haus eines Reinbluts erwischte. Aber ich brauchte ihn, und das war wichtiger als die möglichen Folgen.
Aiden öffnete auf mein Klopfen hin und nahm es bemerkenswert gut auf, mich vor seiner Tür stehen zu sehen. » Was ist passiert? «
Es war noch nicht spät, aber er schien schon zu Bett gegangen zu sein. Die tief sitzende Schlafanzughose sah an ihm besser aus als an Lucian. Das Tanktop auch. » Ich muss mit dir reden. «
Er musterte mich von oben bis unten. » Wo sind deine Schuhe geblieben? Warum bist du voller Sand? Sprich mit mir, Alex, sofort! Was ist passiert? «
Stumm sah ich nach unten– meine Sandalen? Sie waren irgendwo auf der Hauptinsel verloren gegangen und sollten nie wieder auftauchen. Seufzend schob ich meine wirren Haarsträhnen zurück. » Klar, ich dürfte nicht herkommen… Aber ich wusste nicht, zu wem ich sonst gehen sollte. «
Aiden streckte die Hände aus und legte sie sanft auf meine Arme. Ohne ein Wort führte er mich in sein Haus.
16. Kapitel
A iden hatte diesen bestimmten Ausdruck im Blick, als er mich zur Couch führte und ich darauf Platz nahm. Es war irgendwie gefährlich und tröstlich zugleich. » Ich hole… dir ein Glas Wasser. «
Neugierig sah ich mich in seinem Wohnzimmer um. Es war nicht viel größer als mein eigenes Zimmer im Wohnheim, und ganz ähnlich wie bei mir fehlte alles Dekorative. Die Wände waren weder mit Bildern noch mit Lieblingsfotos oder Souvenirs vollgehängt. Stattdessen lagen Bücher und Comics über den Couchtisch verstreut, standen in den zahlreichen Regalen und stapelten sich auf einem kleinen Computerschreibtisch. Kein Fernseher. Aiden war Leser– wahrscheinlich las er sogar die Comics auf Altgriechisch. Aus irgendeinem Grund musste ich bei dem Gedanken lächeln.
Dann fiel mir eine Ecke im Raum zwischen Bücherregal und Schreibtisch auf. Dort lehnte eine Gitarre an der Wand und auf einem Bord waren mehrere bunte Plektren aufgereiht. Sie hatten alle Farben bis auf Schwarz. Hatte ich es doch gewusst– diese Hände waren für etwas Elegantes, Künstlerisches gemacht. Ich fragte mich, ob ich ihn je dazu bringen könnte, für mich zu spielen. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für Jungs, die Gitarre spielten.
» Du spielst? « Mit einer Kopfbewegung wies ich auf das Instrument.
» Gelegentlich. « Er reichte mir ein Glas Wasser, und ich hatte es schon hinuntergekippt, bevor er sich neben mir niederließ. » Durst? «
» Hmmm. « Ich wischte mir ein paar Tropfen von den Lippen. » Danke. Was ist mit den Plektren? «
Er warf einen Blick auf die Gitarre. » Ich sammle sie. Komische Angewohnheit von mir, irgendwie. «
» Du brauchst noch ein schwarzes Plektron. «
» Stimmt. « Aiden nahm das Glas, stellte es auf den Couchtisch und runzelte die Stirn, als er meine zitternden Hände bemerkte. » Was ist passiert, Alex? «
Das Lachen blieb mir in der Kehle stecken. » Das hört sich jetzt verrückt an. « Ich warf ihm einen verstohlenen Blick zu, und seine besorgte Miene war fast mein Untergang.
» Alex… du kannst es mir sagen. Ich werde kein Urteil über dich fällen. «
Irgendwie fragte ich mich, was er wohl erwartete.
Seine Finger umfassten meine Hand. » Du vertraust mir doch, oder? «
Ich starrte auf unsere Hände hinunter, auf diese Finger. Dir ist vom Schicksal
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